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 Silberblut

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Silberblut - Seite 3 Empty
BeitragThema: Re: Silberblut   Silberblut - Seite 3 EmptySo Jul 23, 2017 3:48 pm



Wiedervereinigung






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Es dauerte nicht lange, da waren Fabs und Jay bei Ruby eingetroffen und wurden von ihr ins Trockene gebracht. Zunächst war das Ganze absolut neutral, doch sobald sie in der stillen, vergleichsweise engen Wohnung von Ruby waren, war das anders.
Unangenehme Stille breitete sich aus. Die Jungs sahen sich an und tauschten mit Ruby schließlich einen Blick. Wieder waren sie in Menschengestalt, wieder waren sie unschlüssig. Doch dieses eine Mal, machte Ruby ihnen einen Strich durch die Rechnung.
"Hört zu. Mir ist egal, was ihr jetzt denkt. Und ich habe weder Zeit, noch Lust, das Ganze super sensibel anzugehen, weil.. Hallo? Ich bin hier die Frau. Und wenn ich das nicht brauche, braucht ihr das auch nicht. Zweitens, deshalb sage ich dir hier und jetzt Fabs: Nie wieder so eine Aktion. Aber du kannst dem Rudel wieder beitreten wenn du willst. Ich bereue deinen Ausschluss für die Zeit aber nicht, das hier ist kein Rückzieher. Also bitte. Deine Entscheidung: Jetzt!", sagte Ruby fest und schaute in das überraschte Gesicht von Fabian, der ihre strenge, entschlossene Art gar nicht kannte.


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"Na schön, ja", sagte er etwas unter Druck gesetzt. Schließlich wollte er auch wissen, was los war.
"In Ordnung und jetzt hört zu. Ich habe jemanden getroffen, einen sehr mysteriösen Typen. Anders als alle Silberblüter zuvor. Und er erzählte mir von einem anstehenden Krieg und das wir alle da sein müssen um zu helfen. Das wird das Schattenrudel betreffen, aber wenn dieser Wolf erst einmal an der Macht ist, wird das nicht dort bleiben. Er hat vor alle Menschen zu versklaven und zu seiner persönlichen Jagdbeute zu machen. Die Rede ist vom größten Rudel der Welt. 27 Killermaschinen sind auf dem Weg hierher. Uns bleibt nichts übrig, als den Kampf anzutreten. Und mehr noch. Wir müssen die Rudel vereinen. Zuerst das Waldrudel, denn vor ihrem Wald wird das Ganze stattfinden. Dann das Eisrudel. Sie kann man noch damit locken, dass sich jemand gegen Fenrir stellt. Ihre Ehre wird sie verpflichten. Das Waldrudel wird schon schwieriger, aber wir brauchen jeden Wolf, ob kampffähig oder nicht. Wir erreichen nicht einmal zusammen die Größe unserer Gegner und unterliegen auch mit dem Schattenrudel ihrer Kampfkraft. Sprich, es wird ein Himmelfahrtskommando, welches schlimmstenfalls mit dem Tod endet", schloss Ruby und wurde zuletzt leiser und senkte den Blick. Keiner von ihnen war verpflichtet dabei mit zu machen und jetzt war sie gezwungen, alles auf eine Karte zu setzen. Sie musste kämpfen. Es ging kein Weg daran vorbei. Ob ihre Rudelmitglieder mitmachten, war die andere Sache. Hier würde sich entscheiden, aus welchem Holz sie und damit das kleine Rudel waren.

Es dauerte einen Moment und Ruby betrachtete die Beiden wieder, ließ den ganzen Text erst einmal auf sie wirken.
Jay war wie erwartet der Erste, der die Worte wiederfand.
"Wow. Aber.. ich habe dir gesagt, ich werde dir wann immer beistehen, also... Auf mich kannst du zählen. Wirst du immer können", sagte er leise und legte als Zeichen seine Hand auf ihren Tisch.
Fabs war schon unschlüssiger. Jetzt war er soeben wieder beigetreten und schon trudelte eine solche Hiobsbotschaft ein.
"Es betrifft uns alle Fabs. Ob du kämpfst oder den bedrohten Zivilisten miemst, macht keinen Unterschied. Die Chancen erhöhen sich allerdings beträchtlich, wenn du mit uns kämpfst", sagte Ruby und zuckte die Schultern. Natürlich war es ihr nicht gleichgültig, doch dies war eine Entscheidung, die er selbst treffen musste.
"Nein, ich bin dabei. Ohne Zukunft lebt es sich nicht so schön", er lächelte schwach und Ruby nickte. Dann war es also beschlossene Sache.
"Es tut mir Leid, wenn ich euch wieder um eine Reise bitten muss. Aber.. ich werde mein Leben jetzt liegen lassen und gehen. Es gibt für mich keine andere Lösung", sagte sie leise. Jay stand sofort auf und willigte ein. Fabs schließlich auch etwas entschlossener. Sie kämpften bald um ihr Leben. Die irdischen Dinge rückten das allererste Mal ernsthaft in den Hintergrund und machten den unglaublichen Dingen ihres neuen Lebens platz.
"Na schön. Dann", sie machte eine ausladene Handbewegung in Richtung Ausgang und schloss die Haustür hinter sich ab. Es würde eine lange Reise, denn sie würden nur bis zum Waldrudel fahren. Den Rest musste es mit öffentlichen Verkehrsmitteln gehen. Tragischer war es das verwilderte Eisrudel über denselben Weg bis in die Pfalz zu eskortieren. Das alles würde weitaus genug Zeit in Anspruch nehmen. Tagesmärsche, lange Fahrten und die Zeit rannte gegen sie. Sie mussten sofort handeln.

Dieses Mal rührte das Schweigen während der Reise nicht daher, dass sie sich gegenseitig nichts zu sagen hatten. Alle versuchten das Kommende zu realisieren.
"Und du glaubst, was dieser eine Wolf dir gesagt hat? Was, wenn er blödsinn erzählt hat?" fragte Jay zwischendurch in die Stille. Da hatten sie schon dreiviertel des Weges.
"Ich habe es gespürt. Es ging etwas.. so seltsames von ihm aus. So jemand scherzt nicht mit diesen Dingen. Ich werde Sura zu Rate ziehen, sie wird es wissen", sagte Ruby leise. Ihr waren diese Gedanken auch schon gekommen, natürlich. Aber es war etwas, dass sie nicht erklären konnte, was sie überzeugte. Und das war wichtig. Denn wenn es nicht stimmte und sie taten etwas, dann war das Ganze später unter ein interessantes Abenteuer zu verbuchen. Sicher, die Arbeit, das Leben. Alles blieb liegen, konnte aber wieder aufgenommen werden. Wenn sie allerdings diese Warnungen ignorierten und alles laufen ließen, dann waren die Konsequenzen sehr  viel schlimmer, wenn es dann doch eintraf. Und es passte ja auch. Sie hatte das Schattenreich gesehen. Von dort kam Kaya, einer Parallelwelt im Reich eines Gottes und dennoch hatte sie sie aufgesucht und ihr einen Auftrag erteilt. Diese Wölfe waren zu wichtig, um einen riesigen Scherz daraus zu machen. Sie hatten nichts davon Freund und Feind gegen einen neuen Feind zu vereinen, wenn er nicht existierte.


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Die drei Wölfe waren schon ungewohnt geübt darin, irgendwo einzudringen, sich unbemerkt zu verwandeln und geradewegs zu einem Rudel vorzustoßen. Wie die wohl schauten. Nach einem halben Monat waren ihre Gäste bereits zurück.
Und tatsächlich war Desna die Erste, die besorgt vortrat, als sie das Lager erreichten. Alle schauten neugierig, doch verwirrt, irritiert und trauten sich nicht, an Desna vorbei zu treten.
"Was ist geschehen?" fragte Desna sofort und Ruby unterhielt sich das allererste Mal direkt mit der rotweißen Wölfin.
"Ich habe keine frohe Kunde. Ich muss mit dir und Sura in Ruhe reden. Alleine", sagte Ruby bestimmt, was einiges Protestknurren mit sich brachte, aber sowohl Ruby als auch Desna setzten ihre Rudel sofort bestimmt still.
Desna nickte und wandte sich ab, ehe sie lostrabten um Sura's Druidenlichtung zu erreichen. Diese erwartete sie bereits mit einem traurigen Gesichtsausdruck und Ruby glaubte nicht daran, dass ihr Fenrir nichts mehr mitteilte, in diesem Augenblick. Tapio müsste doch für Avilox sein. Immerhin war eine freie Jagd auf jedes Lebewesen in einer Anarchie doch auch die ultimative Jagd?
Sie wartete, bis die Beiden ihr gegenüber saßen und begann dann die Geschichte zu erzählen. Dieses Mal erwähnte sie auch Zerafin namentlich, in der Hoffnung, sie hätten von diesem Silberblut schon mal gehört. Desna war ratlos, doch Sura, die oft weiter über den Tellerrand blickte, als es schien, war er ein Begriff.
"Zerafin gibt es seit Menschengedenken. Man sagt, er war eines der ersten Silberblüter. Um ihn ranken sich viele Gerüchte, nicht Wenige selbst von ihm in die Welt gesetzt. Man sollte Vorsicht walten lassen bei ihm. Er wechselt seinen Standort regelmäßig, ist mehr unter Menschen als unter Tieren oder der Natur und genießt seine Unsterblichkeit, um zu leben wie ein Phantom. Es ist allerdings durchaus möglich, dass er eine solche Information besitzt. Zerafin weiß ungewöhnlich viel, aber teilt davon nicht viel. Kaum einer ist ihm je persönlich begegnet", sagte Sura und musterte Ruby abschätzend. Normalerweise war die rote Wölfin ebenfalls sehr vorsichtig, doch ein unerklärliches Gefühl sagte ihr, dass Zerafin in diesem Falle zu trauen war.

"Was ist mit Fletscher?" warf Desna ein und erntete einen überraschten Blick von Ruby.
"Fletscher verkauft Informationen wie ein Schwarzmarkthändler seine Drogen. Die Information über einen anstehenden Krieg wäre ihm alles Wert und er weiß schon bedeutend viel", schloss Desna.
"Vielleicht ist er aber auch gekauft", entgegnete Sura. "Oder Jemand, der zu selbstbewusst war oder es nicht besser wusste, hat Zerafin diese pikante Information zukommen lassen."
"Wie sollte ein Obdachloser im Wald denn an Infos aus Kanada kommen? Also, Fletscher"
, fragte Ruby zweifelnd.
"Unterschätze den zerfledderten Wolf nicht. Er hat so viele Kontakte, dass mich seine Lage wundert", meinte Desna, die langsam begann an ihrer Vermutung festzuhalten.
Sura schüttelte den Kopf.
"Ich habe diese Nacht das erste Mal wieder eine Vision von Fenrir gehabt. Er hat einst seinen Blick vom Waldrudel abgewandt. Nun haben seine räuberischen Augen den Hirsch vertrieben. Da muss etwas dran sein. Das Schattenrudel würde niemals unsere Hilfe ersuchen, wenn es sie nicht dringend bräuchte. Das könnte auch ein Grund für Ruby's Erscheinen hier und im Norden beim Eisrudel sein", vermutete Sura.
Desna seufzte leise. Dieses Thema ließ sich also definitiv nicht abwiegeln. Das hätte sie sich allerdings viel mehr gewünscht.
"Ich werde einen Rudelrat einberufen. Hier geht es um Krieg und ums Kämpfen und das ausgerechnet für Fenrir, den Verflucher", gab sie leise von sich, erhob sich und ging zurück ins Lager. Das würde lustig, dachte Ruby. Das Eisrudel hier zu integrieren, bis der Kampf stattfand. Der Verflucher...
Ruby wollte ihr gerade folgen, als Sura neben sie trat.
"Bring deinen Standpunkt unumstößlich und gut vor. Gewichte deine Argumente auf das, was das Waldrudel betreffen wird. Ich spüre, dass dein Anliegen allerhöchste Wichtigkeit hat, doch Desna wird der Mehrheit das Wort geben. Ihre engstirnigen Meinungen könnte uns einen Untergang unvorstellbarer Größe und Tragweite bescheren."
Ruby sah Sura direkt in die Augen und nickte entschlossen. Ihre Unsicherheit, ihre schüchterne Verklemmtheit. Alles war wie fortgewaschen. Jetzt kam der große Augenblick.


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Desna hatte eine Lichtung ausgewählt, die durch die Herbstsonne gut beleuchtet war und in ein schönes dunkles Rot-Orange getaucht wurde.
Sie selbst saß auf einem Felsbrocken, neben ihr reihten sich die Druiden auf dem Waldboden ein. Ruby setzte sich vor den Fels, über sich Desna und die Jäger platzierten sich in einem Halbkreis vor ihnen. Abwartend.
Desna erhob das Wort, rief alle zur absoluten Ernsthaftigkeit auf und das erste Mal sah Ruby die Jäger die Ohren spitzen, mit solchen ernsten, harten und entschlossenen Blicken, dass sie in ihnen durchaus kleine Krieger sah.
Dann bekam Ruby das Wort und sagte dem Rudel, was ihr mitgeteilt worden war. Allerdings hielt sie Argumente, wie die Unterbesetzung des Schattenrudels zurück, ebenso das Fenrir in seiner Position bedroht war. Sie gewichtete all ihre Worte mit Bedacht auf den Feind.
"Um euch das noch einmal klar darzulegen: Avilox, ein in seinen Reihen gefürchteter, diktatorischer Alpha, will sich selbst zu einer Gottheit ernennen. Keinen Gott wird er neben sich akzeptieren. Jeder, der seinem Befehl oder seinen Ansichten nicht gerecht wird, wird getötet, versklavt oder in Ketten gelegt. Er will der Welt ihre Freiheit berauben und jedem Rudel, welches nicht regelmäßig an Schlachtfesten teilnimmt. Und, auch wenn ich das jetzt ungern so sage. Denkt dran, dass es jahrelang reine Männerrudel von Mördern und Schlimmerem waren und bis heute sind. Die Konsequenzen werden jeden von uns betreffen, ausnahmslos."
Spätestens beim letzten Abschnitt wurden die ersten Zähne gefletscht und Ruby war ganz fasziniert, wie konzentriert das Waldrudel ihr lauschte. Sie schaute zu Sura und diese nickte ihr ernst zu.
"Nun ist es so, das Avilox zugleich auch das größte Rudel führt, dass es zurzeit gibt. 27 kampferfahrene Kriegerwölfe, die nur durch Gewalt und Stärke in Schach gehalten wurden und nach Blut heulen, wie jeder andere Wolf zum Mond. Wir können uns sicher sein, dass sie wissen, wie man Silberblüter... oder Wandler, außer Gefecht setzt. Sonst würden sie keinen Krieg gegen ein magisches Reich anzetteln. Bitte, seid vernünftig. Nur das Schattenreich steht zwischen uns und diesen Barbaren", schloss Ruby ruhig und mit einer letzten Bitte. Dann erteilte Desna den Anderen das Wort.


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"Wir waren jahrelang gegen den Verflucher und seine verdammte Unterwelt. Wieso sollten wir jetzt für sie kämpfen? Sie haben es verdient, in ihre Schranken gewiesen zu werden", meinte Ahalya dickköpfig. Sie hasste Fenrir zusammen mit Chena am meisten, auch wenn bei ihr das Argument mit dem Barbarenrudel durchaus gezogen hatte.
"Das ist die Wahl zwischen Pest und Cholera. Diese Welt ist groß, auch für 27 Streithähne. Und dieser Führer ist so sterblich wie wir und wird niemals in ein Götterreich aufsteigen oder ein Gott werden wie es die Götter sind. Er wird auch nicht am Schicksalstag seine Ketten zerreißen, um den Allvater zu töten. Geben wir ihnen doch den Vorzug und dünnen sie dann aus. Dann haben wir zwei Krankheiten besiegt", meinte Chena hochmütig. Drisana schüttelte vehement den Kopf.
"Ich bitte euch. Wir können unmöglich an zwei Fronten kämpfen. Und ja, ich weiß, ihr verachtet das Schattenrudel, aber sie sind wirklich Wenige. Sie werden das Rudel kaum ausdünnen. Das Schattenreich ist derzeit unser Nachbar. Uns werden vor oder nach dem Kampf fast 30 Wölfe überrennen, das können wir nicht abfangen. Mit keiner List der Welt. Bleibt realistisch. Das hier ist kein Spiel. Eine fatale Entscheidung kostet uns alles, was wir haben", sagte Drisana so besonnen, wie fest. Sie brachte ihren Standpunkt vor, ohne das ein Knurren sie unterbrechen konnte.
"Wozu eigentlich die Aufregung? Was, wenn dieser Kerl nur versucht, etwas Action reinzubringen und gar nichts da dran ist? Auch das Schattenrudel kann Ruby für andere Dinge brauchen oder einfach nur veralbern, weil ihnen langweilig ist. Nichts für ungut", meinte Malin, trotzdem legte Ruby mit gebleckten Zähnen die Ohren an. Sie war doch keine Puppe.
Auf einmal meldete sich jemand aus den Reihen, von dem sie es am Wenigsten erwartet hatte. Der schwarzbraune Wolf Fabs.
"Es ist aber kein Murks, was sie erzählt. Kaya hat selbst, wenn auch durch die Blume gesagt, dass diese Reise hier kein Spaß war, sondern einen Zweck verfolgte. Es ist doch so, das nur Ruby die Kampfkraft der Rudel vereinen könnte", meinte er und Ruby schaute ihn überrascht an. Viel mehr als Jay und das gefiel ihr nicht. Er hatte es gewusst.

"Das Eisrudel?! Das wird ja immer besser. Wir heißen Feinde in unseren Gefilden willkommen? Wir geben alles auf, wofür wir stehen, plus unseres Stolzes!" meinte Chena fauchend.
"Unser Stolz ist einen Scheiß gegen den wahren Feind. Lieber lade ich Sam und sein Gefolge für drei Abendessen ein, als Avilox Killerrudel. Was hast du geglaubt, dass du 27 Wölfe alleine besiegst? Wo bleibt dein Stolz denn, wenn sie kommen und uns holen. Dann siehst du den Jüngsten hier in die Augen und stehst zu deiner Einstellung!" grollte Vineeta, so dunkel und böse, wie Ruby sie noch nie gehört hatte und mit solcher Macht, das Chena die Ohren zurücklegte, aber verbissen den Kopf senkte.
"Die Starrköpfe, die für ihren 'Stolz' über ihre eigene Leiche gehen würden, haben jetzt lange genug das Wort gehabt. Hier geht es um unsere Familie! Um euer Zuhause! Ist es euch nicht einen Deut wert zu kämpfen? Wenn es so ist, verlegt euch woanders hin. Dann habe ich mich all die Jahre um Nichtsnutze gekümmert und sie haben nichts gelernt, gefangen in ihrem Dogma. Wie kann man nur so versperrt sein? Dieses Rudel bedroht meine Familie. Und bei der Wahl, ob ich ein Blutbad an ihr vorziehe oder meinem Erzrivalen die Hand für einen Kampf reiche, fällt mir die Entscheidung nicht schwer", sagte Vineeta fest. Ruby begann wieder zu zählen. Zwei dafür, zwei scheinbar dagegen. Doch gerade Chena musste mitkämpfen.
"Für mich ist es keine Frage. Ich sehe es wie Vineeta. Jeder, der sich gegen den Kampf stellt, stellt sich auf Avilox' Seite und verbannt sich folglich aus meiner Familie. Keinen hier, der auch nur darüber nachdenken muss, ob er Avilox die Führung über diese Welt und Millionen Leben gibt, will ich länger Bruder oder Schwester nennen", sagte Vito bestimmend und sah dabei besonders die beiden Druidinnen an. Die Zwei fletschten die Zähne, aber antworteten nicht.


