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 Ahalyas Rache

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BeitragThema: Ahalyas Rache   Ahalyas Rache EmptyDo Jun 15, 2017 11:10 pm



Ahalyas Rache






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Ahalya, das bedeutet Mond. Doch das war nicht immer ihr Name. Diesen bekam sie von ihrem Rudel.
Ashley Mitchell war der Name, den ihre Mutter ihr gab. Sie wuchs behütet von ihrer Mutter und ihrem Vater auf. Außerdem hatte sie einen älteren Bruder.
Alles hätte schön sein können, wären da nicht die dunklen Geheimnisse, die jeder Familie inne wohnten.
Für Ahalya war es immer normal gewesen, dass sie ihren Bruder hatte und das sie zusammen dieselben Eltern hatten. Doch er begann sich immer abweisender zu verhalten und drohte oft den Kontakt abzubrechen. Ihr Vater und er stritten sich so oft, wie selten ein Vater und ein Sohn das taten. Sie stritten sich so lautstark und aggressiv, dass nicht einmal die selbstbewusste Ahalya wusste, ob sie wirklich dazwischen gehen sollte. Dann kam der Tag, an dem ihr Bruder auszog.
Egal, wie sehr sie ihn versuchte aufzuhalten. Er nahm sie überhaupt nicht richtig ernst. Sie hätte keine Ahnung, was los war und sollte sich einfach raushalten. Ihre Mutter war wütend und aufgelöst, aber sie ließ ihn gehen. Sie war eine stolze Frau, die niemals vor jemandem zu Boden sinken würde, um ihm zum bleiben zu bewegen. Auch nicht den eigenen Sohn, wenn er so dringend weg wollte.
Ahalya ballte die Fäuste und ließ ihren Bruder verbissen und wütend gehen und ihre Mutter sich zurückziehen. Sie tat ihr Leid. Stets verursachte ihr Bruder Streitereien und bedrängte ihre Mutter, wo es auch ging. Und in den folgenden Tagen war sie froh, dass er weg war.

"Mum?" fragte sie eines Samstagabends leise. Ihr Vater war nicht zugegen. Vor ihm wagte sie es nicht, dieses Thema anzusprechen. Ihre Mutter und sie konnten alleine einfach besser reden. Offener.
"Was gibt es denn?" fragte ihre Mutter sanft und wandte sich von ihrem Buch ab.
"Es ist eine Weile her, dass Aaron weg ist. Und er scheint auch nicht wiederkommen zu wollen und das ist okay", begann sie und zögerte.
"Aber, warum? Warum das alles?" fragte sie schließlich und setzte sich auf. Ihre Mutter seufzte und richtete sich auf.
"Weißt du. Dein Bruder glaubt, er hätte es hier mit deinem Vater niemals so gut, wie bei seinem. Scheinbar ist er dem Glauben anheim gefallen, ich hätte seinen Vater verscheucht, dabei ist er selbst abgehauen. Noch nach dem.. kurz nachdem ich schwanger mit ihm wurde", erklärte ihre Mutter und man hörte ihr ihre stille aufkeimende Wut an. Jetzt, mit sechzehn Jahren, wurde Ahalya also endlich aufgeklärt. Aber sie war zu reif, um geschockt zu reagieren. Sie hob stolz den Kopf und hörte ihrer Mutter ernst zu. Wie konnte ihr sonst so vernünftiger Bruder denn nur so abdriften? Glaubte er ihrer Mutter, der Frau, die sie beide großgezogen hatte, etwa weniger als wem? Einem völlig Fremden? Den er selbst nicht einmal kannte? Warum ließ er es nicht gut sein?
Am liebsten hätte Ahalya jede dieser Fragen gestellt, aber stattdessen presste sie die Lippen zusammen.

"Er hat dich einfach sitzen gelassen?" fragte sie schließlich ungeduldig. Sie wollte mehr hören über diesen Menschen, den ihr Bruder offenbar mehr schätzte, als ihre Mutter. Sie stand ihr sehr nahe und konnte nicht verstehen, wie er so unvernünftig werden konnte. Er war acht Jahre älter als sie! Erwachsen! Jedenfalls sollte man das meinen.
"Ja. Weißt du, er war mein erster Freund. Ein junger, charmanter Italiener. Ich war noch völlig blind vor Liebe, hatte die rosarote Brille auf. Aber eins wusste ich genau: Ich wollte mit meinem ersten Mal noch warten. Als er damit drängte war ich so alt wie du. Sechszehn".
Sie machte eine kurze Pause und Ahalya schwante übles. Ihre größte Sorge war momentan, ihren Schwarm zu beeindrucken in der Schule. Und den Kontakt zu ihm nicht zu verlieren. Und ihre Mutter hatte sich schon einer trügerischen Liebschaft erwehren müssen. Jemandem, dem sie ihr Herz geschenkt hatte, der ihr aber nur um seinen Vorteil heraus zu schlagen, schaden würde.
Und genau so kam ihre Geschichte.

"Irgendwann hat er nicht mehr einfach nur gefragt. Er hat es getan, ohne mein Einverständnis und ich konnte mich nicht wehren", schloss ihre Mutter. Sie erzählte es gefasst, als hätte sie damit abgeschlossen. Aber in ihren Augen sah sie den Hass. Das war nichts, was verdaut war. Das brauchte es nach Ahalya auch nie, denn ein so widerlicher Mensch hatte nur lebenslange Reue verdient. Wenn nicht... schlimmeres.
Er sollte in der Hölle schmoren.
"Und diesen Menschen will er kennenlernen? Von so einem Exemplar der Gattung Mensch, wäre er am liebsten großgezogen worden?!" entfuhr es Ahalya wütend. Sie liebte ihren Bruder, aber gerade war es, als hätte man ihr ein Tuch von den Augen gerissen, dass sie die Wahrheit sah. Ihre Mutter hatte Aaron stets vor ihrem eigenen Vater in Schutz genommen. Dabei hatte er das nicht verdient.

"Oh, er hat schon oft versucht, in jungen Jahren so etwas loszubrechen. Er wollte selbst veranlassen, mir weggenommen zu werden. Ich hätte ihn gar nicht wieder herkommen lassen sollen, aber er ist mein Sohn.. ich wollte ihm die Türe nie verschließen. Jetzt aber, wo er sich auf den Weg nach Italien macht, denke ich ernsthaft darüber nach", meinte ihre Mutter und schüttelte voll Unverständnis den Kopf.
"Der kommt hier nur noch über meine Leiche rein", knurrte Ahalya aufgebracht. Und das meinte sie ernst. Ohne, dass sie ihn einmal am Kragen hätte, würde er hier nicht mehr reinkommen. Er war schon einmal ausgezogen, doch durch einen Zoff mit seiner - jetzt Ex- hatte er eine andere Bleibe gebraucht. Wenigstens für den raschen Übergang. Sie hatte Mitleid mit ihm gehabt und hatte ihn getröstet. Jetzt bereute sie das. Sie hatte es einfach nicht besser gewusst.
Ihre Mutter lächelte über ihre Worte nur etwas. Aber sie wusste, dass sie sie ernst meinte.

"Glaub mir, wenn ich seinen Vater vor ihm finden würde. Ich würde ihn unter die Erde bringen", versicherte sie ihr. Ja, ihre Mutter war schon immer eine stolze und direkte Frau gewesen und hatte das an sie weitergegeben. Sie war sich nicht zu schade, sich jetzt noch die Finger schmutzig zu machen und sie war kein Opfer, das Klein blieb und versuchte, Empathie für den Täter zu haben. Sie fand so was schwachsinnig. Für sie hatte so ein Mensch nach wie vor das Recht aufs Leben verwirkt. Und nach all den Jahren, die ihr undankbarer Sohn obendrauf gepackt hatte, an Qualen, konnte das Ahalya auch verstehen.
"Ich würde es für dich tun" sagte sie und legte aufmunternd lächelnd ihre Hand auf die ihrer Mutter.






Zuletzt von Autor am Fr Jun 16, 2017 5:03 pm bearbeitet; insgesamt 1-mal bearbeitet
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BeitragThema: Re: Ahalyas Rache   Ahalyas Rache EmptyFr Jun 16, 2017 4:02 pm


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8 Jahre später






Zum unzähligsten Male schon wälzte sich Ahalya hin und her. Sie konnte nicht schlafen, hatte furchtbare Kopfschmerzen. Und wenn sie in den Schlaf versank, dann in seltsame Träume.
Immer wieder blitzten vor ihrem inneren Auge Szenerien eines Waldes oder des offenen Felds auf. Orte, die sie kannte. Sie war als Kind mit ihrem Vater und ihrem alten Hund dort oft spazieren gewesen. Nun war es, als sah sie das alles wieder, aber aus einer anderen Perspektive. Sie sah sich und ihren Vater. War selbst aber kleiner. Als ob sie es aus der Sicht ihres alten Hundes sah.
Immer wieder verdunkelten sich die Szenen und viel zu oft wachte sie auf.

Auch nun schreckte sie hoch, als vor ihr aufeinmal das Bild eines großen Wolfes auftauchte, der aussah, als hätte er in purem Silber gebadet. Sein Fell stand in Stacheln ab, wie das eines Igels und seine Zähne waren gefletscht. Er knurrte dunkel und das Letzte was sie sah, waren seine stahlgrauen Augen.
Dann erwachte sie.
Noch im Halbschlaf, sah sie zuerst die Erinnerung des Wolfes vor sich im Zimmer und bekam fast einen Herzinfarkt. Schnell schaltete sie das Licht an und verharrte. Ihr Herz schlug ihr bis zum Hals und sie umklammerte ihre Beine. Eine ganze Weile starrte sie auf ihren leeren Zimmerboden, als würde er dort auftauchen, wenn sie wegschaute.
Plötzlich sprang etwas kleines auf ihr Bett und sie zuckte heftig zusammen. Doch es war nur Rhune, ihre graugetigerte Katze, die sie fragend anmaunzte und sich dann im Schmusewahn gegen ihr Bein drückte.