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"Man muss es nur aus der Ego-Perspektive betrachten. Lieber lebe ich so wie jetzt, als ein Leben in der Anarchie. Hier, in unserem Rudel, leben Wölfe, die einst missbraucht, misshandelt und versklavt worden sind. Jeder, der seinen Stolz und seine Engstirnigkeit gegen Fenrir und das Schattenrudel nicht wenigstens über diese Zeit überwindet, spuckt auf diese Schicksale und ihre Träger. Ihr seid Heuchler an euch und eurem Rudel."
Diese bestimmte Rede kam zu Ruby's Überraschung von Malin und manchmal wunderte sich Ruby über seine Stimmgewalt. Die beiden Rebellinnen verstummten.
"Wenn ihr es wirklich nicht für unsere Gemeinschaft tun würdet. Aus welchem Grund auch immer. Dann tut es wenigstens für euch selbst und besitzt danach den Anstand, zu gehen", sagte Clay leise, doch jeder verstand Wort für Wort genau.
Ahalya sah man das schlechte Gewissen mittlerweile an, nur Chena blieb trotzig. Doch Ruby ahnte, dass auch sie nur nicht zugeben wollte, dass sie ihre Meinung geändert hatte.
Mit den starken Rednern war ein Stein ins Rollen gekommen.
"Wo immer ein Kampf stattfindet, bin ich dabei", meinte Mahila knapp und Sarama stimmte ebenfalls zu. Für alle Schicksale, die gebrochen worden waren und sie wieder aufgebaut hatten. Die es zu schützen galt.
Sila und Sura lagen auf der Hand und Desna schien selbst ziemlich überwältigt von den kleinen Reden.
"Dann steht es fest. Wir ziehen in den Krieg. Zusammen mit dem Eisrudel. Wenn Ruby sie dazu bringen kann, stehen unsere Wälder ihnen offen. Solange sie sich benehmen", sagte Desna. Nun erhob Chena fatalerweise noch einmal das Wort.
"Und das Schattenrudel? Wie viele sind es und werden auch sie kommen?" fragte sie eisig. Ruby warf einen Blick zu Sura.
"Das Schattenrudel wird nicht kommen. Sie werden sich in ihrem Reich selbst eine Taktik ausarbeiten", antwortete sie nach einer kurzen Atempause der Stille.
"Dann brauchen sie unsere Hilfe auch nicht."
Chena's Worte fielen wie ein Stein auf den Boden, dann stand sie auf und verließ die Runde. Desna knurrte dunkel, doch Sura schüttelte den Kopf.


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"Ich werde sie zur Vernunft bringen", beruhigte sie Desna und schaute dann ein letztes Mal in die Runde. Jay stand auf.
"Warum kommt das Schattenrudel nicht?" fragte er vorsichtig. Ruby wusste nur, dass sie das Reich nicht alle verlassen durften. Ob es eine Art Bann war?
"Das Schattenrudel umgibt auch jetzt weit mehr Magie als alle anderen Wandler. Sie sind Geschöpfe halb irden, halb aus Fenris' planarem Reich. Das Schattenreich ist ein lebender Organismus. Es wächst von Tag zu Tag. Und wenn der letzte Schattenwolf es verlässt, stürzt es in sich zusammen. Bitte habt Vertrauen in Jame's Kriegsführung. Sie sind wandelbarer, als jeder von uns und werden sich mit uns Zusammentun. Seid offen und gebt ihnen eine Chance. Jedem neuen Wolf, der bald kommt. Ihr werdet eine neue Erfahrung machen und darauf sollte jeder hier gefasst sein. Wir werden in diesem Augenblick ein großes Rudel und müssen so eine Weile leben, bis es losgeht. Und das sollte und wird sich keiner von euch wünschen. Ein riesiges Rudel ist kein Ponyhof. Ihr müsst absofort den wahren Feind realisieren und es keine Sekunde lang vergessen. Und seht es mal so. Das Eisrudel muss seine vertrauten Territorien verlassen. Wir treten nicht auf neutralen Grund zusammen. Wenn ihr sagt, ihr habt euch die meiste Menschlichkeit bewahrt, dann will ich gespannt sein." Sura ließ einen mahnenden Blick über das Rudel schweifen und ging dann langsam in die Richtung, in die Chena verschwunden war.

"Ich will nicht drängen. Aber das wird jetzt beschwerlich. Ich werde morgen in aller Frühe gehen- alleine. Bitte pass gut auf meine Jungs auf", sagte Ruby leise zu Desna uns diese nickte. Die Zwei waren informiert, wenn auch unter großem Protest. Aber es ging nicht anders. Sie selbst hoffte, dass das Eisrudel ebenso einfach war, da es um Fenrir ging. Und Iluq war vielleicht ein guter Vermittler zwischen den Rudeln. Das konnte sie jedenfalls nur hoffen.
Ruby übernachtete noch beim Waldrudel. Sie war einfach zu kaputt, um noch weiter zu reisen. Selbst, wenn es nur mit irgendwelchen Verkehrsmitteln war.
Ruby war ziemlich still an diesem Abend und verwandelte sich auch nicht wirklich zurück.
Am nächsten Tag bestand Jay darauf, sie wenigstens zu ihrer Abreise zu begleiten und sie willigte ein.
"Und du bist dir wirklich sicher, dass du diese Reise alleine machen willst? Vielleicht könnten wir helfen. Es bezeugen oder so", meinte Jay leise und zuckte die Schultern.
"Was? Dass das hier keine Falle ist? Ist schon okay, Jay. Ich muss das selbst hinbekommen", antwortete Ruby.
"Wer sagt das? Wir sind doch ein Rudel!"
"Und eben deshalb müsst ihr mich hier vertreten. Wäre es mir nicht zu unsicher, würde ich einen von euch zum Schattenrudel schicken. Aber das lassen wir besser", Ruby versuchte ein Lächeln und stieß ihn sanft in die Seite. Jay merkte bereits, dass er sie nicht umstimmen würde können. Er umarmte sie ein letztes Mal, ehe sie ins Auto stieg und zur nächsten Haltestelle vor. Dieses Starksein und das, was ihr bevorstand, sickerte nur langsam in ihr Bewusstsein vor und es überforderte sie über alle Maße. Doch sie durfte vor den Anderen keine Schwäche zeigen. Auch das Waldrudel gab sich unendlich tapfer. Sie wusste nicht, was auf sie zukam. Aber der Gedanke, was es auf dem Schlachtfeld geben könnte, versetzte sie in Angst und Schrecken.


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Schon bevor sie von der Fähre ging, hatte sie sich so dick wie möglich eingepackt. Je weiter sie in den Norden kam, desto unterträglicher wurde es. Hier wehten um diese Jahreszeit die Schneestürme. Alles war nebelig weiß-blau und ihre Wimpern begannen teilweise aneinander zu frieren. Sie verwandelte sich, als es in den tiefen Schnee ging und der Stahl ihres Fells schützte Ruby ein wenig besser vor der Kälte. Das Eisrudel war ein Nomadenstamm und das machte Ruby zu schaffen. Sie kam am Lager an, in dem sie damals gelernt hatte und es lag verlassen und still da, wie tot. Ein trauriges Bild.


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Alle Spuren waren bereits verweht. Sie schaute in die Ferne und trat schließlich den Weg an, dem Rudel zu folgen. Ging irgendwann in den Trab über, senkte die vor Kälte gelähmte Nase und versuchte die Gerüche herauszufiltern. Sie waren schon eine Weile alt. Bitte, lass sie nicht zu weit weg sein, dachte sie. Sie hatte definitiv keine Zeit für Tagesmärsche. Wer wusste schon, wann das Eisrudel einmal halt machte?
Ruby kam zwischendurch immer wieder an erfrorenen Tieren und Kadavern vorbei. In der Ferne sah sie, wie Leya über einem stand und Zähnefletschend in ihre Richtung blickte. Doch sie wollte nicht zu lange verweilen. Eine Hetzjagd konnte sie jetzt gar nicht gebrauchen. Es war schade, denn gerne hätte sie den Kadaver nach Hinweisen inspiziert. Dieser Zugang war ihr nun verwehrt.
Eine Wand aus undurchsichtigem Schnee versperrte ihr bald schon die Sicht in solche Fernen. Langsam machte sie sich weiter.
Bis in den späten Abend wanderte sie, als sie Heulen vernahm. Sofort spitzte Ruby die Ohren. Diese Stimme kannte sie. Also verlor sie keine Zeit zu antworten und lauschte sofort wieder. Einen Augenblick lang herrschte Totenstille.
Dann hörte sie die Rufe näherkommen und lief nun ebenfalls rasch los und wetzte durch den Schnee. Tatsächlich wiesen sie ihr Erscheinen nicht ab. Das war doch recht positiv. Sesi und Blue waren die Ersten, die ihr entgegenkamen und bellend um sie herumsprangen, dann heulten sie gemeinsam.

In ihrem Kopf überschlugen sich die Stimmen.
"Ruby! Ruby, was machst du hier? Wurdest du wieder geschickt?" fragte Sesi aufgeregt und Blue trat vor sie.
"Du hast keine guten Nachrichten, hab ich recht?" fragte sie besorgt und Ruby schüttelte den Kopf. Die hatte sie wahrlich nicht.
"Sam wird das hören wollen. Wenn du dir diesen Weg gemacht hast, wird es für seine Ohren bestimmt sein", meinte Blue fest und eskortierte Ruby zum sich sachte nähernden Rudel. Jeder schaute relativ neutral, nur Suka hatte einen sehr argwöhnischen Blick und beobachtete jeden Schritt, den Ruby tat.
Ruby war frei und stand darüber. Sie trat stolz und wie eine echte Alpha vor Sam und offenbarte ihm ihr Kommen und das es eine sehr dringende Sache war.
Dieses Mal hielt Eska sich zurück. Er nahm sie, Ruby und Blue mit, als die Wölfe auf Abstand gingen, um in Ruhe zu kommunizieren. Der Rest musste warten.
Ruby erzählte den Dreien also ihre Geschichte und erzählte auch von Zerafin.
"Zerafin ist ein Strolch. Und ein wenig Vertrauenswürdiger noch dazu. Wieso sollte Fletscher nicht mindestens dieselben Infos haben", meinte Eska zunächst abweisend. Ja, ein großer Schritt für das kalte Rudel.
"Woher willst du wissen, das er sie nicht hat? Und ich glaube das er wenig davon hätte uns zu veräppeln. Ich hatte einst Visionen von einem weißen Wolf und einem Kampf. Sedna hat sie mit mir geteilt. Ich wusste nur nicht, welche Größenordnung er hatte", beharrte Ruby weiter. Sam hatte sich derweil nachdenklich hingesetzt.
"Blue. Versuche in Zwiesprache mit Fenrir zu treten. Eska lasse zwei Jäger nach Fletscher suchen. Mal sehen, was er dazu zu sagen hat. Solange müssen wir warten und uns eine Höhle als Unterschlupf suchen", wies Sam an und jeder folgte seinem Befehl ohne mit der Wimper zu zucken oder ihn in Frage zu stellen. Das war es, was Ruby ja schon ein wenig vermisst hatte.
Wie voreingenommen beide Rudel doch gegen das je Andere waren. Sie hatten viel zu überspitzte Vorstellungen voneinander.
Ruby schritt schließlich an Sams Seite zurück zum Rudel, der sie anwies, einen Unterschlupf aufzusuchen. Sesi und Nanuq fehlten. Also hatte Eska die Zwei losgeschickt.

Es dauerte eine halbe Stunde bis sie einen Unterschlupf hatten. Ruby wartete mehr oder weniger geduldig auf die Rückkehr von den Beiden, aber Blue war eher zurück. Sie verzogen sich wieder vor den Anderen. Das war wieder ungewohnt. Die Jäger und anderen Schamanen immer außen vor lassen.
"Ruby hat recht! Und es kommt noch schlimmer", sagte Blue aufgeregt, die fast geplatzt wäre vor Mitteilungsbedürfnis.
Sam forderte sie auf fortzufahren und Ruby spitzte die Ohren.
"Es stimmt. Avilox führt sein Rudel in den Krieg. 27 Killerwölfe werden aber nicht alles sein. Mit unserer Kampfkraft überrennen sie uns gnadenlos. Ihm schließt sich jedoch noch ein Rudel an. Kenshin's Rudel. Das sind nochmal 15 kampferfahrene Wölfe. Und diverse Individuen unserer einheimischen Einzelgänger schließen sich auch noch an. Das sind beinahe 50 Wölfe. Das wird wahrhaft eine Schlacht", sagte Blue außer Atem und senkte zuletzt den Kopf. Sie wusste nicht, wie sie das kommentieren sollte und auch Sam schwieg sprachlos und nachdenklich.
"Das Schattenrudel ist definitiv unterlegen. Aber sie werden nicht alleine sein, nicht wahr Ruby?" Blue schaute sie an und Ruby wusste, dass sie bereits mehr wusste.
"Ich wurde ausgeschickt um von euch zu lernen, angeblich. Vor allem aber um eure Verbündete zu werden und die des Waldrudels. Um euch letztlich für diesen Kampf zu vereinen. Ich wusste davon nichts Sam, ich schwöre es", beteuerte Ruby unter dem steinharten Blick des Schneewolfs.
"Etwas, das seit Jahrzehnten keiner geschafft hat, willst du wie anstellen?" fragte er kühl.
"Fenrir ruft und ihr seid ihm zu Treue verpflichtet. Es ist sein Wille und es geht um den Schutz seines Reiches. Es tut mir Leid Sam, aber ihr habt keine Wahl" sagte Ruby fest und ließ sich von seiner Abweisung nicht weiter beeindrucken. Sie wussten beide, dass sie recht hatte.
"Das ist kein Grund für diese Blasphemiker vom Waldrudel", entgegnete er.
"Nun ist Fenrir dennoch auf sie angewiesen. Und ich habe mich bereits um sie gekümmert. Avilox' Ziele gehen uns alle an. Keiner wird verschont bleiben, würde er an die Macht kommen. In die Schlacht zu ziehen ist eine absolute Notwendigkeit", beharrte Ruby weiter und schaute Sam fest in die Augen.

Bevor das Ganze zu sehr ausarten konnte, kehrte Eska mit der Information der Jäger zurück.
"Es stimmt, aber er hat nur spärliche Informationen. Jedoch wissen wir jetzt, wie sie dazu kommen zu wissen, wo die Schattenhöhle ist und alles organisierbar wurde für sie. Jax hat seine Finger im Spiel."
Eska sprach den Namen mit solcher Bösartigkeit aus, dass Ruby überrascht zu Blue schaute.
"Einer der verhassten Einzelgänger. Aber keiner, der die Wildnis durchstreift und nervt. Schlimmer. Einer, der noch mit der Menschenwelt verdrahtet ist. Ein Geschäftsmann, der sowohl mit Menschenleben, als auch mit unseren Leben handelt, als wäre es eine Ware. Avilox wird ihn nicht mit Reichtümern überschüttet haben. Aber würde er nicht glauben, dass er der klare Gewinner ist, hätte er sich entzogen. Ich weiß nicht, welche Versprechungen ihn antreiben, aber er handelt nur auf seinen eigenen Bedarf. Das er und Kenshin sich ihm anschließen, bedeutet, dass sie sich hohe Chancen ausrechnen. Kenshin geht eigentlich nie große Risiken ein", meinte Blue. Sam wusste mittlerweile, was gezwungenermaßen auf sie zukommen würde und legte knurrend die Ohren zurück.
"Dann teile ich meine Entscheidung dem Rudel mit. Wir verehren Fenrir und wenn er zum Kampf ruft, werden wir kommen. Auch unter dem Umstand mit dem Waldrudel zusammen leben und kämpfen zu müssen. Ich habe keine Heuchelei predigen lassen. Wenn das unsere Feuerprobe sein soll", sagte er schroff, erhob sich und ging zum Rest des Rudels. Eska, Blue und Ruby blieben zurück. Und es war vielleicht auch gut so. Die tosende Reaktion hörte man bis nach draußen in den eisigen Wind. Geheul, Gekläff, Geknurre und Geschrei unter den Wölfen. Ein lautes Grollen von Sam beendete all den Lärm restlos und Ruby war sich sicher, dass er eine ähnliche Ansage hielt, wie hier.

Als Blue sich erhob, um wieder dazu zu stoßen, folgte Ruby ihr und trat wieder neben Sam.
"Es wird ein langer Weg. Ihn zu gehen würde einen Monat dauern, ohne Pause. Diese Zeit haben wir nicht. Neujahr findet der Krieg statt. Vorher müssen wir auch allen weniger kampffähigen Wölfen die Verteidiung beibringen. Euch also dahin zu bringen wird den menschlichen Pfad gebrauchen. Öffentliche Verkehrsmittel bestenfalls. Vielleicht etwas exotisch in Fellen aufzutauchen", meinte Ruby vorsichtig und ein paar knurrten. Shashi bleckte die Zähne zu einem Grinsen.
"Das lass mal unsere Sorge sein", meldete sich Suka eisig. Ruby senkte den Kopf und trat zurück, ehe sie einen Blick zu Sam warf. Er sollte seine Leute unter ein Dach vereinen, damit sie loskonnten. Es würde anstrengend werden, die Monate in beiden Rudeln. Die Wochen waren schon stressig gewesen. Wie sollte das hier dann erst werden?


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Vor einigen Stunden hatte das Rudel also seinen Pfad der Wanderung abgebrochen und war so nahe wie möglich in Wolfgestalt an die Zivilisation herangetreten.
Shashi und Nukka waren losgezogen, um sie etwas alltagstauglicher zu machen. Wenigstens ein bisschen. Immerhin war es auch nicht überall so verdammt kalt.
Sie waren auch bald schon zurück und verteilten alles unter dem Rudel. Ruby verwandelte sich derweil zurück und kuschelte sich so tief wie möglich in ihre Jacke.
Sie schlief beinahe ein, während die Anderen nacheinander dafür sorgten, sich etwas frisch zu machen. Und bei einigen war das Ergebnis durchaus beeindruckend. Suka, Siku und Sesi, die am ehesten verwilderten Wölfe konnten richtige Hingucker sein. Blue brachte Ruby zum Lächeln, die sich noch mit ein paar Accessoires schmückte und von dem Kunstfell an ihrer Jacke ziemlich passend umspielt wurde. Ein hübsches Mädchen. Es steckte, wie auch im Waldrudel, eine Menge hinter diesen Unsterblichen. Nur sah man es ihnen nicht so gut an.
Sie dachte an Vineeta's Mutterabende und biss sich auf die Lippen. Ob sie sich die wirklich zwei Monate verbieten konnte? Über Weihnachten hinweg sogar? Vermutlich nicht.
Von den Rudeln wollte garantiert keiner 'aus seiner Haut'.
Shashi war mit gekämmten Haaren kaum wieder zu erkennen und Ruby schaute sie wohl so überrascht an, dass sie wieder lachte.
"Ja, mich kennst du nur als alte Krähe, was? Komm, ein paar von uns kennen sich mit dem Menschsein noch aus", feixte sie mit einem Blick in Richtung Jäger. Suka gab sich einfach nur sehr arrogant und überheblich, was sie schon mal gut in die zivilisierte Welt integrierte. Eher unsicher waren vor allem Nanuq, Sesi und die beiden älteren Schamaninnen.
Die Blicke die sie auf sich zogen ließen Ruby dann und wann scheinbar grundlos losgrinsen. War doch eine schöne Sache, so exotisch.
Aber es wurde früh dunkel und da ging es in die Untergrundbahn. Drei Sachen die in dieser Situation eine unglückliche Kombination abgaben waren wohl: Nachts, U-Bahn, Frauen.

Die Wölfe verteilten sich beim Warten auf den Zug und da diese Stadt wenig besiedelt war, waren sie recht alleine. Bis auf ein paar Betrunkene. Die meisten bekamen nicht viel mit von der Welt. Aber einer konnte noch aufrecht gehen und hatte seine Beute schon im Visier. Ausgerechnet Suka.
Tatsächlich auch die einzig blonde Frau hier.
Sie hatte ihr Pokerface auf halbem Wege schon aufgesetzt und ignorierte sowohl die Welt um sich herum, als auch das Rudel als solches. Selbst Sam hatte Schwierigkeiten gelegentlich zu ihr durchzudringen.
Der Fremde auch. Aber sein fataler Fehler war, dass er ihr an den Hintern fasste. Schock und Alarmbereitschaft übersprang die ohnehin extrem überspannte Jägerin sofort. Sie wandte sich um, zerfiel schon ehe jemand reagieren konnte und sprang den Mann als weißer Wolf über den Haufen. Sie nagelte ihn mit ihrem Gewicht gnadenlos an den Boden, fletschte die Zähne und war gerade dabei auf ihn loszugehen. Siku hielt sie gerade noch fest, doch entglitt sie ihr fast.
Ruby schlug die Hände über dem Kopf zusammen. Das hatte ihr gerade noch gefehlt. Mord in der U-Bahn.
Nanuq kam dazu geeilt und packte Suka unter der Brust, um sie von dem Mann wegzuheben, dem sie gerade das Gesicht wegbeißen wollte.
"Lass das, unser Zug kommt doch gleich!" fluchte er. Der Fremde war derweil von schockiert, bis kreidebleich in eine Bewusstlosigkeit gefallen.
Nanuq ließ Suka fallen, die sofort ihren Oberkörper absenkte und ihn wütend anknurrte. Dann verwandelte sie sich zurück, just als der Zug eintraf und damit gerade noch rechtzeitig.
Ruby seufzte schwer. Immerhin eine Etappe weiter. Bevor sie einstieg, trat Suka dem Kerl noch einmal ordentlich zwischen die Beine, dann konnten sie endlich weiter.

Der Rest der Reise verlief nicht weniger stressig, aber sehr still. Blue war zu fasziniert, Sesi zu eingeschüchtert und der gemeine Rest schwieg eher verbissen. Lediglich die Jungs murmelten leise und nahmen es gelassen.

Erst, als sie erfolgreich am Wald ankamen, durften sich alle verwandeln und es war kaum zu glauben, was für eine Erleichterung das für jeden von ihnen war.
Ruby lief vor, um sie anzukündigen und das Waldrudel nur vor halbwegs vollendete Tatsachen zu stellen.
Jay wartete bereits auf einer großen Lichtung, ein paar Vertreter des Waldrudels ebenso.
Wenn sie dachten, ihr Urlaub war stressig gewesen, dann würden die Kulturen, die jetzt zusammenprallten sie wohl eines Besseren belehren. Aber was soll's, dachte Ruby. Der erste Schritt war geschafft.


Silberblut - Seite 3 Ruby_kommt_von_rudelruf_mission


Zuletzt von Autor am Mo Aug 14, 2017 2:40 pm bearbeitet; insgesamt 1-mal bearbeitet
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BeitragThema: Re: Silberblut   Silberblut - Seite 3 EmptyMi Aug 02, 2017 4:33 pm


Schatten und Licht



Silberblut - Seite 3 1968a5ac7ecec6ad578484f156303b4d--moon-moon-beau


Nun erwartete alle wohlmöglich die größte Herausforderung. Nicht etwa der Kampf gegen verrückte, teuflische Wölfe an der Seite von unbekannten Dämonen, nein... jetzt musste das Eisrudel, das Waldrudel und mittendrin Ruby's Rudel in Frieden leben, planen und trainieren. Sie hatten dafür exakt zwei Monate.
Es wurde jetzt kälter, am Ende des Oktobers.
Und einfach war es gewiss nicht. Ruby saß manchmal am Rand der Rudel und beobachtete das Schauspiel von den zickenden Wölfen. Während sich die Alpha erwachsen verzogen hatten, war es, als wäre zwischen Schamanen und Druiden eine Eiswand gezogen worden. Sie saßen in gebührendem Abstand zueinander und beäugten die je anderen argwöhnisch. Immer mal wieder knurrte jemand.
Die Jäger waren da schon offensiver. Sie knurrten, fletschten die Zähne oder schnappten nacheinander.
Meistens waren es Einzelwölfe des Eisrudel, die auf die Konfrontation aus waren und zwei Wölfe des Waldrudels, die sich gegenseitig halfen, den Aggressionen standzuhalten. Letztlich war es für Ruby aber einfach nur ein riesiger Kindergarten. Manchmal standen sie sich selbst im Weg. Mutige Wölfe, die friedlich Kontakt aufnehmen wollten, wurden von scharfen Blicken gerügt oder verscheucht.
Der Einzige, der unbedarft war, war Iluq, der Nanuq mit sich mitnahm und versuchte, ihm die Integration zu erleichtern. Und obwohl Nanuq mit Abstand der größte Wolf hier war, fiel es ihm sichtlich schwer, aus sich heraus zu kommen und den Anderen soweit zu trauen, dass er ihnen den Rücken zukehren konnte. Dadurch waren viele Wölfe übermüdet und gestresst. Wie sollte dieser Chaoshaufen bloß kämpfen und sich gegenseitig den Rücken freihalten? Es kam immerhin noch ein fremdes Rudel dazu und sie waren scheinbar immer in der Unterzahl, was immer sie auch taten.


Silberblut - Seite 3 Eisrudel_arrive


Aber das konnte nun keinen Platz mehr haben. Alle waren schon ein Stückweit gereift und begriffen die Situation. Iluq wurde als Kampftrainer ernannt und das war auch gut so, da beide Rudel ihn kannten.
Und das Waldrudel musste deutlich aufholen. In Kampfkunst war es nicht sonderlich bewandert.
Allerdings hatte auch nicht jeder diesen Elan dazu. Neben Ruby setzte sich jemand an ihre erhöhte Position und sie wusste sofort, wer es war, noch ohne hinzusehen.
Clay beobachtete das Treiben, auf das Ruby schon eine Weile einen Blick hatte.
"Du solltest auch üben", merkte er an und warf ihr einen Seitenblick zu.
"Das Kompliment gebe ich gern zurück", feixte sie. Die Rothaarige genoss die lockere Stimmung zwischen sich beiden. So viel befreiter, als sie in ihrem eigenen Rudel war.
"Kommst du damit klar?" fragte er schließlich leise. "Mit dem, was da kommt?"
"Ich kann es noch nicht so wirklich realisieren. Ich meine, wir ziehen in den Krieg. Das könnte manche von uns das Leben kosten oder nicht? Wenn sie wissen, wie man ein Silberblut erledigt. Oder es kostet uns alles was wir schätzen, wenn wir verlieren. Aus Büchern und Filmen kennt man immer nur, dass das Gute gewinnen wird. Aber wer sagt, dass das in der Realität so ist? Es sind so verdammt viele"
, flüsterte Ruby leise. Und das machte ihr zu schaffen. Fast 50 Silberblüter würden durch diesen Wald kommen und sich ihrem traurigen Haufen auf dem Feld stellen. Die Unsicherheit, was das Schattenrudel zu bieten hatte, machte sie unsicher. Wussten die überhaupt, was da auf sie zukam? Unterschätzten sie die Gefahr?
Immerhin bauten sich diese beiden Rudel hier völlig ohne Plan um sie herum auf.

Clay legte sanft seinen Kopf über ihren Nacken und spendete ihr den Trost, den sie schon lange gut gebrauchen konnte. Sie wusste nicht ganz, wie sie damit umgehen sollte. Sie war auserkoren alle zu vereinen. Ihr Job war im Grunde getan. Wenn das hier schief lief, opferte sie schlimmstenfalls ihr Rudel.
Langsam stand Ruby auf und ging weg vom Kampftraining. Iluq musste das hier lange durchhalten und er war unermüdlich. Völlig erschöpft würde er am Ende allerdings am Wenigsten nutzen.
Clay ging in einigem Abstand hinter ihr her. Ruby ließ die Einzelgänger, die hier herumstreifen konnten, außer Acht. Sie trat zum großen Feld. Es lag unverändert da. Manchmal stellte sich Ruby vor, wie es verschwand, kurz bevor der Kampf anfing. Keiner wusste je, wie lange es blieb und wo es dann wieder auftauchte. Aber wer steuerte es? Eine Gottheit selbst?
"Ich glaube es nutzt nichts, Clay. Ich muss dorthin. Ich muss mir einen Überblick verschaffen, was uns dort erwartet", sagte Ruby leise. Clay schüttelte den Kopf resigniert.
"Vergiss es Ruby. Ob du's brauchst oder nicht, sie werden dir keinen Einblick gewähren. Du begibst dich nur selbst in Gefahr!"
"Weshalb? Fenrir's Wille hat bisher doch immer gezogen."
"Ja und das hat dich hochmütig werden lassen. Irgendwann fällst du damit auf die Nase. Sie sind wie Dämonen, Bewohner seines Reiches. Keiner kann für ihre bedingungslose Treue garantieren. Und Treue, ich meine, jeder könnte mit dem Argument kommen, meinst du nicht? Wer sagt, dass sie sich nicht nur von Fenrir selbst stoppen lassen!"
meinte Clay fest und trat vor. Ruby fletschte die Zähne und knurrte.
"Das werde ich ja dann herausfinden. Ich will nur wissen, was sich in ihren Reihen befindet. Die Hälfte der meisten Rudel sind bisher immer nur Redner gewesen, keine Kämpfer. Druiden, Schamanen. Weiß der Teufel, was sie haben. Gibt.. gibt es da eigentlich ein Alpha?" fragte Ruby nach kurzem Zögern. In Clay's Augen funkelte sich eine Sturheit, die ihr die Antwort verweigern wollte.

"Das ist ein Himmelfahrtskommando und das weißt du auch! Und nein, ihr Rudel zählt nicht zu wilden Rudeln. Sie haben eine kleine, aber eigene Gesellschaft. Du weißt nicht... keiner weiß was einen da unten erwartet! Bitte Ruby, wenn du dich da verstrickst, klappt es hier oben wohlmöglich nicht mehr!" sagte Clay fest.
"Quatsch. Ich habe versucht sie zur Vernunft zu bringen. Wenn sie jetzt wegen mir einen Rückzieher machen, haben sie nichts verstanden!"
"Das haben sie garantiert nicht",
entgegnete Clay. "Dann lass mich wenigstens mitkommen, okay? Ich lass dich da nicht so einfach reinstolpern."
Ruby zögerte einen Augenblick ob sie ihm das gewähren sollte. Letztlich aber, warum nicht? Jay hatte sie auch an ihrer Seite gehabt und es war glimpflich abgelaufen. Clay war schon etwas erfahrener in diesen Sachen und das Reich hatte recht groß gewirkt. Wenn auch überschaubar, von den Anhöhen aus. Auch wenn sie die unteren Etagen noch nicht gesehen hatte.
"Ich will dich nicht in Gefahr bringen", meinte sie verteidigend. Irgendeinen Grund musste sie einfach vorschieben, um Clay zumindest mal davon abgehalten zu haben. Natürlich wollte sie nicht alleine gehen. Sie wünschte sich Begleitung für diese Mission und vor allem wünschte sie sich ihn als Begleitung.
Sie schritt in Wolfsgestalt langsam los. Das Feld schien unendlich. Tatsächlich. Sie konnte sich nicht erinnern, wie lange sie gelaufen waren. Auf der Flucht vor Cato war alles noch eine Spur schneller gegangen.
"Keine Sorge, so schnell bin ich sicher nicht derjenige, der in Gefahr schwebt", meinte Clay locker und begann mit Ruby in Richtung Schattenhöhle zu traben. Seine Schnauze berührte immer wieder leicht ihre Seite. Sie sah sich jetzt schon, wie sie sich hoffnungslos verirrte.

Nach gefühlten Stunden schweigsamen Laufens standen sie vor der düsteren Höhle. Eigentlich war sie mehr wie eine Art Felsvorsprung mit einem dunklen Loch. Keiner hätte erwartet, dass es dort tiefer reinging, als in einen Wolfsbau. Und schon gar nicht in eine andere Welt. Es hätte kaum schlichter und weniger auffallend sein können.
Ruby schaute zu Clay. Als er bestimmt nickte, holte sie tief Luft und trat durch die Schwärze. Sie vergaß, dass sie sich automatisch zurück verwandelte und öffnete den Mund. Kaum traute sie sich zu atmen. Als ob es hier noch kälter war, sah sie ihren Atem in kleinen Rauchwölkchen aufsteigen.
Clay trat neben sie, mit ernster Miene und ging schließlich vor.
"Glaubst du es ist eine gute Idee, sich nicht mehr zu verwandeln?", flüsterte Ruby und kam sich endlos laut dabei vor.
"Ich glaube, wir sind weniger sperrig", er trat recht selbstbewusst an die Klippe und schaute herab. Ruby kam eilig hinterher und hielt ihn an der Schulter fest. Sie selbst hatte immer das Gefühl zu fallen, als würde sich der Boden weiter von ihr wegbewegen, wenn sie irgendwo tief runterschaute.
"Ist ziemlich felsig. Sollte nicht schwer sein, da runter zu kommen. Mein Gott, wie groß das ist."
Clay schien vor seiner Faszination Ruby nicht mehr richtig zu bemerken. Diese schaute unsicher nach oben. Sie wusste, dass diese Wände hier Augen hatten und hoffte, dass die Wölfe ebenfalls zu sehr mit Vorbereitungen beschäftigt waren, um sie zu behelligen. Auf einmal fiel ihr auf, wie dumm diese Idee gewesen war. Sie ließ doch alle im Stich. Aber es war zu spät.
"Clay!", zischte Ruby, als dieser sich schon an den holprigen Abstieg machte.
"Was denn? Du wolltest doch hier hin. Sei mal etwas Abenteuerlustig", meinte er grinsend und sprang die einzelnen Felsen hinab. In ihren Augen fühlte er sich etwas zu sicher.

Aber schließlich blieb ihr keine Wahl, als ihm zu folgen. Sie kam sich vor, wie in einem Liebesroman, als er ihr die Hand hinhielt, um ihr vom letzten Felsvorsprung herunter zu helfen. Ob sie es sich gestatten konnte die Probleme für einen Augenblick zu vergessen?
Er hielt ihre Hand noch etwas und Ruby machte keine Anstalten, sie ihm wegzuziehen. Als sie auf dem laubartigen Boden aufkamen war es das erste Mal, dass sie realisierte, dass sie mit Clay ganz alleine und ungestört war. Hatte sie die Probleme wirklich nicht genug realisiert? Oder war es dieser Ort, der sie benebelte?
Jedenfalls fühlte sich für sie alles nicht mehr ganz so tragisch an.
"Dann wollen wir mal schauen, wen wir finden können oder?", fragte er lächelnd und legte seinen Arm um ihren Körper, ehe sie begannen loszugehen. Es war wie ein Felsenlabyrinth. Die weitläufige Fläche war tatsächlich mit recht festgelegten Wegen und Straßen begrenzt, weil alles voller Berge und Hügel war. Sie hatten im Grunde nur die wenigen Schattenwölfe, die es hier gab, zu befürchten. Fast hatte dieser Gedanke etwas entspannendes.
Die Straße unter ihnen, war kein fester Weg. Allerdings sah sie so aus.
Ruby bückte sich und strich über den feinen Kies. Als hätte man ihm einfach nur die passende Bemalung gegeben, damit es überzeugend aussah.
Sie liefen Stunden einfach Arm in Arm und in Ruby's Kopf fühlte sich alles irgendwie dumpf an. Als hätte man eine Decke über all ihre Probleme gelegt. Sanfter Wind strich zwischen den Hügeln her und sie fragte sich, wie hier Wind entstehen konnte. Sie waren doch immer noch in einer Höhle?
Auch die Landschaft änderte sich einfach nicht. Es war ein unendlicher Lauf zwischen Erhöhungen und Felsenlandschaften. Als Ruby zurücksah, sah sie den Aufstieg nicht mehr. Man hatte von dort aus alles gesehen und jetzt war er weg?!

"Clay, weißt du noch wo es zurück geht?" fragte Ruby nervös in die Stille.
"Denselben Weg, wie den, den wir gekommen sind? Komm, das ist nur ne Höhle. Wir werden uns doch in einer Höhle nicht hoffnungslos verirren", meinte er abwinkend. Ruby hatte das bedenkliche Gefühl, dass diese Umgebung einen negativen Einfluss auf sie hatte.
Und das Clay etwas zu selbstbewusst an die Sache ranging. Aber sie konnte jetzt auch nicht einfach umdrehen. Je tiefer sie kamen, desto dunkler wurde es. Es kam so schleichend, dass Ruby es nicht mitbekam.
Automatisch folgten die beiden der Helligkeit und wurden damit nur tiefer in die verwunschene Höhle hineingelockt.
Bald wussten sie auch, woher das leichte Leuchten kam. Die Berglandschaft lichtete sich und gab den Blick auf einen dichten Wald frei. Die Bäume waren Weiden sehr ähnlich, aber es hingen viele Streben, mit leuchtenden Bläschen herab. Riesige, glühende Pilze wuchsen zwischen ihnen und tauchten alles in buntes Licht. Und noch etwas war da. Von hier aus hörte man das Geräusch von Wasser.
Sie waren am Rand angelangt! Zu der Erkenntnis kam Clay auch gerade.
"Aber diesen Wald hat man von hier gar nicht gesehen", stellte Ruby überrascht fest und wandte sich fasziniert den Gewächsen zu.
"Und auf dem ganzen Weg kein einziger Wolf. Scheint wirklich kein großes Rudel zu sein", meinte Clay frustriert. Ruby war allerdings mit ihren Gedanken ganz woanders. Sie war bei dem leuchtenden Wald und der friedlichen Stimmung, welche die Pflanzen ausstrahlten.
Ihre Sinne fühlten sich an wie benebelt.
"Ich glaube wir sollten uns ausruhen. Weißt du wie spät es ist? Ruby?" fragte Clay und schaute zu der Rothaarigen, die wie in Trance vor einer Weide stand und eine Hand an die Rinde gelegt hatte. Ihr Zustand ließ ihn unwillkürlich grinsen. Sie schien ja echt hin und weg zu sein von diesem Ort, dachte er.