Ahalya musste jedoch erst diesen Traum verarbeiten. So oft schon hatte er sie heimgesucht.
Sie griff nach ihrem Handy, dass ein paar Nachrichten und ein lustiges Video enthielt. Doch dafür hatte sie jetzt keine Nerven. Vielleicht war es darum auch genau der richtige Zeitpunkt für so etwas, aber sie konnte sich nicht durchringen.
Eine Freundin hatte ihr spät am Abend noch geschrieben wie es ihr ging. Sollte sie ehrlich sein?
Sie haderte einen Augenblick, war sich dann aber sicher, dass keiner etwas mit solchen Träumen anfangen konnte. Wenn sich die Menschen nicht sowieso nur um sich kümmerten, dann waren sie zu realistisch, um Träume für bare Münze zu nehmen. Aber hatte es nicht immer etwas zu bedeuten, wenn ein Traum so vehement an einem hängen blieb? Aber was konnte das bitte bedeuten? Traumdeutung war manchmal so wirr.
Aber wozu gab es die Suchmaschinen des Internets? Da Ahalya sowieso nicht mehr schlafen konnte oder es sich wenigstens nicht traute, konnte sie genauso gut Google um ihre Sorgen befragen. Sie versuchte es zunächst mit dem Hund in ihrem Traum und bekam überraschend interessante Antworten.

Den sexuellen Teil blendete sie etwas angewidert aus. Das waren nun wirklich ihre geringsten Sorgen.
Aber ein Hund galt als Führer der Traumwelt.. ein Führer in die Unterwelt? Vielleicht sollte sie sich weniger gegen den Traum wehren und mehr Neugierde entwickeln, wo es sie hinführte. Offenbar irgendwann zu diesem Silberwolf. Wovor fürchtete sie sich? Was sollte ihr im Traum schon groß passieren?
Sie suchte sich die interessanteren Passagen aus, die möglichst wenig mit den kulturellen Bedeutungen, wie man denn nun einen Hund sah, zu tun hatten. Natürlich, da wo Hunde als schmutzig galten, waren sie das traumhafte Feindbild. Da wo sie als Freunde galten, waren sie ein Zeichen von Treue, Loyalität und Ergebenheit. Aber wem sollte Ahalya schon ergeben sein?

Der spirituelle Teil war da schon interessanter.
Sie glaubte eigentlich nicht an so einen Quatsch, aber gerade musste sie sich ablenken. Leider stand zum Rest nicht viel da. Ein knurrender Wolf, Fehlanzeige und einer aus purem Silber schon gar nicht. Zudem waren die Deutungen von allerhand Vorurteilen belastet. Sie hatte sich zu Wölfen nie Gedanken gemacht. Aber das Einzige was kam war vor allem eines: Humbug! Menschen und ihre sinnbefreiten Ängste.
Feinde hatte sie überdies auch keine, von denen sie gewusst hätte. Sie hatte eine ruhige Arbeit und eine dezente, überschaubare Anzahl von ausgewählten Freunden. Sollten irgendwelche Feinde doch kommen! Wenn damit die Träume verschwanden.
Aber die spirituelle Seite sagte wieder etwas interessanteres. Der Wolf war ein unzähmbares Element im Menschen... Im Menschen?
Bricht jetzt gleich der Wolf aus mir heraus?, dachte Ahalya feixend und strich sich dennoch unwohl über die Arme.
So was...

Als Letztes kam der Wald an die Reihe, der schon wieder konkreter wurde. Der Wolf hatte genau hinter der Grenze zwischen Wald und Feld gestanden. Waldrand bedeutete unter Umständen schwierigen Situationen zu entkommen und Trennung?
Obwohl Ahalya an so etwas nicht glaubte, beunruhigte sie das. Sie konnte nun wirklich schon lange nicht mehr schlafen, wegen dieser immer selben Träume. Sie fühlte sich wie die Hauptdarstellerin eines Spielfilmes. Obwohl man sich so was manchmal wünschte, um dem langweiligen Trott zu entkommen, war "Abenteuer Wald" gerade einfach hinderlich.

Sie hatte ihre Familie und Arbeit und Freunde. Und Hobbys. Bei nichts war sie mehr richtig ansprechbar. Sie fühlte öfter, wenn jemand auf der Arbeit sie provozierte, ein seltsames Gefühl im Körper. Ein Kribbeln unter ihrer Haut. Ihre Finger spannten sich, dass sie kaum eine richtige Faust machen konnte. Als würde sich ihr Körper verhärten. Ihr gefror im wahrsten Sinne des Wortes das Blut in den Adern in diesen Situationen.
Einmal, das fiel ihr ein, hatte sie an den Wolf gedacht, als sie einen unliebsamen Kollegen sah. Ihr erster Impuls war es, ihn anzuknurren und die Zähne zu blecken. Glücklicherweise riss sie sich vorher aus ihren Gedanken. Sie verhinderte das, grummelte ihn bloß an und das war nichts so Neues. Langsam gruselte sie sich vor sich selbst, für diese Aktionen.

Heute war glücklicherweise Sonntag und sie musste noch nicht ins Büro. Ein Blick auf die Uhr verriet ihr, dass es erst sieben war, aber einschlafen konnte und wollte sie nicht mehr.
Sie legte ihr Handy beiseite und lehnte sich mit einem Seufzen zurück gegen die Bettkante. Ihr war, als hätte sie Fieber.
Ahalya fasste sich an die Stirn, doch da war nichts. Sollte sie ihrer Freundin bescheid sagen? Aber was sollte sie ihr sagen? Sie mit Träumen behelligen? Da fiel ihr die einzig andere Person ein, der sie so etwas anvertrauen konnte. Ihre Mutter. Und glücklicherweise neurotische Frühaufsteherin.

Ahalya schnappte sich ihr Handy wieder und tippte ihre Nummer ein.
"Ashley?" fragte ihre Mutter verwundert. Für gewöhnlich meldete sie sich nicht in aller Früh. Überhaupt mochte sie telefonieren nicht wirklich.
"Hey Mum... ich.. kann ich vorbei kommen?" fragte sie nach kurzem Zögern. Sie konnte das Ganze unmöglich am Telefon erklären.
"Natürlich, du bist immer willkommen" antwortete ihre Mutter verwundert. Ahalya nickte gedankenverloren.
"Okay.. danke. Ich komme", verabschiedete sie sich und schwang sich aus dem Bett. Erst als sie etwas wankte merkte sie, wie schwach sie auf den Beinen war. Sie dachte überrascht, dass sie doch etwas Schlaf abbekommen haben musste. Ihr Körper fühlte sich allerdings an, als hätte er mehrere Nächte durchgemacht.
Sie wankte ins Bad, duschte sich und machte sich frisch. Nach etwas Frühstück ging es langsam. Dann setzte sie sich in ihr Auto und schaute sich im Rückspiegel an. Erst jetzt bemerkte sie die silbrigen Strähnen in ihrem Haar und fuhr sich irritiert dadurch.
Bekam sie etwa schon graue Haare?
Sie fuhr sich mehrmals dadurch und redete sich ein, sie hätte sich verguckt. Tatsächlich verschwanden sie, als sie ihre Haare mit den Fingern durchfuhr und sie beruhigte sich wieder etwas. Einbildung...

Bei ihrer Mutter angekommen, flog sie die Treppen hoch und war mit ihren Gedanken wieder bei dem Traum. Aufeinmal kam er ihr so belanglos vor. Sie war den ganzen Weg hierher gefahren, um von einem nutzlosen Traum erzählen?
Und dann? Was versprach sie sich bloß davon?
Sie ließ ihre Hand auf der Klinke. Nein, sie würde jetzt nicht gehen. Sie konnte seit Nächten nicht mehr schlafen und ihre Mutter würde wissen, was zu tun war.
Also betrat sie die Wohnung und schaute sich um. Ihre Mutter kam gerade mit einer Tasse Kaffee und zwei maunzenden Anhängseln aus der Küche, die Ahalya erst einmal keinen Schritt gehen ließen.
Die zwei Kater schienen aber gar nicht wirklich begeistert, obwohl sie sie sonst immer mit viel schmusen begrüßten.
Einer versuchte es, stieß sich dann wieder von ihr ab und fauchte ins unsichtbare Nichts. Der Andere lief mit aufgebauschter Rute davon.
"Hm, schlecht gelaunt heute?" fragte sie scherzhaft, aber mit verwirrtem, unsicherem Lächeln.
Ihre Mutter schüttelte auch nur den Kopf.
"Wer weiß was die wieder haben", sie setzte sich an den Tisch und Ahalya tat es ihr gleich.