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Er ging langsam zu ihr und legte seine Hände von hinten um ihren Körper.
"Hey, Träumerle. Bist du denn gar nicht müde?" flüsterte er ihr leise ins Ohr und küsste sie sanft darunter. Ruby neigte den Kopf und schloss die Augen. So willig war sie in seinen Armen noch nie gewesen. Es fühlte sich einfach alles richtig an, in diesem Augenblick.
Sie spürte alles, wie durch eine Wolldecke, irgendwie dumpf und nur innerlich die Wärme. Außen fühlte sich ihr Körper taub an.
Sie merkte nicht einmal, wie Clay ihr sanft das Handy aus der Tasche zog. Aber aus der Uhrzeit konnte er nicht schlau werden. Sie brachte keinen Ton heraus. Sonst hätte sie ihm gesagt, dass Technik hier unten nicht gut funktionierte.
Vielleicht kam eine Minute, in der die Uhrzeit nicht verzerrt wurde. Zwar zeigte es eine an, aber ein völlig kurioses Datum, 20 Jahre in der Zukunft. Ein ganz anderer Tag. Ob hier die Uhren für die Wölfe so schlugen? Hatten sie andere Kalender?
Ruby wandte sich langsam zu Clay um. Langsam war sie sich sicher, dass es hier nur ein Traum war. Sie kam sich vor wie high und ihr wurde alles egal.
Sie nahm sanft Clay's Kopf und zog ihn zu sich, begann ihn zu küssen und da es sein Wunsch war, ließ er sie bedingungslos gewähren, während sie langsam zu Boden sanken.
Ruby war sich noch nie so willig vorgekommen und fand es ein wenig schade, dass sie sich nicht voll bei der Sache fühlte. Aber so war es eben in Träumen. Vielleicht würde sie es in der Realität nochmal wiederholen. Wenn das jetzt gut wurde. Ihre Träume waren schließlich angeblich Voraussagen.
Sie fuhr sanft unter sein Shirt und striff es ihm über den Kopf. Wie fest sein Oberkörper war und wie real es sich anfühlte....
Sie verlor sich unter der leuchtenden Weide, unter der sie lagen an ihm und ihr Gegenüber ließ sie willig gewähren, bis sie Eins wurden.



Das Geräusch plätschernden Wassers weckte Ruby nach Stunden. Sie schlug die Augen auf und wurde tatsächlich von etwas wie dämmriger Helligkeit geblendet. Es war, wie das Gefühl, wenn die Sonne durch Wolken schien. Nicht sonnig und dennoch konnte man nicht richtig aus den Augen schauen.
Als sie sich bewegte, spürte sie es an ihrem ganzen Körper pieksen. Es war, als würde sie im Kiesbett liegen und ganz so falsch war es gar nicht.
Sie richtete sich verwirrt auf und versuchte ihre Umgebung zu erfassen.
Sie lag an einem Kiesufer. Die feuchten Steinchen klebten an ihrer nackten Haut und hinterließen unangenehme Abdrücke. Vor allem das war es: Sie war nackt!
Weshalb und wo war sie? Als sie sich umschaute, war um sie herum nur offene Fläche. Sie erinnerte sich dumpf an Vegetation und einen dunklen Wald. Neben ihr lag Clay, der noch am schlafen war, aber ebenfalls keine Sachen mehr anhatte. Langsam wurde Ruby sehr warm und sie bekam einen Kloß vor Schreck im Hals. Das war kein Traum gewesen! Oder vielleicht doch und sie hatte ihn in echt ausgeführt. Waren sie etwa noch immer...?
Die Rothaarige sprang auf und stöhnte leise unter den Schmerzen. Gestern hatte sich das alles noch gemütlicher angefühlt. Sie suchte ihre Sachen, die auf dem staubig grauen Boden lagen und schaute sich immer wieder nach Beobachtern um. Hier konnte man sich zwar nie sicher sein, dennoch fühlte sie sich eigentlich wohl.
Ob sie es wagen konnte, ins Wasser zu gehen? Sie trat vorsichtig an das Ufer und betrachtete das schwarze Wasser. Es war nicht ölig, sondern normal, aber so dunkel, dass man nur sein eigenes Spiegelbild sehen konnte. Und Ruby erschrak gerade vor sich selbst. Sie war blass, hatte rotunterlaufene Augen und sah aus wie eine Wasserleiche.
Langsam strich sie ihre Haare zurück und wagte es, in das Wasser zu treten. Es war nicht einmal wirklich kalt. Aber es fühlte sich für sie an, als würden kleine Stücke im Wasser schwimmen. Ein seltsam kitzeliges Gefühl, wenn man das Wasser betrat. Aber eine andere Möglichkeit halbwegs sauber zu werden, hatte sie nicht.

Langsam trat sie weiter in das kühle Nass und tastete vorsichtig mit den Händen nach Leben. Sie wollte definitiv nicht den Boden unter den Füßen verlieren. Im zu tiefen Wasser konnte sie immer noch anderen Tieren begegnen. Als sie bis zu den Schultern im Wasser war, hob sie langsam ihre Hände, die sie zu einer Schale aneinanderhielt. Immerhin erklärte sich so, warum es ein so seltsames Gefühl war, in diesem Wasser zu stehen. Winzige Fadenalgen und Fische, die nur so groß wie ein Daumennagel waren, flitzten immer wieder durch ihre Hände und an ihrer Haut entlang. Na hoffentlich war das kein Omen für etwas Größeres, dachte sie und begann die Kiesel zu entfernen. Da hier wieder Felsenlandschaft war, war es einfach, sich für sie trocken zu setzen. Sie hortete ihre Sachen um sich und legte ihre Arme um ihren Oberkörper. Sollte irgendjemand kommen würde sie definitiv zum Wolf werden. Und demjenigen was husten, Schattenwolf hin oder her.
Sie begann schließlich ihren Langschläfer zu beobachten. War sie auf Droge gewesen? Aber er hatte denkbar wenig Möglichkeiten gehabt, ihr diese unterzujubeln. Und ehrlich gesagt, traute sie es ihm auch nicht zu.
Was ihr aber noch viel tragischeres in den Geist kam: Sie hatten nicht verhütet. Jedenfalls konnte Ruby sich daran nicht erinnern und das wäre doch ein essenzieller Gedanke. Sie hatte als Wolf nichts dabei. Ohnehin hatte sie ihre Pille vor einem halben Jahr abgesetzt. Und sie müssten erst einmal wieder aus dieser Höhle finden. Ruby war hungrig und verloren in dieser Einöde.
Als sie sich wieder anziehen konnte, war es für sie an der Zeit, Clay zu wecken. Ihren Anblick gönnte sie ihm kein zweites Mal. Er hätte ja eher aufwachen können.
Langsam ging sie in die Knie und schüttelte sanft an seiner Schulter.
"Hey Romeo. Aufwachen", sagte sie leise, auch wenn der Sturkopf sich gerade nur mehr zusammenrollen wollte und ihr etwas unverständliches zumurmelte.
"Ich kann natürlich auch erst ein Stillleben malen und in den Wald hängen. Bin mir ziemlich sicher, dass es die ein oder andere Dame interessieren würde", frotzelte Ruby und mit einem Schlag war ihr Gegenüber wach. Na ging doch. Obwohl er sich ja in ihren Augen nicht schämen musste.

Dennoch fuhr Clay hoch und errötete.
"Hey! Du hättest mich auch eher wecken können", knurrte er leise, als er sah, dass Ruby schon völlig angezogen war.
Aber offenbar war er mit ihr einer Meinung, dass er sich nicht schämen musste, denn beim Aufstehen hätte sie schwören können, wie er sich ihr dabei noch präsentierte.
"Du weißt also noch was gestern war", stellte sie trocken fest.
"Du etwa nicht?" gab er zurück und sie kam nicht umhin, eine Spur Enttäuschung in seiner Stimme zu hören.
"Keine Sorge, der Teil wo du ins Spiel kamst, ist mir noch gut im Kopf", erwiderte sie und lächelte unwillkürlich über seinen Gesichtsausdruck. Eigentlich wäre sie zwecks der nicht Verhütung in Panik gefallen. Aber die Lähmung ihrer Sinne schien noch immer vorzuhalten. Clay verzog das Gesicht, als er sich von den Steinchen befreite und manche waren so spitz gewesen, dass sein Rücken begann zu bluten. Ruby half ihm besorgt und fragte sich verwundert, ob sie genauso schlimm aussah. Denn das alles spürte sie noch gar nicht so klar. Clay aber offenbar schon, der jetzt, wo Ruby wie betäubt war, sehr damit zu kämpfen hatte, den Starken zu spielen,.
"Du steckst das verdammt gut weg", meinte er, als er sich wieder anziehen konnte und Ruby schüttelte den Kopf.
"Sag mal, fällt dir denn gar nichts auf? Der Wald von gestern, die Riesenpilze? Sind wir denn noch gegangen?" fragte sie und es schien ihm erst jetzt zu dämmern.
Gott sei Dank, doch keine Halluzinationen, dachte sie. Sie kam sich gerade blöd vor, als sie die Riesenpilze erwähnte.
"Stimmt. Du warst ganz hin und weg von den Bäumen", stellte er fest und sie verzog das Gesicht.
"Es war komisch. Als wäre ich in Watte gepackt. Ich hatte auf einmal total Bock und ja... ich wollte dich nicht so überfallen. Weiß ja nicht, wie es dir ging", meinte sie leise und zuckte die Schultern. Obwohl etwas an seiner Reaktion sie stutzig machte.

Er reagierte etwas ausweichend und wechselte schließlich schnell das Thema. Ruby beobachtete ihn argwöhnisch.
"Hatte die Vegetation überhaupt eine Wirkung auf dich?" fragte sie kritisch und Clay zuckte etwas unbeholfen nur mit den Schultern. Glücklich machte sie das gerade nicht.
"Du hattest eine Wirkung auf mich. Komm schon Ruby, das ist doch ein Kompliment", seufzte er, als sie das Gesicht verzog.
"Ich hab dich voll angegraben, obwohl wir nicht zusammen sind?! Jetzt bin ich ja billig!" gab sie schockiert von sich und stand auf.
"Quatsch! Wenn du etwas nicht bist, dann das. Du hast viel mehr Verehrer als du denkst, aber... naja, hast dich für mich entschieden", meinte er vorsichtig. Jetzt war Ruby erst recht überfordert. Entschieden? Was faselte er da bloß? Waren sie jetzt zusammen? Und das wollte sie auf gar keinen Fall und schon gar nicht so.
"Mich dir hingegeben unter Drogeneinfluss", korrigierte sie ihn streng und wandte sich ruckartig ab, um ihr Heil in der Flucht zu suchen. Doch auch wenn sie sich noch so schnell abwandte, sah sie genau den verletzten Ausdruck in seinen Augen und es tat ihr sofort Leid, was sie gesagt hatte. Trotzdem nahm sie es nicht zurück, sondern machte den dümmsten Fehler, den sie begehen konnte. Außer dem, was sie schon getan hatte. Aber das konnte sie ja am besten.
Sie verwandelte sich in den rotbraunen Wolf und rannte weg. Ließ Clay einfach stehen. Sie hörte, wie er ihr nach einem Zögern halbherzig folgen wollte. Sicher nicht mit der Tendenz, sie zu stoppen. Sie spürte einen Stich ins Herz und wie ein Tränenschleier selbst jetzt noch ihre Sicht trübte. Sie mochte sich nicht vorstellen, wie ihr verbales Messer ihn getroffen haben mochte. Dabei war es niemals ihre Absicht gewesen, ihn zu verletzen.

Sie wusste auch gar nicht, wohin sie rannte. Erst versuchte sie es im Zickzack um die Hügel herum, aber immer in Ufernähe. Irgendwann schob sich allerdings eine Klippe zwischen sie und das Wasser und trieb sie wieder in die Mitte. Als sie endlich stehen blieb, hatte sich Ruby hoffnungslos verlaufen.
Sie schoss schließlich suchend los und um eine Ecke, noch im vollen Tempo, obwohl ihr schmerzender Hals sich zusammenzog und ihr die Luft abschnüren wollte. Panik breitete sich in ihr aus.
Sie sah nicht, dass sich hinter dem Felsen ein Rinnsal befand, dass direkt in ein großes Loch mitten in der Erde mündete. Sie konnte nicht mehr so schnell bremsen , da sie schon in die Mündung rutschte und bekam kaum das Fallen mit, so schnell war es vorbei. Ihr wurde die Luft aus den Lungen gepresst, als sie ungeschickt auf den Rücken fiel.
Sie keuchte auf und ließ sich mit einem leisen Jaulen auf die Seite sinken.
Ihr Atem ging in kurzen Zügen, während sie versuchte, sich zu beruhigen und zu hoffen, dass sie sich nichts gebrochen hatte. Aber dazu war es zu spät. Wenn auch physisch nichts kaputt war, so war es doch etwas anderes.
Da sie sich nicht mehr beruhigen konnte, verwandelte sie sich und rollte sich zusammen wie ein Fötus. Begann bitterlich zu weinen und blendete alles um sich herum aus. Sie war sauer auf ihn und eigentlich auch nicht, vor allem aber wütend auf sich selbst und ihre Reaktion. Sie war wahrlich nicht fair gewesen.
Sie lag eine Weile da, bis sie nicht mehr weinen konnte und ihr Atem immer flacher wurde. Jetzt stand sie vor einem Problem, dass sich mit Selbstmitleid und auf Hilfe warten wohl nicht lösen ließ. Obwohl sie das Gefühl gehabt hatte, dass ihr Geschluchze in der kompletten Höhle wiedergehallt sein musste.
Erstens musste sie sichergehen, dass sie nicht schwanger wurde und zweitens fand da draußen bald ein Kampf statt. Ihre geniale Schnapsidee war ihr soeben zum Vergängnis geworden.
Wie sollte sie hier wieder rausfinden? Sie war relativ tief gestürzt und befürchtete, dass dies hier die zweite Ebene des Schattenreiches war. Wie man allerdings wieder hoch kam, darüber hatte sie sich damals keine Gedanken gemacht, als sie in den Abgrund geschaut hatte.

Doch ihre Gedankengänge wurden jäh unterbrochen, als sich Schritte näherten. Krallen scharbten über den steinigen Untergrund und man hörte das leise Schnaufen eines großen Wesens. Vermutlich ein Schattenwolf. Aber Ruby war sich sicher, dass es nicht das Monster war. Das war trotz seiner unglaublichen Größe mucksmäuschenstill gewesen, ähnlich wie eine Katze.
Auf einmal verstummte der Schritt. Er klang jetzt relativ nah. Leise schnaubte die schwarze Pelzgestalt und stieß dabei Nebelschwaden aus, die in der Dunkelheit aufstiegen. Ruby hielt die Luft ein. Sie war von etwas oder jemandem gefunden worden, schoss es ihr durch den Kopf. Auf einmal verspannte sie sich und zu ihr drang der Ernst der Lage durch.
War es nicht so, das Eindringlinge für gewöhnlich getötet wurden, wenn sie keinen verdammt guten Grund möglichst schnell vorbringen konnten? Ruby's Ordnung im Hirn glich gerade einem umgefallenen Bücherregal. Obwohl sie die besten Gründe hatte, hier zu sein, konnte sie sich nicht vorstellen, die vernünftig und logisch vortragen zu können.
Der Schritt setzte wieder ein, doch dieses Mal war er nicht vierbeinig. Der Schattenwolf hatte sich verwandelt...
Ruby wusste, dass es eigentlich dumm war, es zu versuchen, aber sie versuchte sich tot oder wenigstens bewusstlos zu stellen.
Die Person kam nun neben ihr zum stehen und hockte sich hin. Ob sie ihn angreifen sollte? Irgendwie kam ihr das unklug vor, aber sich einfach überlassen war vielleicht ebenso dumm.
"Hallo? Kleines Mädchen?" fragte die Stimme und offenbarte einen sehr stark russischen Akzent. Er legte ihr eine Hand auf den Arm und Ruby wusste, dass es dumm wäre, einen Wolf auszutricksen. Also versuchte sie doch die Sache mit dem Angreifen. Blöd, dass man doch sehr unbeweglich war, in ihrer Haltung. Sie versuchte hochzuschießen und ihn zurück zu stoßen, aber der Versuch musste traurig ausgesehen haben für ihr Gegenüber.

Er packte sofort ihre beiden Handgelenke und hielt sie so eisern fest, dass sie sich nicht mehr bewegen konnte.
Sie starrte ihrem Gegenüber ins Gesicht und er sah auch sehr nach seiner Stimme aus. Er hatte ein maskulines Gesicht und einen freien, muskulösen Oberkörper. Dazu einen leichten Bart um den Mund herum und extrem kurz geschorene Haare.
Sie musste furchtbar aussehen und geschockt zugleich.
Er schaute sie ernst an, aber bei ihrem Anblick konnte man das wohl nicht lange. Ein Lächeln umspielte bald seine Lippen und er schüttelte den Kopf.
"Kleines Mädchen", wiederholte er tadelnd.
"Kannst du noch was anderes sagen?" fragte Ruby trotzig. Sie war heute wirklich nur noch dumm, dachte sie. Warum sagte sie heute alles was sie dachte? Immerhin nahm ihr Gegenüber es mit Humor. Mit etwas zu viel. Sie versuchte sich zu befreien und er ließ sie tatsächlich los. Das Aufstehen klappte allerdings noch nicht so gut. Es fühlte sich an, als ramme ihr jemand einen Dolch ins Kreuz und sie fiel stöhnend wieder auf die Knie. Tränen, dieses Mal aus Schmerz, traten in ihre Augen.
Der Mann schüttelte den Kopf und hob sie hoch, als würde sie nichts wiegen. Ruby versuchte schockiert, ihn auf Abstand zu halten, aber er nahm sie einfach mit. Jetzt war sie geliefert. Wolffutter.
Da sie sich nicht wehren konnte, ohne auf den Boden zu fallen und sowieso wieder mitgenommen zu werden, schloss sie wie ein Kind die Augen und wünschte sich weit weg. Wo war bloß Clay? Hatten sie ihn etwa auch?
Sie spürte, wie sie tiefer herabstiegen und begann zu zittern. Kälte umfing sie, je weiter es ging. Es wurde wieder stockduster. Waren das etwa Tag und Nacht-Simulationen?
Sie sah in der ferne leuchtende Bäume aus ihren eng zusammengekniffenen Augen und große Pilzflechten an den Hügeln. Als wären sie tagsüber unsichtbar, bot sich jetzt in der dunklen Höhle ein umwerfendes Bild. Wie eine Skyline bei Nacht, leuchtete die Schattenwelt in bunten, glühenden Farben, wo immer man hinsah. All das, was tagsüber so trist und grau wirkte, war jetzt wunderschön.

Der Mann ließ sie schließlich herunter auf einen Steinvorsprung. Kalk wuchs von der Decke und vom Boden wie zu Gitterstäben zusammen. Aber es war nicht so, als könne sie nicht flüchten. Es gab keine Tür und kein Schloss. Es war mehr wie eine offene, halbvergitterte Kabine. Aber sie beide wussten, dass sich ihre Blockade so schnell nicht löste und der einzige Ausgang war durch einen Raum, in den der Mann jetzt ging und der in wenigen Minuten voller Wölfe war.
Sie hörte das Geräusch, als wenn feinster Sand auf Stein fiel und wusste, dass es das Zeichen von Rückverwandlung war.
Ein grauer Wolf trabte durch den Raum bis zu Ruby hin. Er war kräftig, aber nicht größer als 'normal', hatte aber sehr dichtes Fell. Ruby überraschte, dass er überhaupt grau war. Sie hatte sich vorgestellt, dass das Schattenrudel nur schwarze Wölfe sammelte.
Er betrachtete sie mit bernsteinfarbenen Augen und verzog die Lefzen, ehe er geschäftig zurück in den Raum trabte. Ein letztes Verwandlungsgeräusch.
"Was soll das Ivan? Du weißt, was ansteht. Wir haben für solche Sachen nun wirklich keine Zeit. Dreh ihr den Hals um und wir wenden uns wieder wichtigen Dingen zu", sagte die Männerstimme ernst und kühl. Ruby roch mit letzten Wolfsinnen noch, dass das Schattenrudel von allen offenbar noch die meisten Männer beherbergte und rechnete sich keine hohen Chancen aus.
"Nein! Wir weichen nicht von unseren Grundsätzen ab! Der Krieg ist bald. Da draußen. Nicht hier drin", beharrte ihr Entführer. Ivan also.
Sein Gegenüber wollte ansetzen, wurde aber unterbrochen. Eine junge Frau meldete sich mit dem hellen Klang der Stimme einer Verrückten. Vielleicht lag es für Ruby auch am Inhalt ihrer Worte.
"Warum nicht eine kleine Jagd veranstalten? Das lockert die Gemüter. Komm schon, Jame, du wirst konzentrierte Jäger an deiner Seite kämpfen haben", sagte sie in verführerischem Ton.
Eine junge Teenagerstimme meldete sich, weiblich, aber sehr ausdrucksstark.
"Wir jagen keine Silberblüter", fuhr sie scharf dazwischen und erntete bedauerliches Seufzen der älteren Frau.

"Wir können diese Eindringlinge nicht gebrauchen. Was, wenn sie sogar zum Feind gehört? Ein Opferlamm, dass sie vorschicken, um uns zu testen oder auszuspionieren? Es ist eine Notlage. Wir können sie nicht leben lassen. Und vielleicht ist sie auch nicht alleine. Sie spionieren uns wohlmöglich aus", meinte der Mann fest.
"Und Herrgott, kannst du dir nichts überziehen?" wandte er sich, vermutlich an Ivan, der darüber stoisch schwieg. Die verrückte Frau meldete sich wieder.
"Nein, lass ihn. Ich könnte ihn jedesmal ablecken!"
"Du bist widerlich", kommentierte das Mädchen und knurrte sie an. Die Frau verwandelte sich hörbar und fletschte die Zähne, ehe Ruby sich Wolfpfoten entfernen hörte. Hoffentlich fanden sie Clay nicht!
Sie versuchte verzweifelt aufzustehen und ihr Bein fiel gerade herunter, als sie sich zu weit von der Bank schob. Es war, als riss man ihr den Rücken auseinander. Sie hielt sich Nase und Mund zu, dafür rannen ihr die Tränen über die Wangen und Flüche aller Art schossen ihr durch den Kopf.
An Flucht war gar nicht zu denken.
"Wenn wir sie nicht jagen dürfen und ihr euch nicht darauf einigen könnt, sie zu beseitigen, setz sie doch einfach vor die Tür und fang ihren Kumpanen. Ihr seid ganz schön weich geworden, wenn wir jetzt schon über solcherlei Dinge anfangen, zu diskutieren", meldete sich eine sanfte, schnurrende Männerstimme mit einem gewissen Hauch Desinteresse in der Stimme.
"Du glaubst sie ist nicht alleine?" fragte Ivan.
"Verzehrst du dich schon so sehr nach weiblicher Gesellschaft, dass du dachtest, du hättest dir ein passables Haustier gefangen?" fragte die schnurrende Stimme spöttisch. Der Mann, der scheinbar das Sagen hatte oder es wenigstens versuchte, fuhr dazwischen und rief die Beiden beim Namen zur Ruhe. Ivan und... Damon. Ruby hörte Schritte. Offenbar war Ivan drauf und dran den anderen Mann herauszufordern.

Obwohl gerade über ihren Kopf entschieden wurde, musste Ruby die Augen gen Himmel drehen.
Erstens: Männer!
Zweitens: War das Schattenrudel anscheinend doch noch genauso menschlich wie Wald- und Eisrudel.
Ob diese beiden Erkenntnisse ihr sonderlich Mut machten, ließen sie dahin gestellt. Auf einmal näherten sich die Schritte. Der graue Wolf kam als Mensch. Schwarze Haare und lange Stoppeln hatte er im Gesicht, aber leuchtend blaue Augen. Sein Gesichtsausdruck war ernst und kühl.
"Bist du alleine hier? Weshalb bist du hier? Bist du Teil des Feindes?" fragte er eisig.
Ein Mann der dem Chef ähnlich sah, kam dazu. Er hatte allerdings etwas weichere Gesichtszüge. Ruby erinnerte sich an die Geschichten von Mahila und ihr wurde ganz kalt ums Herz.
'Sie haben alles mit mir gemacht, was Männern so einfallen könnte zu tun, wenn du verstehst.'
Auf Damon's Lippen zeichnete sich ein belustigtes Lächeln bei ihrem Anblick ab.
"Sie ist keine Gefahr, Jame. Setz sie vor die Tür", meinte er und schaute zu dem anderen Mann. Ruby biss die Zähne zusammen und bleckte sie schließlich. Leck mich am Arsch, dachte sie und hoffte, die Botschaft kam bei Jame an.
"Jame! Man hat die Fährte eines Wolfes aufgenommen!" meldete sich ein weiterer Mann, der gerade dazu gelaufen kam. Jung war er und hatte lockige, schwarze Haare. Von allen wirkte er am wenigsten bedrohlich auf Ruby.
"Ivan, der wäre dann deine Aufgabe", meinte Jame kühl und warf Ruby einen tödlichen Blick zu. Dieser blieb das Herz fast stehen. Ivan sah schon als Mensch so aus, als könne er Clay den Hals umdrehen, ohne sich verwandeln zu müssen. Obwohl er zu ihr bisher sehr sanft gewesen war. Es gab für sie nur eine Chance. Ivan nickte und Jame entfernte sich. Damon's Blick verweilte noch eine Weile auf Ruby und verursachte ihr unangenehme Gänsehaut. Er sah sie an, als würde er ihre Gedanken lesen. Einen Augenblick hielt er inne und sie war sich sicher, dass er wusste, was sie vorhatte. Dann wandte er sich ab, verwandelte sich und verschwand. Ivan und der Jüngere waren die Letzten, die sich zum Gehen wandten. Jetzt oder nie.



"Ivan!" flüsterte Ruby. Der Russe drehte den Kopf.
"Lass mich nicht alleine. Ich kann mich nicht bewegen, ich weiß nicht einmal wie ich für euch aussehen muss. Bitte, schick Ersatz und lasst mich nicht alleine.."
Sie wisperte nur, auch wenn ihr klar war, dass der Andere es mitbekam und sie fürchtete seine für sie unberechenbare Reaktion. Er wirkte auf sie nicht gefährlich, aber man konnte sich stets täuschen.
Ivan zögerte, ehe er sich an den mit den lockigen Haaren wandte.
"Kian. Geh den Eindringling suchen und bring ihn her", sagte er leise. Der Junge warf Ruby einen undefinierbaren Blick zu, dann  nickte er Ivan zu und verschwand. Er leistete ihr also tatsächlich Gesellschaft. Jetzt wusste Ruby nicht mehr, ob das so gut war. Er nahm sich eine Steinschale und ging.
Sie versuchte sich zu entspannen und in eine Position zu bringen, die mit möglichst wenig Schmerzen verbunden war.
Sie zählte leise, um sich abzulenken.
Verrückte, Jugendliche, Ivan, Jame, Damon, Kian. Machte sechs Wölfe. Plus der Riesenwolf und die spirituelle Anführerin, die sie angeblich hatten. Ob die allerdings kämpfte, war fragwürig. Und Kaya. 9. Das war weniger, als die anderen Rudel zu bieten hatten. Sie hätte nicht gedacht, dass sie so dünn besetzt waren.
Und sie machte sich wirklich Gedanken um einen Kampf! Diejenigen, die sie hatte unterstützen wollen, hatten sie soeben gefangen genommen und einer von ihnen hatte versucht, sie ohne zu fragen zu beseitigen. Das waren blendene Aussichten.
Immerhin war Ivan hier. Ruby wusste genau, wie Clay sich anstellen würde, berechtigterweise. Mit Kian waren die Chancen vielleicht ausgeglichener.
Ivan kam nun zurück und Ruby betete noch, dass sie Clay nicht fanden. Er stellte ihr die Schale mit dem schwarzen Wasser vor die Nase. Was sollte sie damit, trinken? Dafür traute sie dem fischigen Wasser zu wenig.

Doch als sie auf die Oberfläche schaute, verstand sie. Es diente ihr als mittelalterlicher Spiegel. Sie betrachtete sich und erschrak fast vor sich. Rot geschwollene Augen, mal wieder blass, dafür dieses Mal mit vielen Stressflecken im Gesicht und eine rote Nase. Eigentlich war sie hier das unheimliche Monster. Und es störte sie, dass alle sie so sahen. So schwach und ehrlich gesagt auch so  hässlich. Musste doch nicht sein. Das Gesicht war was für Drama und Liebesschnulzen Zuhause!
Sie benutzte das Wasser also ungeachtet doch zum Waschen und zum kühlen. Auf einmal erklang in der kompletten Höhle ein ohrenbetäubendes Getöse, Geschrei und Geheul. Es klang, als wäre die Jagd auf etwas eröffnet worden und Ruby erstarrte. Clay!
Sie begann unwillkürlich zu zittern. Sie wollte sich verwandeln, aber sie konnte nicht. Auch Ivan schaute an die Decke und folgte und lauschte den Bewegungen. Es klang einfach krank für Ruby und sie hatte Angst um ihren Gefährten.
"Bitte sag mir, dass sie ihm nichts tun", flüsterte sie, aber Ivan gab ihr keine Antwort. Er wirkte gelegentlich so einfach gestrickt, dass sie befürchtete, dass es seine Art war, zu sagen, dass er das nicht konnte. Der Lärm wollte einfach nicht abbrechen. Es klang, als wollten sie ihn töten. Dabei war er nur wegen ihr hier.
Ruby wusste, dass sie sich etwas ausgerenkt hatte und hatte furchtbare Angst vor dem, was jetzt kam, aber es ging nicht anders. Sie sprang von der Bank und ließ ihren Rücken nach hinten auf selbige fallen. Der Schmerz zerriss sie wahrlich. Sie verwandelte sich als letzten Ausweg und schrie vermutlich die Höhle zusammen. Dann stolperte sie halbblind Richtung Ausgang und Ivan verwandelte sich und folgte ihr alamiert. Es dauerte einen Moment, bis der Schmerz sich legte oder eher verteilte. Sie wusste nicht, wohin, sie folgte einfach dem Lärm.
So lange musste sie gar nicht laufen. Sie sah langsam klarer. Wölfe hatten begonnen, Clay in diese Richtung zu hetzen. Sie erkannte den schokobraunen Wolf und stürzte sich auf die schlanke Wölfin, die ihm dicht auf den Fersen war und ihm böse Verletzungen zugefügt hatte.

Sie prallten frontal zusammen und es gab einen lauten Knall. Dann verschlang sich alles in dunklem Knurren und Zähnen, die auf Metall schlugen.
Ivan war stehen geblieben und sah sich einem etwas zerpflücktem Clay gegenüber, der beide Ohren seitlich anlegte und das Maul zu einem Grollen öffnete.
Hier war jetzt jeder der Feind. Vermutlich war das ihr unmittelbares Ende. Da musste die Kampfkraft mit zwei weniger Wölfen kämpfen, um ihre Mörder zu beschützen. Wie ironisch.
Ivan unterstützte Clay's Aggression aber nicht, sondern zeigte ihm lediglich die Zähne und platzierte sich so, dass er nicht an ihm vorbei konnte.
Dann durchschnitt ein feminin klingendes, helles Heulen das Kampfgetöse, welches durch jede Ebene im Schattenreich hallte.
Dunkles Knurren ertönte und ein schwarzer Umriss schälte sich aus dem Dunkeln. Die Gestalt eines riesigen, schwarzen Wolfes, der die Zähne fletschte und das Kampffeld betrat.
Castor, schoss es Ruby alamiert durch den Kopf, als ihr Kampf mit der verrückten Schwarzen abbrach. Was nun?


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BeitragThema: Re: Silberblut   Silberblut - Seite 3 EmptyDi Aug 08, 2017 2:09 am


Avilox




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Castor!, schoss es Ruby alarmiert durch den Kopf. Das musste der Wolf sein, den sie gesehen hatten. Der Cato so schlimm verletzt und anschließend wie ein triumphierender Dämon in die Höhle zurückgekehrt war. Riesig und furchtlos. Sie hatte ihn ein wenig größer in Erinnerung, als er näher kam. Er hatte dafür einen ausgeprägten Rücken, der diesen Wolf hier mächtiger erscheinen ließ, als er vielleicht war. Nichts desto weniger war er sehr kräftig und übertraf die anderen Schattenwölfe.
Vielleicht hätte sie einen der Zweifler des Waldrudels mitnehmen sollen. Das hier war eine Welt, die man beim besten Willen nicht mit Worten beschreiben konnte.
Die irre Wölfin bleckte die Zähne und trat wiederwillig zurück. Ivan stand ruhig da, fixierte weiterhin Clay, der nicht daran dachte, seine Angriffshaltung zu überdenken. Obgleich er klar in der Unterzahl war.
Ruby hob den Kopf und spitzte die Ohren, ehe sie langsam rückwärts trat, bis sie neben ihrem schokobraunen Wolf stand. Als Ivan den Blick auf den großen Schwarzen richtete, drehte sich Clay widerwillig um und stellte das Fell auf.
Ruby schüttelte unmerklich den Kopf. Sei nicht dumm, dachte sie. Du hast keine Chance.
"Despina wünscht die Eindringlinge zu sprechen. Sofort."
Die dunkle Stimme des großen Schwarzen hallte in ihren Köpfen wieder, machtvoll und bestimmt. Die Rote warf einen hilfesuchenden Blick über ihre Schulter. Der Russe nickte ihr nur zu und so folgte sie zögerlich dem Großen, bis Clay ihr in die Schulter zwickte.


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Er legte die Ohren flach an den Kopf und hängte sich eher ungerne an Ruby.
"Du wirst da doch nicht mitgehen! Lass uns verschwinden!" zischte er. Sie schüttelte den Kopf ruhig, aber auch mechanisch. Sie hatte Angst, das war klar. Er roch es und sie musste nicht lügen.
"Es gibt kein Entkommen", flüsterte sie leise und brachte ihn damit zum Schweigen. Sie klang, als wäre sie einer der Schattenwölfe. Aber was brächte ihnen eine Flucht jetzt? Ruby musste vom Schlimmsten ausgehen und eine Audienz bei ihrer spirituellen Führerin auszuschlagen war sicherlich die Todesstrafe. Jedenfalls stellte sie es sich so vor, bei diesen eher mittelalterlichen Wölfen. Sie hatten ihre Gesellschaft und ihr Reich. Waren irgendwie älter und andererseits fortschrittlicher. Aber statt einer Alpha, hatten sie eine Schamanin und anstelle von Religiösen hatten sie Wachen und Kundschafter. Nur die Jäger waren noch da und die schienen hier nur sehr, sehr Wenige zu sein. Ob ihnen das allerdings einen Abbruch tat... Ruby hatte nicht das Gefühl, als wäre dem so.

Unangenehmerweise führte der große Wolf sie nun immer tiefer in das Schattenreich. Ruby spürte Clay's Nervosität, je tiefer sie kamen. Tatsächlich ähnelten sich die Reiche, untereinander sehr. Jedoch wurde es immer dunkler und hier gediehen die leuchtenden Pflanzen nicht nur bei der simulierten Nacht, sondern dauerhaft. Zudem waren hier viel eher Schattenwölfe Zuhause. Trotz das die Ebenen riesig waren, fühlte sich Ruby durch zwei oder drei ihrer Art schon gefährdet. Selbst in dem weitläufigen Areal.
Da sie gerade ohnehin in ihre Ungewissheit liefen, fasste Ruby etwas Mut. Er hatte sie ja auch schon einmal angesprochen.
"Du bist also eine lebende Legende, da oben an der Oberfläche, weißt du das? Wie kam es dazu?" fragte sie den Schwarzen. In ihren Blick mischte sich Verwirrung, als dieser nur eine Art glucksendes Geräusch von sich gab.
"Ich bin nicht der, für den du mich hälst. Mein Name ist Don. Ich bin es aber gewöhnt, verwechselt zu werden", erwiderte der Große und Ruby schämte sich gerade für ihre Verwechslung, als sie die vierte Ebene betraten. Sie war deutlich kleiner und weniger ausgebaut und ausgereift, als die Anderen. Lebende Wände, die jeden Tag wuchsen.. Ruby schauderte und beobachtete das feste Gestein um sie herum.
Neben einem letzten Eingang; es musste der zur fürerst letzten Ebene sein, hielt er inne und schaute in die Schwärze. Selbst die Wolfaugen durchdrangen ihn nicht.
"Also kenne ich seine Intentionen nicht", fuhr Don fort.
"Aber... du darfst gerne selbst fragen", bot er süffisant an. Ein dunkles Grollen schallte aus der Höhle und das Geklirre schwerer Ketten.
Ruby schluckte schwer und Clay schaute schockiert in die Höhle. Zwar hatte Malin Castor's Existenz durchaus für möglich gehalten und Jay und Ruby's Bericht verteidigt, aber sein Bruder hatte offenbar doch so seine Zweifel gehabt. Fast erfüllte es die Rote mit Genugtuung. Fast. So ein Monster unter sich zu wissen, war wiederrum eine ganz andere Geschichte.