"Mum.. in letzter Zeit kann ich kaum schlafen", begann sie.
"Sieht man. Der Vollmond vielleicht?" fragte sie.
"Es geht schon seit Wochen so. Vollmond, Halbmond, Sichelmond. Völlig egal. Wobei.. an Neumond war meine Nacht traumlos. Trotzdem. Ich träume in letzter Zeit sehr seltsames Zeug und deshalb.. ich hab das Gefühl ich komme deshalb nicht zur Ruhe", seufzte Ahalya.
Auf die Frage, was sie träumte, überlegte sie, wo sie anfangen sollte. Aber wissen tat sie alles. Dafür träumte sie es einfach viel zu oft hintereinander.
"Es ist jedesmal dasselbe", antwortete sie schließlich.
"Ich bin doch mit Dad und May oft am Wald spazieren gegangen. Der beim Ortsausgang. Nun.. ich träume ich wäre sie. Also May. Ich sehe alles aus ihrer Perspektive, steuere sie aber nicht wirklich. Sie läuft und ich sehe. Wie sie ihren Kopf senkt und den Wald fixiert. Und aufeinmal entfernt sie sich von mir und Dad, aber wir scheinen das gar nicht so recht zu merken. Sie läuft bis zum Wald, der aufeinmal nachtschwarz erscheint. Dann bleibt sie stehen. Man kann genau zwischen zwei Bäume schauen. Als ob sie mich.. zu diesem Treffen bringen wollte. Aber nicht mich als Mensch", versuchte Ahalya sich etwas zu erklären.
"Ist ja interessant. Vielleicht will sie dir etwas zeigen. Und führt dich deshalb dorthin. War da denn etwas? Warst du im Traum schon mal im Wald?" fragte ihre Mutter und sie fühlte sich wunderbar ernst genommen. Dafür liebte sie sie. Sobald es übernatürlich wurde, hatte sie ihre Mutter auf ihrer Seite.

Sie erklärte sie nicht für verrückt, mit ihren Sorgen und sie konnte in aller Ruhe spekulieren, selbst wenn es blödsinn war. So jemanden brauchte man. Alleine schon, um sich selbst zu beruhigen.
"Ja, das sagte eine Website auch. Das Hunde die Führer in der Traumwelt sind. Führer der Unterwelt, naja..". Sie hoffte ja nicht, das May da gelandet war. Aber vielleicht waren Hunde da ja wärmstens aufgenommen. Immerhin bewachten auch Hunde die Hölle, angeblich.
"Ähm keine Ahnung. Naja. Immer öfter tritt aus dem dunklen Wald dann ein riesiger Wolf hervor. Gut, riesig aus meiner Perspektive. Sein Rücken ist wohl so hoch über dem Boden, wie eine Türklinke. Es ist ein wunderschöner Wolf, wie in Silber gegossen. Sein Fell steht starr nach außen, wie funkelnde Stacheln. Er schaut mich nur an, dann zieht er die Lefzen hoch und knurrt. Aber ich habe keine Angst.. es wirkt auch nicht so richtig bedrohlich. Dann wache ich meistens auf. Wie gelähmt", sie strich sich bei dem Gedanken über den Arm. Das schwere Gefühl hatte ihre Glieder verlassen seit sie hier war.

"Hmm... versuch dich mal drauf einzulassen. Man kann sich steuern im Schlaf, weißt du? Vielleicht kannst du May die Führung abnehmen. Dich dem Wolf stellen. Wenn du dich nicht bedroht fühlst", sagte ihre Mutter schließlich und Ahalya nickte gedankenverloren.
Vielleicht nahm sie das Ernst. Es war schließlich ihr Traum. Damit konnte sie machen was sie wollte.
"Ich gehe denke ich zum Arzt. Ich muss morgen arbeiten und so wie es mir momentan geht, kann ich es einfach nicht. Nicht nach so vielen schlaflosen Nächten", seufzte sie und ihre Mutter nickte zustimmend.
"Definitiv tu das. Das kann ja so nicht weitergehen. Und normal ist das ganz sicher nicht" fügte sie besorgt hinzu.
Ahalya nickte langsam und stand auf. Dann wollte sie gleich los. Sie verabschiedete sich von ihrer Mutter und ging im Schneckentempo die Treppen runter. Immer wieder blitzten vor ihr die stahlgrauen Augen auf. Das Auffunkeln des Fells. Warum es wohl so glänzte? Das war für Wölfe ja nun nicht sehr normal.

Sie öffnete schließlich die Tür zur Arztpraxis und fröstelte direkt. Sie hasste die Atmosphäre und den Geruch der hier herrschte. Steril und krank zugleich. Sie versuchte sich möglichst klein zu machen und schlich an die Rezeption, als sie dran war.
"Was kann ich für Sie tun?" fragte die Frau am Empfang freundlich und schaute Ahalya abwartend an.
"Hallo, ich habe Schlafstörungen und möchte das gern einmal untersuchen lassen", erklärte sie. Ihre Karte schob sie von alleine über den Tisch, als die Frau gerade nachfragen wollte. Diese nickte dankend und tippte etwas ein.
"Okay Frau Mitchell, dann setzen Sie sich doch bitte. Der Arzt wird gleich bei Ihnen sein", sagte die Frau ihren Standardspruch auf und Ahalya nickte abwesend und suchte sich einen freien Stuhl. Zur Ablenkung nahm sie sich ihr Handy und erfreute sich der Nachrichten ihrer Freundin Lys.
Sie schrieb ihr, dass sie seltsam geträumt hatte und seit Tagen, eher seit Wochen nicht schlafen könne.

Visionen, was?

Ahalya runzelte die Stirn. Visionen? Wieso Visionen?
"Frau Mitchell?" riss die Ärztin sie aus ihren Gedanken und verhinderte, dass Ahalya antworten konnte. Sie tippte schnell ein paar Fragezeichen, schickte sie ab und folgte der Ärztin in das kleine Zimmer.
Leider war sie diesesmal sofort dran und hatte keine Gelegenheit, auf Antwort zu horchen.
Sie schilderte das bekannte Problem der Ärztin, die nickte oder manchmal ein 'Hmm jaa', von sich gab, als ginge sie ihr Lexikon für Krankheiten durch, was am ehesten passen könnte. Dann begann sie die Standardprozedur. Blutdruck, Herzfrequenz abhören. Psychische Fragen stellen.

Nein, sie überarbeitete sich nicht, nein, keine großartigen Veränderungen in ihrem Leben. Über die Trennung von ihrem Freund war sie auch hinweg. Aber die Ärztin klammerte sich an den letzten Strohhalm, dass das Ganze ja Nachwirkungen haben könnte. Sie empfahl ihr  außerdem einen Therapeuten, um die Träume aufzuarbeiten, wenn sie nicht von selbst verschwanden.
Aber wenigstens bekam Ahalya ein leichtes Schlafmittel fürerst.
"Es kann natürlich auch körperliche Ursachen haben. Ich werde etwas vorbereiten", sagte die Ärztin und stand auf. Vorbereiten? Das konnte bei Ärzten nur Schlimmes bedeuten. Meistens sprach sie nicht alles aus, was sie vorhatte, da sie wusste, dass Ahalya eine Arztphobikerin war.
Tatsächlich kam eine junge Arzthelferin, vielleicht noch Azubine in den Raum und legte Spritzen und Ampullen auf den Tisch. Sie war jung und ein wenig mollig und hatte blonde, wellige Haare.

"Ich werde jetzt ein bisschen Blut abnehmen, krempeln Sie schon mal den Ärmel hoch", sagte sie mit sanfter Stimme und lächelte.
Als sie allerdings sah, dass Ahalya kreidebleich wurde und sich an ihrem Ansatz, bis zu den Strähnen ihre Haare weiß verfärbten, stahl sich das Lächeln aus ihrem Gesicht und wechselte zu Schrecken.
"Frau Doktor!" rief sie alarmiert und hielt sofort Ahalya's Arme sanft fest.
"Legen Sie sich hin, es muss wieder Blut in ihren Kopf" befahl sie mit stockender Stimme, die Augen immer auf die plötzlich silberfarbenen Haare gerichtet.
Ahalya gefror währenddessen das Blut regelrecht in den Adern. Sie schien nirgendwo mehr Farbe zu haben und in ihrem Kopf kribbelte es, aber sie leistete der Arzthelferin keinen Widerstand.
Die Ärztin kam sogleich reingestürmt und löste die Azubine ab, die verunsichert zurückwich.

Ahalya's Haare wechselten als Erste wieder ihre Farbe ins dunkel brunette. Der Ärztin fiel es scheinbar nicht auf.
"Ganz ruhig. Ich denke, dass mit dem Blut lassen wir", sagte sie und nickte der Helferin zu, alles wegzunehmen. Diese Worte beruhigten Ahalya ungemein. Sie hatte eine stetig wachsende Phobie gegen Nadeln. Ein ungeschickter Arzt hatte einmal als Kind ihre Haut durchstochen, da war sie ohnmächtig geworden. Seitdem war es eine Prozedur.
"Ihr Blutdruck ist aber wirklich gefährlich niedrig, auch Puls und Herz. Gerade schon. Passen Sie mit den Tabletten auf. Ich werde Sie definitiv für die nächsten Zwei Wochen krank schreiben. Wenn es dann noch nicht geht, kommen sie sofort wieder. Und morgen will ich Sie auch sehen" erklärte ihr die Ärztin fest. Na toll!, dachte sich Ahalya, langsam wieder zu sich kommend.
Aber sie nahm es schließlich nur noch an und als sie sich besser fühlte, vereinbarte sie einen Termin und flüchtete aus der Praxis.

Draußen angekommen setzte sie sich ins Auto und ließ die Tür erst einmal offen. Die frische Luft tat ihr gut. Drinnen hatte sie Übelkeit übermannt, die nun verflogen war.
Ihr fiel die ominöse Nachricht von Lys wieder ein und sie holte ihr Handy raus.
Ich erklärs dir morgen auf der Arbeit.
Oh Nein! Sie war doch krankgeschrieben.
Das schrieb sie auch, löschte es allerdings. Sie würde den Krankenschein persönlich abgeben und versuchen dabei gleichzeitig Lys zur Seite zu ziehen. Das wollte sie von Angesicht zu Angesicht erklärt bekommen. Und wehe sie enthüllte das als Scherz. Ahalya  machte sich gerade wirklich Sorgen.
Statt zu ihrer Mutter zu gehen, informierte sie diese kurz per SMS und ging nach Hause. Dort forschte sie, fand aber nichts zu einem Silberwolf. Oder doch ein Therapeut?
Aber jedes Bild, das Google ihr gab, ließ sie mehr und mehr an so jemandem zweifeln.