Langsam gingen sie nun weiter und kamen bald schon an einen schmalen Eingang, der in einen weiteren Höhlenabschnitt führte. Sofort wurde die Luft deutlich kühler. Tropfen fielen von der Decke und offenbarten kleine Pfützen bläulich, klaren Wassers, welches wie ein winziger Burggraben an den Wänden entlang verlief. Ein großer Fels ragte in der Mitte der Höhle in die Luft. Nach oben hin schienen dieser Höhle kaum Grenzen gesetzt.
Ruby schaute sich fasziniert um und trat vor, als Don stehen blieb und leise schnaubte.
"Wie gewünscht, sind hier die Eindringlinge, Mylady", sagte er förmlich und trat zurück, als eine mittelgroße, schlanke Wölfin mit schwarzen Augen auf den Felsen trat. Sie sah wunderschön aus und sehr gepflegt. Ein wenig violetter Rauch umwaberte sie.
Sie neigte den Kopf in Richtung Don.
"Ich danke dir", ließ sie ihre sanfte, feine Stimme hören. Jedoch war sie nicht zerbrechlich und Ruby konnte sich sehr gut vorstellen, wie diese Wölfin einen ordentlich anderen Ton anschlagen konnte, wenn sie das musste. Don verzog sich untergeben aus der Höhle.
Sie wandte sich nun Ruby und Clay zu.
"Was hat euch dazu veranlasst, ungefragt in mein Reich einzudringen? Waren euch die Gefahren nicht bekannt? Oder dachtet ihr, die Geschichten wären übertrieben und für euch kein Hindernis?" fragte sie und der kritische Unterton in ihrer Stimme verunsicherte Ruby.
"Nein.. wir sind hier, weil wir draußen bald einen Krieg haben!" sagte sie fest und etwas beleidigt. Als wäre sie so gelangweilt, dass sie ihre Freizeit einfach hier verbringen wollte.
"Und ihr glaubt, darüber wären wir nicht informiert?" fragte Despina missbilligend und Ruby fühlte sich zunehmend in die Ecke gedrängt. Dabei waren sie und Clay durchaus in der Überzahl. Jedenfalls noch...

"Natürlich, aber.. ihr oder Fenrir wollt, dass die Rudel an eurer Seite in die Schlacht ziehen, aber bleibt nur unter euch.." setzte Ruby an und knurrte, als Despina sie unterbrach.
"Ihr seid Fenrir und der Verteidigung seines Reiches verpflichtet. Ohne ihn wäre euch diese Gabe niemals gewährt worden. Und Jame ist ein exzellenter Spezialist. Uns hat noch niemand gestürzt", erwiderte Despina. Ruby legte die Ohren an.
"Keiner hat um diese Gabe gebeten! Und es ist schön, dass Jame so ein Spezialist ist... ihr seid nämlich deutlich in der Unterzahl, selbst mit denen, die in seine Taktik nicht eingeweiht wurden. Wir müssen zusammenhalten!" sagte Ruby fest. Despina's Augen wurden schmal.
"Gib dich nicht dem Glauben hin, ich wäre über unsere Misere nicht informiert. Ihr habt euch allerdings nicht sehr als Vertreter der für uns kämpfenden Parteien erwiesen. Wir haben hier keinen Platz für Spione", meinte sie kühl und traf einen wunden Punkt bei Ruby. Sie hatten sich wirklich nicht sonderlich professionell verhalten. Eher wie verwirrte, faszinierte Touristen, die sich sehr hatten gehen lassen...
Sie biss die Zähne zusammen und senkte den Kopf.
"Ihr solltet dankbar sein, dass Ruby, die mit beiden Rudeln nicht viel zu tun hatte, sich die Mühe gemacht hat, Eis- und Waldrudel zu vereinen. Das Waldrudel würde nicht an eurer Seite kämpfen ohne sie", bemerkte Clay eisig und spitzte Zähnefletschend die Ohren.
Despina schaute zu Ruby und musterte sie eine Weile.
"Das Waldrudel zweifelt an der Zustimmung ihres Gottes", stellte sie trocken fest, schien aber doch eine Spur beeindruckt, dass es 'nur' Ruby gebraucht hatte, um sie darüber umzustimmen.
Ruby schüttelte den Kopf.
"Ihre Entscheidung war gesunder Menschenverstand", sagte sie, als würde sie Despina's Gedanken lesen.
"Niemand ist sicher, wenn Avilox den Thron besteigt. Bitte. Wir müssen die bestmöglichen Gegebenheiten schaffen, um ihn zu besiegen", flehte Ruby und schaute zu der schwarzen Wölfin auf. Diese senkte den Blick und wandte ihn schließlich zur Seite. Das war kein gutes Zeichen, befand Ruby.

"Die Götter stimmen geschlossen dafür. Ich habe seit Fenrir's Berührung eine Verbindung in ihr Reich. Das Waldrudel muss sich keine Sorgen machen", sie hielt inne und schaute die Zwei dann wieder an.
"Es ist zu spät", war alles was sie sagte, als ein Beben das Schattenreich erschütterte. Heulen ertönte und steckte jeden Wolf an, der dieses Reich bewohnte. Nur einer blieb stumm, in den Untiefen und auch Despina sagte nichts. Sie tauschten Blicke und Ruby schüttelte den Kopf.
"Nein, nein, nein... das kann nicht sein. Wir haben noch zwei Monate gehabt... ist.. vergeht die Zeit hier schneller?" fragte sie alarmiert und schaute zu Clay.
Despina antwortete nicht und Ruby schlich sich eine Erkenntnis ein, als Clay von Despina zu ihr sah. Er wusste es auch.
"Verrat."
Das Wort fiel wie ein Stein zwischen sie. Jemand hatte der anderen Partei Auskunft über die Vorbereitungen gegeben und den Zusammenschluss der Rudel. Avilox hatte seinen Angriff vorgezogen.
Ruby fiel siedend heiß ein, wie sie die Anderen im Stich gelassen hatte und sah von Despina, zu Clay, ehe sie aus der Höhle stürmte. Don war fort.
Clay folgte ihr und niemand hielt sie auf, als sie alarmiert die Stufen zu den oberen Ebenen erklommen.
Als sie hechelnd an den Ausgang kamen, konnte Ruby direkt ihre Kampfkraft zählen.
Die zwei Kundschafter Kaya und Ivan.
Die drei schwarzen Jäger und drei Wachen. Kein Castor. Natürlich kämpfe Despina nicht mit. Sie musste das Schattenreich am Leben halten und hatte nicht sehr kämpferisch gewirkt.
Jame stand konzentriert ganz vorn und schaute nach draußen. Man sah das Feld draußen nur verschwommen, wie durch eine unruhige Wasseroberfläche.
"Wo ist Castor? Er muss dabei sein!" sagte Ruby aufgeregt. Ausnahmsweise traute sie sich etwas mehr. Ivan schüttelte nur den Kopf.
"Er kommt nicht, wenn ihn keiner ruft", entgegnete Don.
"Dann ruft ihn!"
"Das kann nur Fenrir."
"Weshalb tut er es dann nicht?"
jammerte Ruby langsam verzweifelt. Die meisten ihrer Kämpfer konnten  nur eins zu eins kämpfen und waren bei mehr als zwei Wölfen sicher besiegt. Castor konnte es dagegen locker mit mehreren aufnehmen. Don schüttelte nur den Kopf und Ruby wusste, dass sie hier nicht weiterkam. Das war alles. Keine Vorbereitung, keine Übung, keine weitere Hilfe.

Es wurde ernst. Ruby schlug ihr Herz bis zum Hals, als sie an Jame vorbeitrat und die Schattenhöhle verließ. Draußen ging Getöse los. Aber es war noch kein Kampf. Es war die Freude, Ruby und Clay wieder zu sehen. Nein, sie waren noch lange nicht verloren. Noch nicht.
"Es ist soweit", flüsterte Jay, als Ruby zu ihnen stieß und Ruby nickte abwesend. Zwei Monate waren zu wenig Zeit. Aber das hier?
Sie schaute sich in den Reihen um. Sah zu der kleinen Blue und Sila. Zu Sesi, die mutig in den vorderen Reihen stand.
Und dann richtete sich ihr Blick nach vorn.
Zwischen den Bäumen schoben sich riesige Wölfe durch. Und sie wusste, es war Avilox' Kampfkraft. Wie Heuschrecken, schien der Strom an Wölfen gar nicht wirklich aufhören zu wollen. Langsam, überlegen und mit Bedacht näherten sie sich dem Feld und Ruby schnürte die Erkenntnis die Kehle zu, dass jeder dieser Wölfe bestens wusste, was zu tun war, was sie vor hatten und was sie tun würden müssen, um es zu erreichen.
Sie fletschte die Zähne und trat nun vor, ebenso wie einige anderen. Die unsicheren Blicke der Wölfe in Richtung Schattenhöhle waren bald nicht mehr nötig. Dunkle Nebel- und Rauchschaden kamen aus der bildlichen Oberfläche des Höhleneinganges.
Nach und nach formte es sich zu Wölfen, die keiner aus dem Rudel je persönlich gesehen hatte. Alles, was das Schattenrudel aufwenden konnte, trat nach vorne an die vorderste Front. Jame war der Erste, der sein Fell flach an den Körper legte und andere bullige Wölfe taten es ihm gleich, während die Schlankeren ihr Fell sträubten wie Igel. Ruby nahm sich vor, sich diese Taktik zu Herzen zu nehmen.

Langsam traten sie vor. Der Strom an Wölfen schien kein Ende zu nehmen. Sie kamen nicht geschlossen, wie eine Wand, sondern kamen vereinzelt. Alle waren Ruby unbekannt. Solange, bis sich ein Wolf, in der Form eines schlanken Eisbären durch die Bäume schob. Seine Augen waren schwarz umrundet und leicht krustig und vernarbt. Allgemein sah er nicht unbedingt gut aus. Eher zerfleddert und vernachlässigt, aber muskulös. Seinem Blick wohnte kalte Brutalität inne. Leicht flankierend folgte ihm ein etwas kleinerer, pechschwarzer Wolf. Neben ihn sah er gepflegt, fast schon geölt aus, aber ebenso entschlossen und autoritär. Das musste Kenshin sein.
Ruby kam kaum zum Zählen der vielen Wölfe. Sie wusste schon jetzt, dass sie in der Unterzahl war und das Blut in ihren Adern gefror, als sie den Grund dafür sah.
Kenshin stockte Avilox' Rudel bereits soweit auf, dass er mit 5 Wölfen im Vorsprung war. Doch noch zwei Wölfe hatten sich ihm angeschlossen.
Ruby erkannte Cato und Leya. Ein bunter Wolf, der Vito ziemlich ähnlich sah, blieb derweil aufgeregt im Hintergrund und beobachtete sie Zähne fletschend, als würden sie sich wie Spielfiguren auf einem Schachbrett platzieren. Das musste Jax sein.
Der, der sie alle verkauft hatte. Für Ehre, Schutz und Geld. Wenn das hier vorbei war, würde Ruby ihn sich persönlich vornehmen.
Avilox blieb nun stehen und die Wölfe trabten vor. Ruby bemühte sich, immer an der Spitze zu laufen.
Dann ging es los.


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Jame stürmte nach vorn, wie ein kleiner Panzer und rammte die ersten Wölfe die ihm entgegenkamen gnadenlos zur Seite, ehe er mit einem Angreifer aneinander geriet. Genauso wie alle Wölfe.
Ruby fühlte sich wie verloren und half Blue mit ihrem ersten Gegner. Zwei gegen einen war Berechenbar. Sie biss dem Wolf in den Nacken und Blue biss ihm in den Bauch. Aber die Schmerzlaute der Wölfe besiegten sie noch lange nicht.
Kenshin stürzte sich nun auch in den Kampf und Avilox ging geraden Schrittes Richtung Höhle. Immer gedeckt von seinen kämpfenden Rudelmitgliedern, die sich auf alles stürzten, was sich bewegte.
Jame ging immer wieder dazwischen und ließ die anderen Wölfe sich regelrecht die Zähne an ihm ausbeißen. Keiner der stahlharten Panzer hielt so gut durch wie seiner.
Ruby warf immer wieder Blicke zu den Anderen. Leya und ein Fremder hatten sich auf Suka gestürzt und sie traf die Erkenntnis, dass die Weiße verlieren würde.
Ruby rannte los, wurde allerdings von zwei anderen Wölfen zu Boden gerissen.


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Avilox setzte seinen Weg fort. Jeder, der sich ihm in den Weg stellte, wurde gnadenlos aus dem Weg geräumt, teilweise auch von ihm selbst. Ein Schattenwolf und Mahila verwickelten ihn schließlich in einen Kampf und trotz allem sah es schlecht aus für sie.
Ruby schrie auf, als sie einer der Wölfe in die Flanke biss und verbiss sich beim Anderen in die Schnauze. Durch das Kampfgetümmel sah sie, wie Sura sich den Verletzten widmete. Suka lag. Einer ihrer Angreifer stürzte sich mit auf Ruby und nagelte sie an den Boden. Dann sausten seine messerscharfen Zähne nieder und bissen Ruby ins Gesicht. Sie wandte sich und spürte, wie silbriges Blut aus ihren Wunden lief.
Jame stieß die Drei von ihr herunter und kam grollend über ihr zum Stehen. Als er das Maul öffnete und die scharfen Silberzähne entblößte, wichen die Drei zunächst zurück. Aber auch das währte nicht lange.
Ruby robbte unter ihm weg und beging den Kampf wieder. Doch immer mehr wurde sie abgelenkt. Wo waren Jay und Fabs? Suka lag scheinbar leblos am Boden. Sie atmete extrem flach und sah schrecklich aus. Leer starrte sie vor sich. Anders erging es auch nicht drei der anderen Rudelwölfe. Je mehr von ihnen ausgeschaltet wurden, desto mehr stürzten sich auf die weniger Wehrhaften. Sura wurde von ihrer Arbeit weggerissen. Sesi von drei Wölfen an das Gestein der Höhle genagelt. Die agile Wölfin fand keinen Ausweg mehr und wurde praktisch überrannt.
Scharfe Zähne bohrten sich in Ruby's Nacken und drückten sie gnadenlos zu Boden. Sie spürte, wie sie sich fester und fester bohrten und jaulte jämmerlich auf. Sie spürte ein Knacken. Ein scharfer Schmerz in ihrem Hinterkopf und sie wurde fortgerissen.


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Sie sah nur noch, wie sich einige Schattenwölfe in die Höhle verzogen. Avilox kämpfte gegen Ivan. Wie in Ruby's Vision. Er war also der schwarze Wolf gewesen...
Sie waren direkt vorm Höhleneingang. Auf gar keinen Fall durfte der weiße Wolf dort hineingelangen.
Dafür schafften es zwei andere Wölfe hinein. Eska opferte sich und riss Avilox von Ivan. Nur der Überraschungsmoment machte es ihr möglich. Eine Sekunde lang schien die Zeit eingefroren. Dann löste Ivan sich auf. Der Rauch verging in der Schattenhöhle. Ein Augenaufschlag, dann war sie fort. Die Höhle. Das Feld. Weg.
Welcher Gegner auch immer fiel, sie standen fast alle irgendwie wieder auf. Waren sie nicht brutal genug? Wandten sie die falsche Technik an?
Kaum eine Handvoll von den Rudeln floh auf ein Rufen und ließ die Geschlagenen zurück. Jeder, der nicht gehen wollte, wurde von vier oder fünf Wölfen niedergerungen und kampfunfähig gemacht. Wenn nicht getötet.
Doch auch Ruby war nicht tot und sie betete, dass es die Anderen auch nicht waren. Doch ihr wurde schwarz vor Augen. Das Letzte, was sie hörte, war Avilox heulen. Die Wölfe antworteten triumphierend, doch Ruby hätte am liebsten den Kopf geschüttelt. Avilox heulte nicht triumphal. Er klang frustriert.

____

Stimmgewirr weckte Ruby. Doch es klang sehr weit weg. Sie konnte sich nicht bewegen. Sie fühlte sich, als würde sie träumen und noch im Halbschlaf kam ihr die Erkenntnis. Sie hatten verloren. Sie hatten wirklich verloren.
Sie hatte geahnt, dass es nicht einfach werden würde. Dass die Guten nicht immer gewannen und sie alles in allem unterlegen waren. Aber der Überraschungsangriff hatte ihnen das Genick gebrochen.
Sie öffnete die Augen nur einen Spalt. Sie war in einem Gebäude oder... einem Zelt. Einem weißen Jagdzelt. Was für ein Widerspruch.
Langsam hob sie den Kopf.
Und sie war nicht alleine, aber es war keiner ihrer Entführer. Sie zählte einige Frauen der Rudel. Darunter Suka, Mahila, Drisana, Chena... einige mussten noch woanders untergebracht sein. Ruby hatte wenige fliehen sehen.
Sie merkte, dass ihre Hände hinter ihrem Rücken verbunden waren und sie einen Knebel im Mund hatte. Wie unwirklich das Ganze war, schoss ihr durch den Kopf.
Sie versuchte ihren schmerzenden Nacken zu drehen und keuchte leise auf. Es war ein unglaublicher Akt, gegen die Schmerzen anzukommen.
Draußen liefen einige Männer herum. Sie verwandelten sich also durchaus gerne zurück.
Von den Frauen war außer Ruby kaum jemand sonst wach oder ansprechbar.
Sie lehnte sich zurück und lehnte den Kopf zurück an die Zeltwand.
"...gute Ausbeute gemacht. Entweder sie schließen sich uns an oder sterben", meinte eine männliche Stimme vor dem Zelt und der andere lachte.
"Außer die Frauen, die kannst du immer gebrauchen!"
Ruby sank tiefer zusammen. Sie realisierte erst langsam, was sie alle erwartete. Sie hatten nicht nur das Schattenreich ins Nichts verloren. Oder die Menschen um sie herum. Sie hatten vor allem sich selbst verloren, an irgendwelche notgeilen Kerle.
Angst kroch in ihr hoch und jedesmal, wenn Schritte besonders nah am Zelt vorbeikamen, wurde ihr speiübel.

Sie stieß sachte Suka an, die bewusstlos an einen Pfosten gebunden war, ähnlich wie sie selbst. Mahila lag auf der Seite, ebenfalls  noch die Augen geschlossen.
"Wir sind verloren oder? Wir sind nicht mehr zu retten", flüsterte eine weibliche Stimme neben ihr und Ruby wandte überrascht den Kopf. Sila saß neben ihr. Sie musste schon viel länger wach sein, als Ruby. Ihre Augen waren rotgeweint und sie nickte mechanisch vor und zurück mit ihrem Oberkörper, so viel Platz wie ihr die Fesseln ließen.
Ruby hätte ihr am liebsten widersprochen. Da fiel ihr auf, dass Sila keinen Knebel hatte und offenbar auch nicht zu ihr gesprochen hatte.
Eine schreckliche Erkenntnis überkam sie. Sie musste schon viel eher wach gewesen sein. Sie war bereits ein Opfer der gegnerischen Wölfe geworden. Und sie war gewiss nicht die Einzige gewesen. Mahila lag unfestgebunden, aber gefesselt auf der Seite, wie weggeworfen.
"Macht mit ihnen was ihr wollt. Für sie habe ich keine Verwendung", erklang Avilox harte Stimme. Sie war nicht so richtig dunkel, dafür klang sie rau und abgenutzt. Und diesem Befehl würden die nächsten Stunden und Tage Taten folgen.