Sie sahen ja alle ganz nett aus. Aber die Räume steril wie im Wartezimmer. Und sie stellte sich unweigerlich eben jene Therapeuten vor, mit Brille auf der Nase und Klemmbrett und einem sehr viel ernsteren Blick. Die stets irgendwie genervt, ob der eigenen Ungeduld wirkten, während man selbst nicht die richtigen Worte fand. Und es ging hier nur um einen Traum!
Sie schloss den Browser. Was sollte sie diesen Menschen schon groß erzählen? Sie hatte keine Probleme als Kind. Vielleicht mit ihrem Bruder, aber was betraf sie das genau? Und sie liebte ihre Mutter, obgleich sie doch spürbar häufig mit Ahalya's eigener Art überfordert gewesen war und auch wie eine überforderte Mutter reagiert hatte. Das zog aber unmöglich diese Träume nach sich.
Erst recht nun nicht, wo Ahalya alleine wohnte, befreit von Elternhaus und Ex. Ihre Mutter und ihr Vater hatten sich vor drei Jahren getrennt, aber sie hielt noch relativ regelmäßig Kontakt zu ihrem Vater. Wie es eben die Zeit zu ließ.

Der Rest des Tages verlief extrem schleppend. Aber zum Glück überkam sie schon früh eine tiefe Müdigkeit. Sie überlegte, ob sie die Tabletten nehmen sollte. Aber eine konnte sicher nicht schaden. Vielleicht verfiel sie dann in einen tieferen Schlaf, direkt an lästigen Träumen vorbei.
Ahalya drückte sorgsam eine der kleinen Tabletten aus und nahm sie mit einem Schluck klarem Wasser. Dann legte sie sich hin und ließ den Schlaf wie einen dunklen Mantel über sich kommen.
Sie merkte gar nicht, wie sie einschlief. Immer tiefer.. doch dann kam der Traum zurück. Diesesmal jedoch, war er anders.
Dieses mal war sie es, die in dem Wald stand und herausschaute. Dort war allerdings nichts. Sie ging näher heran, an den Rand des Waldes. Laub raschelte unter ihr, als sie sorgsam einen Fuß vor den anderen setzte.

Dort sah sie aufeinmal ein kleines Mädchen, dass fröhlich neben ihrem Vater hersprang. Ihr rabenschwarzes, hüftlanges Haar wehte wild wie schwarzes Feuer im Wind. Ihr Vater lachte. Bei ihr war eine rotbraune Hündin, die sowohl neugierig die Gegend erkundete, als auch immer einen Blick auf ihre menschlichen Gefährten hatte.
May!
Ahalya öffnete den Mund, wollte rufen, doch nur ein Heulen verließ ihre Kehle. Sie verstummte schockiert und schaute an sich herunter. Sie stand auf vier Beinen, auf Pfoten. Sie war ein.. ein Wolf.
Ein Wolf, wie in Silber gegossen, dessen Fell glänzte und funkelte.
Sie schaute nach vorn. Sie durfte das kleine Mädchen nicht herlocken. Sie war ein Monster!
May kam allerdings in ihre Richtung, senkte misstrauisch den Kopf und spähte dabei durchs Geäst.

Instinktiv zog Ahalya die Lefzen hoch und gab ein dunkles Knurren von sich, dass die sonst mutige May, ängstlich flüchten ließ. Sie gesellte sich sofort wieder beschützerisch zu ihren Menschen. Ahalya zog sich tiefer in den Wald zurück.
Sie durfte von niemandem so gesehen werden.
Als sie sich umdrehte, schrak sie zusammen. Vor ihr stand ein riesiger metallener Wolf. Schwere Ketten hingen von seinem Leib. Er öffnete das Maul und grollte sie an. Doch Ahalya ergriff die Flucht und sprang in einen Fluss. Dahinter wartete ein riesiger Wald. Ein Hirsch stand davor und erhob aufmerksam und stolz seinen Kopf, den ein goldenes Geweih schmückte.


Ahalya fuhr schockiert aus ihrem Traum hoch. Die Hellichkeit des Tages blendete sie. Die Erinnerung an den Traum drohte ihr zu entgleiten. Aber sie ernüchterte eine seltsame Erkenntnis, die sie weder in Gedanken noch Worte fassen konnte. Etwas hatte sich ihr erklärt.
Der nächste Schreck ereilte sie bei einem Blick auf die Uhr. Acht Uhr! Sie kam zu spät.. wenigstens zu spät, um sich krank zu melden.
Sie tippte zitternd die Nummer ihrer Arbeit ein und wartete, mit jedem Piepen ungeduldiger, dass jemand abnahm.
Endlich, ihr Vorgesetzter.
"G-Guten Morgen. Ich, ich muss mich krank melden. Bring den Schein selbst. Also den Gelben. Also.." begann sie außer Atem zu stottern, worauf sie von der anderen Seite erst einmal aufgefordert wurde sich zu beruhigen. Wenn sie sich wirklich in der Lage fühlte, könnte sie den Krankenschein selbst abgeben. Sonst könnte sie ihn auch schicken. Einen Moment lang überlegte Ahalya, nicht den einfachen Weg zu nehmen. Doch da fiel Lys ihr wieder ein.

"Nein, nein.. ich komme schon. Dauert nicht lang... Okay.. alles klar. Danke.. bis gleich" verabschiedete sie sich und legte auf. Sie wartete, bis das Gespräch wirklich vom Handy Bildschirm verschwand, ehe sie sich vor die Stirn klatschte. Wie dümmlich verhielt sie sich bloß. Aber die Erleichterung, nicht wirklich arbeiten zu müssen, überkam sie. Sie war noch völlig durcheinander. Spürte die Nässe auf ihrer Haut. Den harten Pelz, der an den Bäumen entlang strich. Den Waldboden unter ihr. Es hatte sich alles so verdammt echt angefühlt.

Sie machte sich frisch und band ihre elektrisch aufgeladenen Haare nach dem Föhnen einfach zusammen. Das wurde jetzt sowieso nichts mehr mit dem Styling.
Dann schminkte sie sich kurz über und riss im vorbeigehen noch den Krankenschein mit, den sie jetzt beinahe vergessen hätte.
Die Fahrt war kurz und sie sprang sofort aus dem Auto und lief die Treppen zum Büro hoch.
Dort angekommen, atmete sie tief durch, bevor sie die Tür öffnete. Ihr erster Weg führte zu ihrem Vorgesetzten, mit dem sie alles abklärte. Sie verabschiedete sich schließlich und schloss seine Tür hinter sich.
So, jetzt hieß es unauffällig Lys suchen. Mittlerweile war Frühstückszeit. Deshalb schaute sie im Pausenraum nach. Doch dort war nur ein ätzender Kollege. Sie kam sich schon doof vor.
Unauffällig versuchte sie sich zurück zu ziehen, aber sie war schon entdeckt.

"Ach, wen haben wir denn da, Fräulein Mitchell. Die zu spät Kommerin. Aber was interessiert es euch. Ein Wimpernklimpern und ihr kommt eh mit allem durch" meinte er ätzend. Ahalya verging schon wieder alles, als sie schon seine Stimme hörte. Zu welchen Worten sie sich formte, ganz zu schweigen.
Und zum xten Mal. Sie war kein Fräulein. Sie hasste dieses Wort, seit sie ein kleines Mädchen war. Es war stets dazu benutzt worden, sie herabzusetzen, wenn man sie verhöhnte. Da hatte sie dann keinen Namen mehr, sondern war nur noch das kleine Fräulein, das von Nichts eine Ahnung hatte.
Sie schloss die Pausentür hinter sich und sah sich um.
"Ich bin nicht zu spät, ich habe meinen Krankenschein abgegeben. Bei dem Gedanken an dich, musste ich mich übergeben" erwiderte sie giftig. Sie begab sich zwar auf sein Niveau, aber irgendwie tat es gerade gut. Sie hatte für einen Stau übler Laune so eben einen Sündenbock gefunden.

"Sei lieber froh, dass dir das noch von ein paar fleißigen Mitarbeitern bezahlt wird, dass du deine Zeit gleich auf der Couch vergeudest", gab er zurück und hob den Kopf so stolz, als wäre er eben erst befördert worden.
Sie wusste nicht warum, aber heute provozierten seine Worte sie doppelt.
"Du sei mal lieber froh, dass sie noch jemanden brauchten, der Kaffee kocht, damit sich die Frauen auf die richtige Arbeit konzentrieren können!" zischte sie. Das schien zu viel für ihn, denn er stellte seine Kaffeetasse ab und kam ihr viel zu nahe. Anscheinend wollte dieses halbe Hemd bedrohlich wirken.
"Pass mal auf was du sagst! Ein Spruch und ich sorge dafür, dass der Kaffeekocher deine Arbeit bekommt und dich unter die Brücke befördert", giftete er. Sie wusste ja das er stets eine Frau mit PMS war, aber so weit hatte sie es noch nie kommen lassen. Wäre da nicht die unglaubliche Wut in ihr, die sie selbst überraschte, hätte es ihr fast Spaß gemacht. Sie wollte provoziert werden. Sie wollte jetzt raus damit.
"Wenn dieser Kaffeekocher das kann, warum hat er das nicht längst getan?!" fauchte sie und stieß ihn mit solch einer Kraft zurück, dass er gegen die Theke prallte. Nicht nur Ahalya war überrascht. Jetzt war er erst recht auf 180, aber sie wollte sich jetzt nicht zurückhalten.
"Mach.. mach das nochmal und.." begann er hysterisch, worauf sie ihm nur die Zähne zeigte. Sie wusste gar nicht wieso, aber jetzt tat sie es. Sie spürte nicht, wie sich ihre Haare vom Ansatz bis zu den spitzen Weißgrau färbten, wie ihre Schneidezähne länger wurden. Sie wusste nur, dass das lähmende Gefühl wieder ihre Glieder erfasste. Langsam löste sich ihre Gestalt in Rauch auf, als sie dem Mann, den sie schon ihr ganzes Arbeitsleben hasste, näher kam und sie kam auf Pfoten wieder auf.