Bei den ersten Frauen, die von mehreren Männern unter Schreien gepackt und verschleppt wurden, traten Ruby jedesmal die Tränen in die Augen. Sie betete, wünschte sich meilenweit weg und konnte nicht mehr schlafen.
Irgendwann war auch sie dran. Sie wusste nicht, wo sie war, doch es war weit weg vom Wald, an dem sie gekämpft hatten. Sie wurde in eine dunkle Hütte getragen und trotz beten, wehren und hoffen kam ihr keine Hilfe, als sie Opfer wurde.
Diese Prozedur zog sich tagelang. Jeder von ihnen sah auf seine Weise schrecklich aus. Ungepflegt, voller blauer Flecken und Platzwunden.
Doch dann kam eine Änderung, die Ruby fast nicht bemerkt hätte. Angst schlich in Ruby's Körper hoch, der vorher noch nur eine leere Hülle gewesen war.
Keiner der Frauen, die an diesem Tag verschleppt wurden, kam zurück. Bis Suka und sie übrig waren. Doch die Blonde war nicht ansprechbar. In ihren Augen lag der blanke Hass an diesem Tag. Obwohl sie eines der Opfer war, verfolgte sie heute die Männer mit Blicken wie ein Falke die Mäuse auf dem Feld beobachtete.
Bis sie ebenfalls gepackt und mitgenommen wurde. Sie wehrte sich nicht.
Ruby begann zu weinen, als sie sich vorstellte, wie sie auf Avilox Befehl hin vielleicht nun wirklich umgebracht wurden.
Auf einmal wurde die Öffnung des Zeltes aufgerissen und Ruby starrte angstvoll auf die Gestalt, die das Zelt betrat.
Sie begann in ihren Knebel zu beißen und jetzt schon zu wüten. Sie würde sich wehren wie noch nie!
"Halt still!" zischte die Person und Ruby hielt inne. Diese Stimme kannte sie.
Suka!
Die Blonde befreite Ruby von ihren Fesseln. Die Rothaarige schaute sie schockiert an.
"Wie..", setzte sie an und sah das blutige Messer in Suka's Hand. Wie war sie an den Dolch gelangt?
"Männer sollten sich ihrer Opfer eben nie zu sicher sein", entgegnete sie kalt. Tatsächlich war sie selbst auch sehr unwehrhaft geworden und hatte die fehlende Vorsicht ihres Peinigers aus Hoffnungslosigkeit nie genutzt.

Sie schaute ehrfürchtig auf Suka, als sie aufstand. Ihre Beine trugen sie kaum und sie biss sich in ihren Ärmel, um keinen Ton von sich zu geben. Es war nachts. Ruby hatte jedes Gefühl für Zeit verloren.
Langsam folgte sie der Blonden, die draußen sicherte und sie dann mit sich zog.
"Die Anderen...", begann Ruby im Flüsterton doch Suka schüttelte ruckartig den Kopf.
"Wenn wir sie jetzt versuchen zu befreien, sind wir wieder da, wo wir waren. Ohne zweite Chance", sagte sie hart. Ruby bebte, als sie die Hütte der Schmach erblickte. Sie gingen an ihr vorbei und sie erhaschte einen kurzen Blick auf den Täter, der zum Opfer geworden war. Suka hatte ihm das Messer ins Auge gerammt. Silberblüter waren also wohl doch tötbar. Solange es keine Wölfe waren.
Sie verwandelten sich nun und rannten los. Ruby ging mehrmals die Puste aus. Sie stolperte und strauchelte und hatte Mühe, mit der Weißen mitzuhalten. Sie wusste nicht, wo sie waren. Es schien ein anderer Teil zu sein. Vielleicht das Lager, in dem sie sich auf den Kampf vorbereitet hatten.
"Wir können die Anderen doch nicht zurücklassen.." sagte Ruby, während sie neben Suka herging.
"Und was sollen wir deiner Meinung nach zu Zweit ausrichten? Wir können dort nichts mehr tun. Sie haben sie in feste, abschließbare Steinhütten verfrachtet. Kein Holzverschlag, wie... Wir können nichts mehr tun. Wir müssen uns neu aufstellen. Wir haben keine Ahnung, wo die Geflohenen sind", gab Suka zurück und Ruby senkte den Kopf. Da hatte sie recht. Sie wusste nicht, wo ihre Rudelmitglieder waren. Und Suka wusste nicht, wo ihre Schwester war. Diese Erfahrung musste noch schwieriger für sie sein.


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"Sie halten Sam in einem extra Zelt gefangen. Sie versuchen ihn dazu zu bringen, sich ihnen anzuschließen. Ihn und Nanuq wollen sie. Sie wissen, dass der Große nur seinem wahren Rudelführer folgt."
Suka blieb nach Stunden stehen und setzte sich. Sie hatte ihre Emotionen als Wolf deutlich besser im Zaum. Vermutlich war das einer der Gründe, weshalb sie sich stets verwandelte und die Menschengestalt so hasste.
"Wir müssen uns in Acht nehmen, wegen Fletscher. Avilox hat ihm deutlich mehr zu geben, als wir", merkte Suka schließlich an und suchte nach einem Fuchsbau.
Ruby lauschte ihr still. Sie dachte an alle, die noch im Lager waren. Das war nicht fair. Erging es ihnen nun weiter so? Oder waren sie schon tot?
Ruby verwandelte sich zurück. Sie konnte die Wolfgestalt nicht mehr aufrecht erhalten. Das Verwandeln war ihr nicht gelungen, als es darauf angekommen war. Es war wie ein Albtraum gewesen, in dem sie sich nicht hatte wehren können. So viel dazu, dass sie nichts und niemanden fürchten musste. Sie hatte gerade ihre Meister gefunden.
Suka gab auf. Als Mensch war so ein Bau nicht ausfindig zu machen. Sie sank auf die Knie und vergrub ihr Gesicht in den Händen.
Ruby beschloss, ihr die Zeit der Trauer und der Schwäche zu lassen und ging ein wenig auf Abstand. Sie wusste, dass die Blonde das mehr zu schätzen wissen würde, als ein unbeholfener Versuch, sie zu trösten. Ruby selbst hatte nicht das geringste Interesse an körperlichem Kontakt.
Doch auf einmal erklangen Stimmen. Und sie kamen näher. Ruby wusste nicht, wohin sie sollte. Sie wollte Suka rufen oder wenigstens zu ihr doch das Laub unter ihren Schuhen war verräterisch laut.
Sie sprang an einem Ast hoch und versuchte unbeholfen zu klettern. Gerade rechtzeitig klammerte sie sich hilflos an die Rinde. Sie hatte kaum Kraft sich zu halten.

Zwei Gestalten blieben unter ihrem Baum stehen. Sie kannte sie nicht. Zwar waren es definitiv Angreifer, aber keine, welche sich an den Frauen vergriffen hatten. Dennoch hielt Ruby sich weiterhin fest. Einer der Männer bückte sich und strich über das aufgewühlte Laub.
"Die Verhandlungen sehen schlecht aus. Er hält sein Wort nicht", sagte der Schwarzhaarige.
"Er hat auch nicht das, was er will", gab der Brunette zurück.
"Natürlich nicht. Er hat sich von einem Wolf und einer Wölfin davon abhalten lassen. Das reicht nicht aus. Wir hatten auch Verluste!"
"Sicher. Wenn er sein Wort nicht hält, wird Kenshin das nicht gefallen. Aber was soll er tun? Avilox wird die Welt unterjochen", entgegnete der Braunhaarige.
"Er kann eine Menge tun. Der Knochenwolf ist noch kein Gott. Er kann sich nichts als eine seiner selbstgebastelten Kronen aufsetzen."
"Du hast gesehen, wie der Kampf ausging. Er wird sie ohne uns notfalls nochmal schlagen oder eher der traurige Rest, der übrig ist. Und dann sind wir sein nächstes Ziel."
Die Männer begannen wieder weiter zu ziehen. Ruby verkrampfte sich, aber ihre Arme waren mittlerweile taub. Entweder konnte sie nie wieder loslassen oder würde den Weg den sie geklettert war, wieder herunter fallen.
"Wir werden sehen."
Die Worte verklangen.
Ruby zitterte, dieses Mal mehr aus Anstrengung und ließ sich unbeholfen runter. Den letzten halben Meter fiel sie und erstarrte erschrocken. Aber keiner kam mehr zurück.
Immerhin hatte sie nun Neuigkeiten. Vielleicht gab es Hoffnung! Etwas, dass Ruby nicht gewohnt war, aufzugeben.
Sie rannte zu Suka, die ihr einen eisigen Blick zuwarf.
"Wo warst du?!" fuhr sie sie an.
"Ich.. ich war.. da.. ich musste mich verstecken. Zwei Männer kamen", sagte Ruby und sah, wie die ohnehin schon bleiche Blondine weiter erblasste. So sah sie noch ungesünder aus.
"Es war keiner von.. denen. Also.. keiner der es getan hat.." Ruby begann unbeholfen zu werden und Suka rümpfte die Nase.
"Ich mache keine Unterschiede!"
"Das solltest du vielleicht. Sie klangen, als gäbe es interne Differenzen. Das ist eine Chance!" beteuerte die Rothaarige, doch ihr Gegenüber schüttelte bloß den Kopf.
"Zieh den Kopf aus den Wolken. Sie werden uns niemals helfen. Los, wir brauchen einen sicheren Platz zum Schlafen", forderte Suka sie auf und ging wieder weiter.

Ruby folgte ihr missmutig und auf zittrigen Knien. Sie wollte ihre Hoffnung allerdings nicht begraben. Gerade gab es nichts, an dass sie glauben konnte, als das. Es musste etwas sein. Etwas Bedeutsames.
Sie gingen nun auf einen Wald zu und Ruby spürte, dass es der Wald war. Obwohl von einer anderen Seite und vom eigentlichen Rudel recht weit weg. Allerdings ging dieser Wald ja auch durch mehrere Orte.
Erst war es nur ein Gefühl, dass die Beiden zog. Dann war es der warme Geruch von Essen.
"Bilde ich mir das ein?!" fragte Suka, die trotz des langen Schweigens momentan recht umgänglich war und Ruby schüttelte ungläubig den Kopf.
"Wer kocht denn mitten im Wald? Camper?" fragte sie und hoffte inständig, dass sie sich irrte. Suka war sicher dazu fähig, diese mit schlimmen Mitteln zu vertreiben und wäre es nicht sie, wären sie wenigstens wegen der neuen, wildernden Wölfe in Gefahr.
Ein nervöses Wiehern und Schnauben ließ sie inne halten. Sie trennten nur noch ein paar Sträucher von einer kleinen Lichtung, auf der eine Holzhütte stand. Licht kam aus dem kleinen Fenster. Ein schwarzes Ross stand vor der Hütte angebunden und hatte sie bereits entdeckt.
"Den wird er gewiss nicht vermissen", meinte Suka und kletterte über das Gebüsch. Ruby wollte sie aufhalten, da hatte Suka bereits eine Klinge an der Kehle. Ruby erstarrte. Die Axt war mit der Spitze in einem Baum hängen geblieben. Der Rest der langen, scharfen Schneide ging an der weißen Haut der Blonden lang, die sofort innegehalten hatte- zum Glück.
"Das sehe ich anders", erklang eine dunkle Stimme und Suka wich zurück.
"Gray!" stellte sie abweisend und fast schon ehrfürchtig fest.
"Ein Einzelgänger?" fragte Ruby. Sie hatte nur mysteriöses und eigentlich fast nichts von Gray gehört. Die meisten Wölfe hatten ausgerechnet wegen dieser Ungewissheit ziemlich großen Respekt vor ihm. Und das war sogar nicht einmal umsonst. Er war ein hochgewachsener Mann mitte Vierzig, schwarzgrauen Haaren und braun gebrannt. Man sah die Muskeln im Mondlicht durch sein halboffenes, kariertes Shirt.

"Ich glaube das geht euch nichts an", entgegnete er düster und stellte sich ihnen mit gezückter Axt in den Weg.
"Du kannst unmöglich ungestört hier leben mit dieser schwachen Beute an deinem Haus!", zischte Suka. Sie schien es zu fuchsen, dass er sich ihnen entgegenstellte.
"Wie du siehst, gibt es viele Wege, ungestört zu bleiben. Glaub mir, der Preis war hoch genug", gab er zurück. Suka dachte gar nicht daran, ihn ungestört zu lassen. Anstand nach Gastfreundlichkeit zu fragen, nahm sie ihre letzte Energie, um sich zu verwandeln. Gray reagierte zu Ruby's Überraschung rasend schnell.
Sie packte Suka noch ins spitze Fell, um sie fest zu halten und nur deshalb traf sie die Axt nicht mitten in der Verwandlung mit voller Wucht. Stattdessen streifte sie sie nur. Genug für die Weiße, um aufjaulend zurück zu weichen. Blut tropfte zu Boden und es war Rot. Sie würde die Verwandlung nicht lange durchhalten. Ruby schlang ihre Arme verzweifelt um die Weiße.
"Suka bitte! Lass es, lass es!" schrie sie die Wölfin an und diese reagierte zu ihrer Überraschung sogar und blieb geduckt und geschwächt stehen.
Gray hatte seine Waffe schon wieder im Anschlag, aber auch ihm entging der Anblick des roten, anstatt silbernen Blutes nicht.
"Was wollt ihr?!" rief er dröhnend und fixierte Ruby, die völlig aufgelöst und zitternd da stand.
"Bitte, bitte Gray wir brauchen Hilfe. Wir wurden angegriffen. Festgehalten. Wir werden euch nichts tun. Bitte helft uns!" Ruby vergrub ihr Gesicht in ihren Händen und begann zu weinen, während sie langsam auf die Knie sank. Suka beruhigte sich und senkte den Blick. Gray starrte die beiden eine Weile an, dann ließ er die Axt sinken.
"Wenn du ihm etwas zu Leide tust, werde ich dich köpfen und deinen Schädel vor meinem Haus aufspießen!" zischte Gray zu Suka und trat zu Ruby, ehe er ihr überraschend sanft aufhalf und sie mit zum Haus nahm.
Die weiße Wölfin folgte misstrauisch und warf einen letzten Blick auf den schwarzen Hengst, ehe die Drei im Haus verschwanden.

Dort setzte Gray Ruby auf eine Bank und Suka verwandelte sich wieder zurück.
Er reichte Ruby Taschentücher und der Blonden etwas zum Kühlen.
"Ich weiß nicht, wo du herkommst. Aber bei uns springt man Äxten nicht einmal entgegen, wenn man eine Ritterrüstung trägt", sagte er, ehe er in einer kleinen Küche verschwand.
"Da wo ich herkomme, hält dich kein Holzhüttchen warm. Da wo ich herkomme, schützt dich nichts, außer du dich selbst", entgegnete Suka und drückte gereizt das Kühlpad auf ihre Schläfe.
"Dann unterscheidet sich der Ort ja nicht so sehr von hier."
"Mach dich nicht lächerlich. Jeder könnte diese Hütte einfach so abbrennen, dein Pferd reißen und dich vertreiben. Oder dir im Schlaf die Kehle durchschneiden", gab Suka zurück. Ruby lauschte der Diskussion, immer mal wieder von Schluchzern unterbrochen und strich sich die Haare zurück.
"Dann frag dich mal, wie ich es geschafft habe, dass es keiner versucht", gab Gray zurück und stellte jedem eine Schüssel Eintopf vor die Nase. Suka gab keine Antwort und betrachtete das Essen skeptisch. Ruby begann schüchtern zu essen. Der Hunger brachte sie noch um. Und das aufgeweichte Brot, welches sie bekommen hatten, hatte es auch fast getan.
Avilox hatte nicht die Ressourcen, um sie alle durch den Winter zu bringen. Das wurde Ruby erst jetzt klar.
"Wir müssen zurück", sagte sie plötzlich aufgeregt.
"Hörst du wohl auf", entgegnete Suka genervt und stocherte nach einem Fleischstück.
"Nein, wirklich. Sie werden sie töten. Wie lange wollen sie sie noch stopfen? Sie haben selbst kaum genug zu Essen!"
"Gut, dann verrecken sie gleich mit. Sorry Ruby, aber das ist ein Himmelfahrtskommando. Du kommst nicht gegen 45 Wölfe an", sagte Suka bestimmt und Ruby sank auf ihrem Platz zusammen. Natürlich würde sie das alleine nicht schaffen. Aber in diesem Wissen konnte sie auch nicht ruhig hier sitzen.

"Ich glaube, ihr seid mir eine Erklärung schuldig. Macht euch frisch, schlaft und wir reden morgenfrüh. Jeder, der den Morgen nicht erlebt, den wirst du jetzt auch nicht retten können, solange du kein Filmheld bist", meinte Gray und entließ die Zwei in ein Gästezimmer und das Bad.
Es war unglaublich schwierig für Ruby, als sie dran war, die Kleider fallen zu lassen und sich zu sehen.
Sie verkroch sich unter der Dusche und versuchte unter dem heißen Wasser zu vergessen, was sie niemals vergessen würde können.
Aber die Dusche tat gut und sie hatte sich selten so oft gewaschen, wie an diesem Abend. Erst, als sie meinte, dass es genug war, ging sie auf ihr Zimmer.
Und am nächsten Morgen, würde sie in aller Früh aufbrechen und keiner würde sie aufhalten. Sie musste die Anderen befreien. Das war sie ihnen schuldig!

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BeitragThema: Re: Silberblut   Silberblut - Seite 3 EmptySa Aug 12, 2017 1:55 am


Gebrochene Seelen






Silberblut - Seite 3 Supergrade-th


Das alte Holz knarrte, als Ruby die Beine aus dem Bett hob und langsam aufstand. Suka war noch tief und fest am Schlafen. Sie hielt inne und bewegte sich dann langsam und schleichend, um die Blonde nicht zu wecken. Sie würde sie nur aufhalten wollen und das konnte Ruby nicht gebrauchen.
Sie hoffte, dass Gray ebenso noch schlief. Sie wusste, es war eine dumme Idee. Aber sie konnte kaum ein Auge zu tun, wenn die Anderen noch in Gefangenschaft waren und Gott wusste was da mit ihnen geschah.
Ruby betrat erst den Flur und dann den Vorraum, in dem sie gegessen hatten. Die Küche war direkt an ihn angeschlossen. Ob er diese Hütte extra gebaut hatte oder hatte es sie schon vorher gegeben? Musste es nicht bekannt sein, dass er hier wohnte? Oder war er einfach nur in Vergessenheit geraten...?