In diesem Moment kam Lys in den Pausenraum.
"Ash, nicht!" rief sie, wusste anscheinend genau, dass der grauweiße Wolf Ahalya war und warf sich um ihren Hals, die gerade zum Sprung angesetzt hatte.
Der Mann floh mit einem hysterischen Quieken aus dem Pausenraum und Ahalya sträubte ihr nadelspitzes Fell in Lys Armen.
Die machte sich erst einmal nichts aus den Schmerzen.
"Ashley, beruhig dich!" schalt sie sie leise. "Komm", sie pflückte ihre Arme von ihr und lief zur Tür, um sie unauffällig aus dem Büro herauszubefördern.
Ahalya folgte ihr sofort nach draußen, konnte sich aber noch nicht zurückverwandeln.
"Mensch Ash, was hast du dir dabei nur gedacht. Lass dir doch Zeit mit so was", wisperte Lys. Ahalya schaute sie ernst an, dann wurde ihr Blick besorgt.
Sie hatte sich weh getan. Silbriges Blut rann ihre Arme herunter, nach den tausend Nadelstichen von Ahalya's Fell.
"Du kannst red.. kommunizieren. Musst dich nur etwas konzentrieren", seufzte Lysanne.
"Du verstehst mich?", testete Ahalya und war erfreut, als ihre Freundin nickte. Sie kommunizierte tatsächlich über die Worte, die sie dachte!
Dann verschwand die Freude.
"Du weißt von alledem? Was.. was passiert mit mir?" fragte sie  erschüttert.
"Hör zu, ich mach mir frei. So kann ich eh nicht weiter arbeiten. Wir treffen uns in der Eisdiele und du beruhigst dich erst mal. Ich erklär dir, was ich weiß. Versprochen" beruhigte Lys sie und strich ihr instinktiv einmal vom Nasenrücken über die Stirn. Es tat gut, deshalb ließ sie es geschehen.
"Ähm.. werd ich dann.. nackt sein?" fragte Ahalya schüchtern und entlockte Lys ein herzhaftes Lachen.
"Du hast echt zu viele Werwolf-Serien geschaut. Du bist ein Wandler, kein Former. Du hast deine alte Gestalt aufbewahrt, als sie in Rauch von dir abgeweht wurde und das Tier in dir offen gelegt hat. Mach es mit dem Tier einfach genauso", sagte Lys lächelnd und verschwand dann durch die Tür, um die knurrige Ahalya sich selbst zu überlassen.
Einfach genaus. Ob das nun wirklich so einfach war.
Sie seufzte und schloss die Augen. Sie stellte sich den Vorgang einfach vor und öffnete die Augen. Tatsächlich war sie wieder dieselbe. Langsam richtete sie sich auf und tastete sofort nach ihren Klamotten, sicher war sicher. Aber tatsächlich war alles dran. Selbst den Zopf, den sie sich gebunden hatte.

Sie entschied, nicht auf Lys zu warten und fuhr schon einmal zur Eisdiele. Sie hatte mittlerweile doch Hunger. Es war zwar kein so wirklich ordentliches Essen zum Vormittag, aber sie brauchte jetzt Nervennahrung.

An der Eisdiele angekommen, setzte sie sich rein und bestellte sich schon mal einen Milchshake. Lys ließ auch nicht lange auf sich warten und setzte sich langsam. Vorne hatte sie schon bestellt und lenkte das Thema auf Nebensächlichkeiten, bis die Bedienung ihr ihren Wunsch gebracht hatte. Erst dann fühlte sie sich sicher genug, mit dem eigentlichen Thema zu beginnen.
"Na schön, du Neuwölfin. Tja, wo soll ich anfangen", Lys dachte kurz nach.
"Wie wärs bei dir?" schlug Ahalya vor.

"Gut. Bei mir fing es etwa letztes Jahr im Winter an. Der ganze Weihnachtsstress. Und da konnte ich nämlich auf einmal auch nicht mehr richtig schlafen. Kam natürlich super. Man ist total provoziert von der Schlaflosigkeit und dem Stress. Und meine Träume waren auch sehr seltsam. Ich habe von einer Eiswüste geträumt. Dort stand eine Frau auf einem Hügel. Sehr blass, schwarze Lippen, geschminkte Augen und krauses Haar. Als würde sie in dieser Ödnis leben. Sie schaute in die Ferne und schien mich nicht zu bemerken. Beim näherkommen sah ich, dass sie einen Pelz trug. Dann schaute sie mich auf einmal an, mit ihren meerblauen Augen. Das Bild flimmerte.. und vor mir stand aufeinmal ein Wolf. Ich schwöre, er sah aus wie sie. Genauso abstehendes, chaotisches Haar, aber starr und glänzend. Sie fletschte die Zähne und sprang mich an, da wachte ich jedesmal auf. Mein letzter Traum, bevor ich mich verwandelte war dann anders. Ich war wieder in der Einöde, in einem Schneesturm. Aber als schneeweißer Wolf. Ich konnte kaum etwas sehen und der Hügel war leer. Aber der wild wirbelnde Schnee schien sich dieses mal zu verformen. Er bildete immer wieder einen Wolf. Bis er auf einmal da war. Groß und schwarz, in dem weißen Schnee. Er war riesig. Er fixierte mich, wütete, grollte. Er schien nicht von der Stelle zu kommen und da sah ich riesige, schwere Ketten die ihn hielten. Seine Augen waren rot, aber man verlor sich in ihnen. Es war ganz seltsam. Ich erhaschte einen Blick, auf ein dunkles Reich. Dann wachte ich auf, aber sanft. Und schreckte nicht hoch. Ich musste natürlich gleich googlen und Fenrir war das Ergebnis. Ein Wolf, den die Götter aus Angst in Ketten legten. Aus der nordischen Mythologie. Ob der irgendetwas zu bedeuten hat? Wie war es bei dir?" fragte Lys interessiert. Man merkte, dass sie in ihrem Element war. Sie redete und redete und schien, als hätte sie lange darauf gewartet, es jemandem anvertrauen zu können.
Ahalya hatte ihr gespannt zugehört. Ihre Träume waren ähnlich, aber irgendwie auf unterschiedlichem Terrain.

"Nun, bei mir war es noch etwas seltsamer. Ich habe aus der Sicht von May, unserer alten Hündin, gesehen. Auch war wie bei dir jeder Traum gleich. Ich als kleines Kind war dabei und mein Dad. Aber May hat mich stets zu einem Waldrand geführt, wo ein silberner Wolf auf mich gewartet hat. Er hat mich angeknurrt und dann bin ich aufgewacht. Gestern Nacht hatte ich dann denselben Traum aus der Sicht des silbernen Wolfes. Ich knurrte May weg, um das Mädchen... mich nicht in Gefahr zu bringen. Dann drehte ich mich um und ja.. Fenrir stand dort, die Ketten hingen von seinem Körper und rasselten bei jeder Bewegung.
Er grollte mich an und ich floh, ohne ihn mir näher anzusehen. Da war auf einmal ein breiter Fluss zwischen mir und einem wunderschönen goldenen Wald. Ich sprang in den Fluss und schwamm in die Richtung. Dort stand ein Hirsch. Als er den Kopf hob, sah man, dass sein Geweih aus reinem Gold war. Er sah mir entgegen, aber nicht ängstlich, sondern anscheinend überrascht, abwartend."
Ahalya runzelte die Stirn über das was sie sagte. So genau hatte sie es nie beleuchtet, aber jetzt, wo es ihr auffiel...

Lys sprach ihre Gedanken aus.
"Cool. Wenn Fenrir ein Gott ist, ist dieser Hirsch vielleicht auch einer. Es wirkt, als wären verschiedene Schauplätze für uns gedacht. Vielleicht welche, wo wir antworten finden?" grübelte Lys. In diesem Moment war Ahalya fest davon überzeugt, dass Lys mit ihr die Reise antreten würde. Aber so würde es erst einmal  nicht kommen. Sie hatten doch jeder ihr Leben, nur Ahalya war ungebunden. Lysanne hatte ihren Verlobten und schon große Pläne für ihre Zukunft. Auf einmal fühlte Ahalya sich weit entfernt von ihrer Freundin und diesem Leben. Vielleicht war das schon immer der Plan für sie gewesen. Auch wenn der Gedanke ihr schmerzte, nahm er immer mehr Gestalt an.
"Alles okay, Ash?" fragte Lys sanft.
Ahalya entschied sich für eine ehrliche Antwort.
"Nein. Ich glaube nicht. Weißt du, ich überlege ernsthaft diesem Ruf zu folgen. Derzeit habe ich hier nichts und... ja. Das ruft nach mehr", sagte sie nachdenklich. Lys gefiel diese Ausschweifung nicht.
"Quatsch, mich beeinflusst das seit einem Jahr nicht. Du brauchst doch einen Freund und.. wir müssen doch zusammen Kinderwagen schieben!" sagte Lys mit so viel flehender Leidenschaft, dass sie Ahalya zum auflachen brachte.

Sie nahm die Hände ihrer Freundin und schaute sie traurig an.
"Ach Lys. Ich glaube dieses Leben war nie für mich gedacht. Aber ich breche ja nicht gleich morgen auf... Ich werde darüber nachdenken", versprach sie. Sie ließen den Mittag noch ein wenig ausklinken und Ahalya wurde immer leiser, bis sie Lys das Wort überließ. Ließ sie schwärmen von ihren Plänen und sinnieren von ihrer Hochzeit. Zum Abschied umarmte sie sie fest und hoffte, dass es kein Abschied für immer war. Dann fuhr sie nach Hause und nahm sich vor, selbst etwas zu recherchieren.





Zuletzt von Autor am Fr Jun 16, 2017 5:06 pm bearbeitet; insgesamt 1-mal bearbeitet
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BeitragThema: Re: Ahalyas Rache   Ahalyas Rache EmptyFr Jun 16, 2017 5:00 pm


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2 Jahre später


Die Uhr zeigte 22 Uhr. Ahalya saß zu Hause und das helle Licht des PCs erhellte ihr Gesicht in der Dunkelheit. Draußen regnete es. Ihren Kopf hatte sie auf ihrer Hand abgestützt, während sie Gedanken verloren durch die sozialen Netzwerke scrollte.
Sie hatte ihre neue.. Gabe? derweil ganz gut im Griff. Auch hatte sie es Lys gleich getan und war auf Fenrir gestoßen. Eigentlich ein trauriges Schicksal. Hätten die Götter ihn in ihrer Furcht nicht betrogen, wäre er vielleicht nie ein Monster geworden. Vielleicht hätte es die Wandler dann nie gegeben.

Über den Hirsch hatte sie derweil nichts mehr gefunden. Vielleicht war er nur ein Teil ihrer Fantasie. Oder aber ein sehr viel seltenerer Gott.
Sie stieß leise die Luft aus und warf einen Seitenblick auf die Uhr. Seit zwei Jahren haderte sie. Sollte sie gehen? Vielleicht gab es da ein Schicksal, das auf sie wartete. Ähnlich wie in den Abenteuern in ihren Lieblingsbüchern. Und eine große Liebe, die sie unter den Menschen einfach nicht fand.
Lysanne begann ihre Hochzeit zu planen. Und so fühlte sich Ahalya so allein, wie nie zuvor.  Sie war dann ausgeschlossen aus dem Club der Verheirateten. Überhaupt schien die Zeit für sie seit ihrer Verwandlung still zu stehen.
Sie wollte ein letztes Mal scrollen und den PC dann ausmachen. Da stutzte sie. Da waren Fotos, von ihrem Bruder. Er lachte in die Kamera, auf der einen Seite seine Frau. Die restlichen Damen kannte sie nicht.
Ahalya setzte sich auf. Er hatte 'Italien' gepinnt und 'Glücklich'. Sein Arm war um einen ihr unbekannten Mann gelegt.

Das war nicht sein Ernst. Das konnte nicht sein Ernst sein.
Ahalya durchforstete die Kommentare. Freude, viele Likes. Leute, die sich freuten, dass sich die zwei Menschen da endlich gefunden hatten. Sie sprachen Glückwünsche aus.
Ihr Bruder hatte den Kontakt vollständig abgebrochen. Aber Ahalya war es, die ihn nun wieder aufnahm und sie hoffte auf Antwort. Tatsächlich war ihr Bruder noch online. Dennoch schien es, als zögerte er, ihr zurück zu schreiben.
Auf einmal war es, als hätte Ahalya eine Fährte aufgenommen. Sie spannte sich an, fokussierte sich.
Auf diesen einen Mann auf dem Bild. Den Mann, der die Gunst ihres Bruders bekam. Der Mann, der ihre Mutter vergewaltigt hatte.

Wortwechsel. Satzwechsel. Ahalya's Ungeduld wuchs. Sie strich sich durchs- vor Aufregung silbrig gefärbte- Haar und versuchte sich, Geduld einzureden. Sie musste etwas tun, was ihr mehr als alles andere missfiel. Gute Miene, zum bösen Spiel.
Sie schrieb seit gefühlten Stunden mit ihrem Bruder. Tastete sich ran. Heuchelte Interesse an ihm und seiner Familie, dass ihr schon lange vergangen war. Beglückwünschte ihn, zu seinem Fund. Sie verzog das Gesicht, schrieb in aller Freundlichkeit, sie müssten sich mal treffen. Sie war seine Schwester und wollte sein Glück mit ihm feiern.
Sie hasste es, ihn so schamlos anzulügen, aber er ging darauf ein. Sie hatte sein Vertrauen und sie wollten sich morgen Abend treffen.
Ahalya bestand darauf, dass es eine Bruder-Schwester Sache wurde, denn sie wollte seine Frau nicht belasten.
Den ganzen Tag lang musste sie sich so beschäftigen. Sie ging in den Wald und tobte sich wie eine Wilde als Wolf aus. Sie wollte Aaron heute Abend nicht an die Kehle springen. Das wollte sie derzeit nur einem und kein Kaninchen konnte ihn ersetzen.

Als es dämmerte rannte sie zurück nach Haus, richtete sich als Mensch wieder auf und machte sich drinnen frisch. Dann ging sie zum vereinbarten Treffen. Einem kleinen, bescheidenen Restaurant. Lange wollte sie nicht in der Öffentlichkeit bleiben.
Als sie ankam, wartete Aaron bereits und lächelte ihr zufrieden entgegen. Jetzt würde es wirklich schwierig. Ahalya musste all ihre schauspielerischen Künste auspacken, um bloß zurück zu strahlen und ihn zu umarmen.
"Ashley!" begrüßte er sie seelig. Sie verharrte einen Moment in seiner Umarmung. Ein Schwall Trauer kam über sie. Aber es war noch zu früh dafür.

"Aaron. Es freut mich so dich zu sehen", sagte sie sanft. Als sie sich wieder zurücklehnte und ihre Hände von seinen Schultern nahm, fühlte es sich an, als wäre er ihr wieder entglitten. So wie er es schon einige Jahre war. Diese Kluft zwischen ihnen riss Augenblicklich wieder auf.
Er strich über ihre Wange und führte sie dann in das Restaurant. Sie folgte ihrem Bruder schweigend.
Dann setzten sie sich in eine ruhige Ecke und gaben ihre Getränkebestellungen auf.
"Du musst mir unbedingt mehr erzählen. Wie hast du denn jemanden gefunden, der so weit weg wohnt? Wie im.. ja, wie im Märchen", Ahalya lachte etwas, um zu vertuschen, dass sie das letzte Wort auswürgte.
Ihr Bruder bemerkte es nicht und begann zu erzählen. Wie er sich bei Stadt und Amt erkundigt hatte, Verwandte seiner Mutter und seines Vaters ausgefragt hatte. Eines hatte zum Anderen geführt, dann hatte er ihn im sozialen Netzwerk ausfindig gemacht.
"Es war wirklich eine super spannende Recherche. Und die Reise dorthin erst. Weißt du, ich dachte es führt sicher in die Irre. Nachher stehe ich dort jemandem gegenüber und der soll mein Vater sein? Ein fremder Mann? Nachher irre ich mich und es ist super peinlich. Zum Glück muss es mir bei einem wildfremden Italiener dann nicht so unangenehm sein", er lächelte und schüttelte langsam den Kopf mit seinen lockigen, kurzen Haaren. Ebenso dunkel, wie die von Ahalya.

"Und du hast einen Glückstreffer gelandet", lächelte Ahalya. Doch galt ihr Lächeln weniger seinem Glück. Es schwang ein Hauch Mitleid mit.
"Sag.. wo hast du ihn eigentlich gefunden? Musstest du weit fahren? Oder in ein kleines Dörfchen?" fragte sie schließlich und arbeitete auf die Antwort hin, auf die sie seit gestern spekulierte.
"Ja, es war gar nicht so leicht zu finden. Ich mein, hast du schon mal von Reggio Calabria gehört? Eine wunderschöne Küstenstadt. Dir würde es da sicherlich gefallen..." erzählte ihr Bruder, aber für Ahalya wurden seine Worte immer leiser, nachdem sie den Namen des Ortes gehört hatte. Reggio Calabria. Das war also ihr Ziel. Sie brannte es sich ins Gedächtnis, mit einem heißen Eisen. Niemals würde sie diesen Ort vergessen.

Als sie aufhorchte, endete Aaron gerade mit seiner Schwärmerei. Es war an der Zeit, dem Ganzen ein Ende mit Schrecken zu bereiten.
Er wollte scheinbar eine Schwester, die ihm nachkroch, nachdem er den Kontakt abbrach. Die alles gut hieß, was er tat und umschwärmte und lobte. Wofür hatte er eigentlich eine Frau?, fragte sich Ahalya bitter.
Er schaute sie abwartend, schweigend an und sie richtete das erste Mal ihren Blick direkt in seine Augen.
"Schämst du dich gar nicht? Träumst du etwa immer noch den Traum über deine heile Welt,  mit deinem Vater, der dich einst verließ, noch bevor er dich kannte?" fragte sie schließlich. Sie wusste die Antwort, aber sie musste ihm auch begreifen machen, was dieses Treffen hier für eine Maskerade war.
Und sie sah es an seinem Lächeln. Das Lächeln, welches seinem Gesicht immer diese unschuldige Schönheit verliehen hatte. Es wurde kleiner und kleiner und erlosch schließlich wie eine winzige Flamme in der Dunkelheit, als er ihren Verrat schließlich erkannte.

"Nein... Nein Ashley. Nicht schon wieder. Bitte. Ich hatte gehofft, du wärst zur Vernunft gekommen. Aber du bist immer noch zu vernebelt von Mutters Worten. Begreif doch!" sagte er fest, wieder ernst und hart.
"Und du bist ein bisschen zu wenig vernebelt von der Liebe zu der Mutter, die einst alles opferte, um dich groß zu ziehen. Glaubst du, sie tat das aus Hass? Sie hat dich behalten und das obwohl... obwohl.." setzte sie an, brachte allerdings das große Wort jetzt nicht über die Lippen.
"Begreifst du es denn nicht?! Du kennst unsere Mutter dein Leben lang. Wie unfair sie sein kann. So ist sie zu jedem! Ja, eine stolze, aufopferungsvolle Frau. Sie ist stolz und wenn den Stolz jemand beleidigt, denkt sie sich Dinge aus, um jemanden zu denunzieren. Ich meine, sie waren zusammen! Sie ist eine Drama Queen! Und seit wann haben Aufopferungen ihren Preis? Ich hab nicht darum gebeten, dass sie mich großzieht. Woanders, wäre es mir sicher besser ergangen", spuckte Aaron abfällig aus. Gut, dass Ahalya sich heute schon ausgetobt hatte. Aber ihre Halsschlagader pochte deutlich. Ihre Glieder verhärteten sich, ob ihres Blutes wegen, welches sich zu Silber wandelte.

"Aaron.. wie kannst du so etwas sagen? Welche Mutter wäre nicht überfordert als minderjährige ungewollte Mutter. Sie hat ihr bestes getan und du hast es ihr nie gedankt. Wie kann ein Kind nur schon so undankbar groß werden?!" fragte sie fassungslos. Sie fand keine Worte für seine dreiste Wut gegen ihre gemeinsame Mutter, das Einzige, was die Zwei verband.
"Wo war der Preis, den du gezahlt hast, dafür, dass sie dich großgezogen und dafür ihre Zukunft aufgegeben hat? Was hast du für Opfer gebracht? Und was berechtigt deinen Erzeuger dazu, dass du ihm all deine Liebe entgegen bringst und deinen Dank? Für WAS?!" das letzte Wort schrie sie und Aaron sprang auf.
"Es reicht Ashley!" rief er. Doch sie tat es ihm gleich, bebend am ganzen Körper und krallte sich in den Tisch.
Sie hatten schon die halbe Aufmerksamkeit des Restaurants.
"Was hat dich so verdorben, Aaron? Was ist bloß schief gelaufen?" flüsterte Ahalya und ihre Augen begannen im Schein des gedimmten Lichtes zu glänzen.

"Du. Verstehst. Gar nichts. Ich wusste, es war besser den Kontakt abzubrechen!" zischte Aaron und wandte sich ruckartig ab, ehe er das Restaurant verließ.
Eine Träne rann Ahalya über die Wange, während sie ihm fassungslos und wortlos nachschaute.
"Zu spät", flüsterte sie bitter. Sie legte das Geld für den Kellner auf den Tisch, nahm sich ihre Jacke und verließ unter den Blicken der anderen Gäste das Restaurant.
Nun hatte ihr Ziel nicht nur ein Gesicht. Es hatte eine Gestalt. Es fehlte nur noch ein Name.
Sie hielt sich das Telefon ans Ohr und wartete, bis jemand abnahm.
"Mum? Wir müssen reden".


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BeitragThema: Re: Ahalyas Rache   Ahalyas Rache EmptyFr Jun 16, 2017 7:25 pm


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Reggio Calabria


Ahalya lehnte ihren Kopf gegen die kühle Scheibe des Flugzeugs und lauschte dem Rauschen, als die Maschine sich abflugbereit machte.
Tausend Gedanken kreisten durch ihren Kopf und sie bemerkte die anderen Passagiere um sich herum nicht mehr.
Ihre Mutter hatte nicht versucht, sie aufzuhalten, allerdings machte sie sich Sorgen. Ahalya hatte sie in ihr Geheimnis eingeweiht. Sie wusste, bei ihrer Mutter war es gut aufgehoben. Früher hätte sie sich darum gerissen, dass auch zu können. Ob es eine Verwandlungsmöglichkeit gab, wusste Ahalya nicht mal. Auch beißen? Aber dann schalt Lys sie bloß wieder um der vielen Werwolffilme. Und tatsächlich hatte sie versucht, etwas vergleichbares zu finden. In Büchern, Filmen, Serien. Aber nichts wollte so richtig zutreffen. Entweder waren die Wölfe zu klein, Zweibeiner oder verletzlich. Sie wurden dann aus Gründen, die sich Regisseure und Autoren ausdachten, nicht verletzt, obwohl Menschen durchaus in der Lage dazu wären. Aber so war die Realität nicht. In der Realität schonten die meisten Menschen auch keine Monster und wenn sie von ihnen erfuhren, machten sie Jagd auf sie.

Ahalya musste zugeben, je näher der Moment rückte, desto mehr Zweifel und Unsicherheiten begleiteten sie. Auch bei der Selbstjustiz gab es immer zwei Seiten. Sie würde sich einem Mann stellen, der Vergewaltiger und Familienvater war. Sie wusste nicht, ob sie wirklich das tun wollte, was sie sich vorgenommen hatte. Letztlich würde sie es abhängig machen, von seiner Reaktion.
Es gab Menschen, welche die Meinung vertraten das keine gute Tat, eine Schlechte wieder wett machte. Und Ungeschehen machte sie das sicher nicht. Erst recht nicht, für Betroffene. Aber sie wusste nicht, ob sie diese mitleidlose Meinung vertreten konnte, wenn sie einmal die Entscheidung hatte.
Wenn der Moment kam, wo sie die Waagschalen Justitia's in die eine und ihr Richtschwert in die andere Hand bekam.
Sie seufzte und sah sich im Flugzeug um. Beobachtete die Menschen, wie sie unbeschwert oder mit eigenen Sorgen ebenfalls nach Italien flogen. Aufgrund von Arbeit oder Urlaub. Vielleicht um Verwandte zu besuchen. Oder um einen Vater ausfindig zu machen, der Übersee vor ihnen geflohen war.

Ahalya stieg aus dem riesigen Flieger, als es soweit war und atmete die frische Abendluft ein. Sie hatte den Namen und den Ort. So war ihr Bruder schließlich auch an sein Ziel gelangt. Sie musste ihre Beweggründe ja nun nicht gerade offen auf den Tisch legen.
Ebenso hatte sie sich noch nicht wirklich um eine Unterkunft geschert. Sie entschied sich, ihre Wolfform zu nutzen und hatte sich einiges gespartes eingepackt, um Essen zu gehen.
Einen Moment vergaß sie, warum sie hier war, als sie geradewegs nach einem kleinen Restaurant suchte. Diese Unabhängigkeit zauberte ihr ein Lächeln aufs Gesicht. Sie konnte einfach in einem fremden Land losgehen und musste sich um nichts kümmern, außer nett essen zu gehen und ihre Freizeit quer im Land zu verbringen. Egal wo sie zu welcher Zeit war. Wäre da nicht ihr Ziel, wäre es ein schöner Urlaub. Schade, dass Lys mittlerweile zu vernarrt war. So ein Mädelsurlaub hätte etwas gehabt.
Ahalya gönnte sich die Träumerei, während sie diesen Tag in Frieden zu Ende gehen ließ. Morgen würde ein langer Tag werden. Wann immer sie ans Ziel kam, würde grausam werden. Ganz gleich, welches Ergebnis auf sie wartete.

Nach einem großen Frühstück, begab Ahalya sich auf die Suche nach dem Mann, auf den sie es abgesehen hatte.
Und so leicht war das gar nicht, in gebrochenem Englisch das Richtige aus den Beamten in Italien und von Leuten auf der Straße herauszubekommen. Als wüssten sie, wer er war und wer sie war. Als würden sie ihre Absichten kennen.
Sie wurde von Minute zu Minute misstrauischer. Bald würde sie noch Paranoia überkommen.
Als Ahalya merkte, dass sie bereits im Laufschritt ihr Ziel ansteuerte, hielt sie ruckartig an. Sie musste sich benehmen wie ein wildes Tier. Gehetzt, wachsam. Schnell.
Sie hatte nun mehr nicht nur den Namen und den Ort. Sondern auch die genaue Adresse. Sie konnte es einerseits nicht abwarten. Andererseits sollte sie sich eventuell überlegen, was sie sagen wollte, wenn es soweit war.
Wie begegnete man einem Mann, der die eigene Mutter vergewaltigt hatte? Bereute er? Und wie reagierte man darauf? Oder hatte er das Ganze verdrängt?
Ahalya senkte den Blick und führte ihren Weg weiter fort, doch dieses mal ging sie mit mehr bedacht.
Sie schaute nochmal auf den Zettel und bog dann in die Straße, auf der dieser Mensch wohnen sollte. Ihre Mutter hatte gesagt, sie wünschte sich, dass sie ihre Gabe hätte und würde es augenblicklich tun.
Sollte Ahalya ebenso handeln? Augenblicklich jemanden umbringen? Vielleicht gar nicht zuhören, sondern handeln? Jedenfalls wäre es der einfache Weg.
Sie hob die Hand zum klopfen an die Tür.
Oder der andere Weg.
Sie atmete tief ein und überwand sich dann an die Tür zu klopfen.
"Anybody there?!", rief sie. Vielleicht war es ja das falsche Haus. Wenigstens konnte der Typ, auf den es ankam Deutsch. Langsam war ihr das Englisch gelaber zu anstrengend.
Es tat sich eine Weile nichts, dann machte ein kleinerer, älterer Mann auf. Derselbe wie von den Bildern. Trotz, dass sie die Bilder kannte, hatte sie... etwas anderes erwartet. Aber gut, damals waren beide jung gewesen.
"Bist du..", Ahalya brach ab und reichte ihm den Zettel.
Der Mann nahm ihn und runzelte die Stirn.
Eine Frauenstimme rief etwas auf italienisch aus dem Hinterzimmer. Er antwortete mittellaut und gab Ahalya den Zettel dann zurück.
"Der bin ich. Was willst du?"
Misstrauen schwang in seiner Stimme mit. Dabei konnte das Leben ihn kaum bis nach Italien verfolgt haben. Tja, allerdings hatte es sein Sohn ja auch geschafft. Wut flammte wieder in Ahalya auf. Wozu die Zurückhaltung?! Er hatte genug Möglichkeiten gehabt, sich zu rehabilitieren. Spätestens als Aaron ihn in seinem dreckigen Versteck gefunden hatte. Was tat er stattdessen? Hatte er ihm irgendetwas erzählt? Das konnte er nicht. Sonst hätte Aaron aufwachen müssen.
"Ich muss mit dir reden", sagte sie fest. Sie entschied sich kurzerhand zu duzen, da er in ihren Augen den Respekt des 'Sie' nicht verdient hatte.
Er schien zu überlegen, sie abzuwimmeln. Aber irgendetwas überzeugte ihn offenbar dazu, ihr nachzugeben. Wenn sie sich gerade in die Augen schauen könnte, wäre ihr klar, was es war.

"Na schön", brummte er und rief seinen Mitbewohnern etwas zu, ehe er rausging. Die warme Luft erlaubte es, ohne eine Jacke rauszugehen.
Ahalya wollte den Weg bestimmen und lief immer eine Nasenlänge voraus. So führte sie ihn Richtung Strand, in die Einsamkeit des Sonnenuntergangs. Das missfiel ihm.
Was denn, hatte er jetzt Angst vor Frauen?
"Also", begann er. "Was willst du so dringend von mir? Du bist doch nicht von hier".
Sie ignorierte seine Feststellung.
"Ich will mit dir über meine Mutter sprechen", erwiderte Ahalya und mittlerweile war ihre Stimme kühl wie die Abendluft.
Erst kam ein reflexartiges Lächeln auf die Lippen des Italiener, dann grenzte es sich wieder etwas ein.
"Du warst ihr erster Freund, da war sie Minderjährig. Und hast sie vergewaltigt", Ahalya spuckte das Wort förmlich vor sich aus und dem Mann verging endgültig sein dummes Lächeln.
Er schien nach Worten zu suchen.
"Schickt sie jetzt ein Balg von sich nach dem Anderen? Ich meine, wir waren zusammen. Und es ist nie rausgekommen. Warum jetzt? Was soll das?" fragte er und Ahalya verliehen seine Worte die richtige Portion Aggression. Sie spürte wie ihr Herz langsamer schlug.
"Dachtest du, die Vergangenheit würde dich nie einholen? Und was heißt, ihr wart zusammen? Bedeutet das, sie muss sich dir hingeben, wenn dir danach ist?" fragte Ahalya hitzig und warf ihm einen tödlichen Seitenblick zu.
"Ich.. nein.. oder. Dafür ist man doch zusammen. Und sie hat sich nicht gewehrt, nachher. Ihr hat es doch gefallen. Das ist doch der Reiz. Aber was erzähl ich einem Kind das. Das wirst du noch früh genug merken", meinte er und Ahalya merkte, was er sich all die Jahre eingeredet hatte.
Als er schloss, dass sie ja nur ein Kind war- ein fast 30 jähriges Kind, musste Ahalya innerlich ergänzen- hatte sie sich nicht mehr unter Kontrolle.
Sie packte den Mann beim Kragen und drückte ihn mit unerwarteter Kraft gegen ein kleines Strandhäuschen.
"Das ist es, was dich disqualifiziert hat, kleiner Mann!" zischte sie und funkelte ihn bösartig an. Langsam schienen ihm die Felle davon zu schwimmen.
Er wollte nochmal das Wort erheben, aber sie ließ ihn nicht. So hatte genug gehört und sie wollte nicht zu lassen, dass er sagte, was sie hören wollte. Vielleicht war das hier jetzt falsch. Aber sie hatte sich im Grunde schon lange entschieden.
"Und du hattest nicht einmal die Courage zu bleiben! Weshalb? Familienehre? Geld? Weißt du was? Es ist mir egal! Aaron mag dich anbeten und dir deine Lügen glauben. Aber ich glaube dir nicht. Dir ist nie eine Strafe zu Teil geworden, die du verdient hättest. Dafür das du jemandes Leben versaut hast. Während du dir hier ein Nettes gemacht hast. Aber jeden holt die Vergangenheit irgendwann ein!" fauchte sie, mittlerweile endgültig aufgebracht.
Sie stieß ihn weg und wich zurück, um mehr Platz zu haben.
"Lauf... lauf.." warnte sie ihn und ihre Stimme verlor sich zuletzt, als eine seichte Briese ihre Gestalt fortwehte und ein schwerer, großer Wolf vor ihm erschien. Die Pfoten kratzten im Sand und das Fell sträubte sich. Metall scharbte aneinander und tausend kleine, weiße Nadeln zeigten nun mit ihren gefährlichen Spitzen nach außen.
Der Mann schaute sie schockiert an und drehte sich dann auf der Stelle um und rannte los.
Ahalya ließ sich nicht zweimal bitten. Sie hatte noch nie einen Menschen gejagt. Als Wolf schien es ganz leicht zu gehen, doch fütterte sie ihren Instinkt immer wieder mit der Wut und dem Hass, den ihre Mutter ihr auf diesen Menschen gemacht hatte.
In diesem Gewissen sprang sie ab und riss ihre wehrlose Beute um. Beenden tat sie es dafür schnell.
Ein gezielter Biss genügte und die Gischt färbte sich rot.


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BeitragThema: Re: Ahalyas Rache   Ahalyas Rache EmptyFr Jun 16, 2017 7:34 pm




Wind umwehte das rabenschwarze Haar. Ahalya schloss die Augen und hob den Kopf, um ihn auf ihrem Gesicht zu spüren.
Regen lag in der Luft.
Sie atmete sie ein letztes Mal ein und stieg dann ins Flugzeug.
Ob Rache süß war?
Sie ließ das Gefühl genaustens auf sich wirken und konnte mit Sicherheit sagen: Das war sie nicht. Sie spürte keine wohlige, süße Genugtuung.
Da war etwas in ihr, ein Gefühl in ihrer Brust. Eine unerklärliche Kälte.
Hier, in Reggio Calabria, war ein Teil von ihr gestorben.
In dem Moment, wo der letzte Hauch diesen Mann verlassen hatte, hatte sie nicht nur einen Menschen getötet.
Sondern auch ihre Unschuld. Die Unschuld, die zwischen einem Wesen und dem eigenhändigen Töten stand. Dem Töten von etwas, dass keine wirkliche Bedrohung mehr dargestellt hatte.
Sie konnte nicht in ihr altes Leben zurückkehren. Nicht wirklich.
So nahm sie dieses kühle Schwarz in sich auf, dass ihrem Herzen die Macht gab, zu glauben, man könnte darüber entscheiden, wer es verdient hatte zu leben und zu sterben. Ihre Mutter hätte es wohl anders aufgenommen, hätte sie selbst die Möglichkeit gehabt. Es war immer anders, wenn es jemanden direkt betraf. Aber um ihretwillen, verbot sie sich jede Reue.


Die nächsten Monate vergingen wie im Zeitraffer. Sie bekam wieder Träume. Dieses mal war sie es, der Wolf in Ketten. Dann sah sie sich wieder jagen und töten und zerriss eine der schweren Ketten die sie hielten.
Sie tobte, wie verrückt und heulte zum roten Mond.
Dieser Traum begleitete sie eine Weile, bis er immer mehr verblasste.
Lys, ihre Freundin, ging die Heirat mit ihrem Mann ein und Ahalya wohnte ihr bei. Sie beneidete ihre Freundin beinahe für ihr Glück, aber sie wünschte es ihr auch. Wohlwissend, dass ihr das nicht mehr möglich war. Sie würde sich endgültig nicht mehr darauf einlassen.
Auf Männer war ihr gründlich die Lust vergangen.
"Ich freu mich so für dich. Genieß es", sagte Ahalya lächelnd und drückte ihre aufgeregte Freundin.
"Ich lebe den Traum, Ash. Du bist die Nächste, das ist mein größter Wunsch!" flötete Lys und fiel ihr um den Hals.
"Und gute Besserung an deine Mutter", verabschiedete sich Lys mit einem sanften Lächeln in die Flitterwochen.
Ihre Mutter. Ja. Sie war ziemlich krank geworden. Aber das würde sich geben. Vielleicht war einfach etwas von ihr abgefallen. Ein Problem, dass sie begleitete seit sie 16 war, war nun immerhin fort.

Sie besuchte Ahalya als nächstes zu Hause. Diese wusste genau, dass sie sich verabschieden wollte.
"Wo immer es dich hinverschlägt. Ich wünsche dir alles Glück der Welt", flüsterte ihre Mutter und drückte sie fest. Ahalya erwiderte die Umarmung, bei der ihr eine Träne die Wange herunter rann. Nun gab es kein Zurück mehr.
"Versprochen. Wenn ich mich gefunden hab, dann melde ich mich. Dann wirst du mich besuchen kommen", sagte sie lächelnd und ging aus der Tür.
Nachdem sie sich ins Auto gesetzt hatte, machte sie eine letzte Tour durch ihre Heimat. Erinnerte sich an ihr altes Haus, an die Bäume, auf denen sie als Kind gespielt hatten.
Wer hätte gedacht, dass das nicht ihre Welt war? Sie spürte, wie sie etwas weit weg von hier zog.
Sie schloss kurz die Augen und ließ etwas los, tief in ihrem Inneren.
Dann fuhr sie los und blickte nicht mehr zurück.

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