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Die Luft war rein. Anscheinend schlief Gray noch. Was kein Wunder wäre, denn es war gerade kurz nach sechs morgens und draußen waberte leichter Nebel vom Morgentau über die Wiese. Zwielichtige Sonnenstrahlen brachen durch die Blätter des Waldes, als Ruby die Tür öffnete und sich nach draußen schob.
Die Rothaarige schloss kurz die Augen und atmete die frische Luft ein. Gerade wollte sie einen Schritt machen, als ein lautes Hackgeräusch sie zusammenfahren ließ. Erschreckt hielt sie sich eine Hand vor den Mund, als sie aufquiekte.
"Wo willst du denn hin?" fragte Gray, der gerade Holz hackte und musterte sie skeptisch von der Seite.
"Dich wieder gefangen nehmen lassen? Ich dachte, wir hätten einen Deal und ihr weiht mich ein."
Fast klang er ein wenig enttäuscht. Er hatte sich ja aber schon immer aus den Wolfdingen herausgehalten, dachte Ruby.
Was kümmerte es ihn also? Aber sie wusste, dass diese Gedanken nicht fair waren, in Anbetracht dessen, dass diese Gefahr hier jeden betraf.

"Das Waldrudel ist auch gefangen oder?" fragte er leise und riss Ruby aus ihren Gedanken. Sie betrachtete ihn argwöhnisch. Er konnte sie schlecht nicht kennen, aber da schien noch etwas Anderes zu sein.
"Ja... Da geht etwas vor sich, dass uns alle betrifft", wiederholte Ruby mit wenig Seele in ihren Worten.
"Dann habe ich ein Recht darauf, davon zu erfahren", entgegnete Gray und schlug die Axt in den Baumstumpf, klopfte sich die Hände ab und bedeutete Ruby, sich auf die Holzbank vor der Hütte zu setzen.
Sie seufzte leise auf und ergab sich schließlich doch ihrem Schicksal. Sie konnte sich einfach nicht abfinden. Aber der Gedanke wieder zurückzukehren, ließ Panik in ihr aufkommen.
"So und jetzt erzählst du mir was passiert ist", sagte Gray, verschränkte die Arme und musterte Ruby, die sich auf die Lippen biss.
"Du kennst das Waldrudel. Geschichte gegen Geschichte", entgegnete Ruby und Gray verdrehte die Augen zum Himmel und stieß die Luft aus.
"Na schön", antwortete er knapp und setzte sich dann mit Abstand neben Ruby.
Diese packte die ganze Geschichte aus. Von Avilox, seinem Zusammenschluss, dem Verrat und der Gefangenschaft.
Gray lauschte ihr still und nickte dann und wann.
"Das Schattenrudel ist geflohen? Ihr werdet Avilox nicht ohne es besiegen", stellte Gray fest und Ruby nickte bedrückt. So etwas ähnliches hatte sie sich gedacht. Aber wie sollten sie wieder an es rankommen?
Der Teil mit der Gefangenschaft fiel ihr am Schwersten und immer wieder brach ihre Stimme. Gray hob die Hand und schüttelte den Kopf.
"Ich bin dir meine Geschichte schuldig und ich denke, sie beinhaltet deine Lösung", sagte er leise. Ruby sah ihn mit großen Augen an. Wenn das wahr wäre, standen sie wirklich in seiner Schuld.

"Ich bin nicht mit diesem Wolfsgen geboren und weiß der Teufel, dass ich das auch nie gewollt hätte. Ich kenne das Waldrudel, weil Desna meine Frau war. Sie hat es vor mir Geheim gehalten, aber das hätte sie nicht einmal müssen. Ich liebte sie bevor und nachdem sie es mir gestanden hatte. Aber... Desna hatte leider schon immer ein sehr einnehmendes Wesen. Ich führte meine Ranch, mit Pferden", sein Blick fiel auf seinen Hengst.
"Und Rindern. Ich bin in dieser Arbeit aufgegangen. Es ist ein Kindheitstraum gewesen, seit ich mit Jähzorn und cholerischen Anfällen zu kämpfen hatte. Während ich von meinen alten Arbeitsstellen regelmäßig wegen diesen Dingen entlassen wurde, war diese Ranch die Lösung. Meine Probleme lösten sich zwar nicht in Luft auf, aber ich war sehr viel entspannter und ging in meiner Arbeit auf. Bis Desna aufhörte, sich altern zu lassen und jeden Tag in der Angst lebte, mich zu verlieren. Sie infizierte mich- gegen meinen Willen und ohne mein Wissen- in der Nacht. Als ich mich verwandelte, freute sie sich und gestand es mir. Ich konnte es nicht fassen. Albträume plagten mich seither. Ich konnte meine Arbeit mit den Tieren nicht mehr richtig wahrnehmen, denn sie begannen Angst vor mir zu bekommen. Daraufhin kehrte die Wut wieder in mir zurück. Ich verwandelte mich unkontrolliert und ich glaube, ich habe fast den ganzen Hausrat zerstört. Desna wollte ein Rudel mit mir aufmachen, aber ich habe mehr als abgelehnt. Als ich merkte, dass ich meinen Traum begraben konnte, da es keine Heilung gab, verjagte ich sie, trennte mich und zwang sie, mich aus ihrem Rudel freizugeben. Ich riss die Zäune des Hofes nieder, die Tiere flohen und ich verschwand tagelang- wochenlang. Nur einer blieb bei mir", er nickte zu dem Pferd, welches friedlich grasend am Haus stand.
"Ich konnte mich nicht mehr in mein menschliches Dasein integrieren. Ich wurde, wohin ich auch kam, abgewiesen und als Wolf war auf mich zwischenzeitlich ein Kopfgeld ausgesetzt. Also habe ich mir diese Hütte gebaut und mich hier niedergelassen. Aber wie deine Freundin schon gut erkannt hat. Ich habe für die örtlichen Wölfe hier Beute stehen gehabt. Dazu gehörten auch Rudelmitglieder die später zu Desna gehört haben. Ich brauchte eine Lösung, nach schlaflosen Nächten, um meinen einzigen, treuen Gefährten nicht an diesen Fluch zu verlieren. Meine einzige Möglichkeit war, zu beten. Etwas, dass mir zuwider war und noch immer ist. Ich würde es dir niemals erzählen", meinte Gray und wandte den Blick in die ruhige Ferne. Tatsächlich kamen nicht einmal Angreifer hier entlang.

"Und? Was war die Lösung? Hat Fenrir diesen Ort berührt oder ihn geschützt?" fragte Ruby und musterte den Mann von der Seite. Dieser sog leise die Luft ein.
"Du musst dabei wissen, dass ich meine Prioritäten damals gesetzt hatte. Ich habe mit Menschen um mich herum nichts mehr zu tun gehabt, außer das Leid welches sie brachten. Und mit den Wölfen war es ebenso. Ich war übermüdet, verlassen und am Ende."
Ruby rechnete nun mit dem Schlimmsten, wo er sich schon im Voraus rechtfertigte. Was mussten sie bloß tun?
"Ich habe eine Vision bekommen, in der ich Runen auf den Boden zeichnete und Fenrir den Preis in Blut zahlte. Fünf wahllose Opfer waren der Preis dafür, dass er seinen Henker aussandte. Ich sollte in dieser Nacht im Haus bleiben und habe einmalig aus Angst alles reinverfrachtet, was Schaden hätte nehmen können. Selbst den Gaul. Keinen Blick habe ich rausgeworfen und draußen war es wahrlich nicht sicher. Doch am nächsten Morgen schon spürte ich, dass etwas anders war. Ich war noch sehr auf der Hut, aber nie wieder gab es Übergriffe. Ich denke, dass ist es, was ihr tun müsst. Fenrir dazu bringen, sich auf dieser Welt einzuschalten", schloss Gray und Ruby senkte den Kopf bei seinen Worten. Gray hatte Menschen geopfert für seine oder eher die Sicherheit seines Gefährten. Als sie ihn danach fragte, wich er zunächst aus, bis er sagte, er habe Wanderer abgefangen.
"Aber unschuldige Menschen? Die wollen wir ja gerade schützen", sagte Ruby leise.
"Nun, ich hatte nichts anderes zur Hand, aber... ich denke, dass alles, dem man die Kehle durchschneiden kann geht. Jedoch solltest du es in seinem Sinne tun, da du ja ihn beschwören willst und keinen anderen Gott", erwiderte Gray.
"Was spricht dagegen, diese Arschlöcher zu den Gejagten zu machen und zu opfern? Fünf weniger und wir sind auf gleicher Wellenlänge", erklang eine harte Stimme hinter ihnen. Suka trat aus der Hütte. Sie schien mitgehört zu haben, denn ihre Augen funkelten. Gray hatte wohl wenigstens eine von ihnen begeistern können.


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"Leute töten? Ich meine...", Ruby brach ab. Mord an einem Menschen war etwas Neues für sie. Aber in diesem Moment fiel ihr ein, dass Suka bereits jemanden getötet hatte. Ihren Peiniger. Ruby wusste nicht, ob sie zu einer Rache imstande war. Selbst an diesen Männern nicht.
Sie stieß ein leises Seufzen aus.
"Dann wollen wir keine Zeit verlieren oder? Hilf... hilfst du uns Gray?" fragte Ruby zögerlich und erwartete schon die negative Antwort. Tatsächlich schüttelte er den Kopf.
"Bewaffnet euch in meinem Schuppen. Aber ich kann diesen Ort nicht verlassen", sagte Gray leise und nickte in Richtung einer Anbaute seiner Hütte. Ruby senkte den Kopf, widersprach nicht und ging mit Suka zu dem Holzschuppen. Dort hingen allerlei Werkzeuge wie große Hämmer, Spitzhacken, Äxte und dergleichen. Suka bewaffnete sich mit einer Spitzhacke, Ruby nahm sich eine leichte Axt. Und sie betete, dass sie sie nicht wirklich einsetzen musste. Außerdem fanden sie wenigstens für vorübergehende Fesselung einige Strohbänder und Kabelbinder.
"Und was machen wir, wenn sie sich verwandeln?" fragte Ruby leise und schluckte ihre Übelkeit herunter. Sie begann ein wenig zu zittern.
"Dasselbe, dass sie uns eingeflößt haben. Vielleicht tun es auch K.O Tropfen. Das kann spannend werden. Immerhin leben sie wie Einheimische. Ihre Trinkwasserzufuhr sollte sich recht einfach manipulieren lassen", meinte Suka und ging entschlossen voraus. Die Rothaarige war gezwungen, ihr zu folgen.
"Können wir nicht gleich das ganze Lager vergiften", grummelte Ruby und bekam einen überraschten Blick der Blonden.
"Wenn ich nicht wüsste, dass unsere Verbündeten davon trinken, wäre ich bei dir", erwiderte sie leise. Zurück zu der Stätte zu gehen, an der sie gefangen gehalten worden waren, hatte einen bitteren Beigeschmack. Und es war gefährlich.

Lange dauerte es nicht, da sie den ersten Patrouillien begegneten.Kräftige, zerfledderte Wölfe, die sich zwischen den Bäumen hindurch schoben und wachsam mit den Ohren spielten. In jede Richtung hörten und deren Nasenflügel bebten, um ungebetene Gäste jederzeit zu erkennen und zu orten.
Suka und Ruby saßen derweil in einem Versteck, gerade weit genug von der Patrouille entfernt. Sie mussten auf den Wind achten. Suka, als geübte Jägerin, übernahm die Führung.
"Sie sind wunderbar einfach gestrickt. Sie haben ihre Vorräte in einer Hütte. Dort müssten auch die Rauschmittel liegen", sagte sie leise und fixierte eine der Aufbauten, die leider relativ weit im Lager stand. Ruby fragte sich immer noch, wie sie hier so schnell ein so sicheres Lager aufbauen konnten. Wann war es errichtet worden? Mittel waren wohl von Jax zu Genüge gestellt worden. Er war weit und breit nirgends zu sehen. Allerdings waren die Wölfe geschäftiger als sonst im Lager unterwegs und die Verlagerung der Frauen musste etwas damit zu tun haben. Alles im Lager wirkte, als würden sie sich auf besonderen Besuch einstellen. So oder so ähnlich betrachteten wohl viele der Wölfe was anstand. Avilox' Gefolgschaft wirkte förmlich unbeholfen. Knochenwölfe, hatte Gray sie beim Abendessen genannt, nach dem Spitznamen ihres Anführers. Kenshin führte das Schwertrudel. Leider war über ihres recht wenig bekannt, außer dass sie offensichtlich keine solchen Wilden waren. Es war ein ulkiger Vergleich, wenn beide Rudel als Menschen im Lager herumliefen. Die meisten verwildert, kraus und ungepflegt. Zwischen ihnen gestreut waren gepflegte Männer, die auf ihr Aussehen wert zu legen schienen, rauchten und teilweise wirkten, als kämen sie direkt aus Mafiakreisen.
Als Ruby und Suka begannen, sachte mit der Drehung des Windes, das Lager zu umgehen, bemerkte Ruby das die Schwertwölfe von Kenshin bis an die Zähne bewaffnet waren. Offensichtlich traute Kenshin Avilox keinen Meter über den Weg. Wären nicht ihre Leute gefangen und gefoltert, hätte sie vorgeschlagen, dass sie warteten, bis Kenshin's Männer alle abknallten. Auch jetzt merkte man wieder wie gespannt die Stimmung war.
Jeder ließ die Anderen spüren, wie sie ohne den Anderen auf der Verliererseite gestanden hätten.

Suka tauschte einen Blick mit Ruby. Sie war völlig auf ihr Ziel fokussiert und schien Ruby's Abgelenktheit nicht zu bemerken. Sie musste die Blonde wenigstens vorwarnen.
Sanft legte sie ihre Hand an ihren Arm, nur, damit sie stehen blieb, ehe sie sie zurückzog.
"Wir dürfen uns so nicht erwischen lassen. Sie sind bewaffnet, die Schwertwölfe. Und das nicht nur mit Messern. Wir müssen gefasst darauf sein, uns zu verwandeln", flüsterte Ruby und Suka starrte die Männer an. Tatsächlich schien Ruby das erste Mal so etwas wie Furcht in ihrem Blick zu erkennen.
Gegen Messer konnte man sich wehren. Sie gaben einem Zeit, in gewisser Weise, mit Aufmerksamkeit und schnellen Reaktionen zu handeln und gegen zu steuern. Aber Pistolen waren etwas anderes.
Sie schob Suka sanft weiter, die sich nun wieder ihrer Aufgabe widmete, jedoch deutlich angespannter.
Sie kamen bald an einen Punkt, an dem die Hütte nicht mehr so extrem weit entfernt war. Natürlich war hier nicht unbedingt weniger los. Wenn Besuch kam, musste offenbar auch aufgetischt werden. Ob ihre 'Futterkammern' überhaupt genug hergaben? fragte sich Ruby und beobachtete das Treiben.
Ein Heulen zerriss das geschäftige Hin und Her und die zwei Frauen zuckten zusammen. Sofort strömten die Wölfe in Richtung Mitte des Lagers.
"Jetzt oder nie!" zischte Suka und die zwei schlichen sich zwischen die Hütten. Auf Ruby's Armen zeichnete sich eine Gänsehaut ab. Hier zu sein, ließ wieder Übelkeit in ihr aufsteigen. Sie musste bei Verstand bleiben, aber es fiel ihr unglaublich schwer, sich nicht selbst zu verlieren. Sie atmete tief durch und folgte Suka elektrisiert.
Diese öffnete gerade bemüht leise die Tür, während Ruby das Zusammentreffen der Rudel beobachtete. Jede Faser ihrer Muskeln war zum zerreißen gespannt. Dann wurde sie von Suka in das Hüttchen gezogen und die Tür schloss sich hinter ihnen.

Überraschenderweise hatten sie hier mehr eingelagert, als Ruby es vermutet hätte. Haufenweise Fleisch, Früchte und Beeren. Alles, was man auf dem einen oder anderen Waldboden finden konnte. Auch Pilze waren dabei. Ob die allerdings alle genießbar waren, wollte Ruby nicht beurteilen. Aber sie ernährten sich vielseitig. Vor allem hatten sie genug davon. Aber es gab wohl nur ein Rudel, welches wirklich in der Eiswüste lebte.
"Schnell, wir haben nicht viel Zeit. Sie besprechen ihre übliche Vorgehensweise und dann haben wir keine Chance mehr", flüsterte Suka und durchsuchte Fieberhaft Säcke, Fässer und Truhen.
Ruby fing sich und begann mit zu suchen. Sie stieß auf die Säcke von Brot. Es war kaum noch etwas da. Sie schluckte schwer und begann weiter zu suchen. Sie fanden Fässer mit Flaschen, aber es handelte sich fast durchgehend um Alkohol.
Es dauerte eine Weile bis Ruby eine Schublade öffnete mit kleinen Säckchen Tabletten und Flüssigkeiten. Die Spanne war beachtlich, von Schmerztabletten, bis harten Drogen.
"Was tun einsame Knochenwölfe ohne Frauen wohl", spottete Suka, die über Ruby's Schulter schaute und kramte ein wenig von den Drogen auseinander, bis sie das Gift fand, dass sie suchten. GHB. Durchsichtige Flüssigkeit befand sich in einem bräunlichen Glasfläschchen. Keiner von ihnen hatte eine Ahnung, wie man so etwas dosierte. Aber ob einer der Wölfe dabei umkam, war Ruby sogar egal.
"Wo mischen wir es denn am besten ein?" flüsterte sie und Suka schaute sich um.
"Ich würde sagen, wir gehen auf Nummer sicher", erwiderte sie und nahm sich drei Weinflaschen. Jede davon entkorkte sie und verteilte die Flüssigkeit möglichst gleichmäßig. Dann setzte sie den Korken wieder auf die Flaschen und ließ sie stehen:
"Wenn sie da stehen, wird sie schon irgendjemand servieren. Los, raus jetzt. Wir müssen auf die Nacht warten", drängte sie und die beiden schauten mit klopfendem Herzen nach, ob die Versammlung noch im Gange war.

Natürlich war die Besprechung gerade um und die Wölfe verteilten sich wieder.
"Fuck", Suka zog die Tür zu.
"Versteck dich!", zischte sie und verkroch sich selbst in einer Ecke hinter ein paar Fässern. Ruby schaute sich hektisch um und krabbelte schließlich auf allen Vieren unter den uralten Schreibtisch, in dem sie die Drogen gefunden hatten und verschob ihn leicht, damit sie dahinterkam. Diese Hütte schien älter, alles war staubig, das kleine Fenster halb kaputt und der Schreibtisch morsch und modrig. Eine Spinne krabbelte über Ruby's Schulter ihre Brust herunter und sie musste sich Nase und Mund zuhalten, kniff die Augen zusammen und versuchte, an etwas anderes zu denken, um  nicht zu schreien.
Diese Scheune musste hier schon gestanden haben. Das Lager war drum herum erbaut worden. Manchmal blieben solche Ruinen in Wäldern an Feldern zurück von Bauern oder Förstern.
Ruby hatte sich immer für solche unheimlich wirkenden kleinen Gebäude interessiert. Doch heute machte es ihr einfach nur schreckliche Angst. Die Spinne, die an ihrem Bein sitzen blieb, war zweitrangig, als die Tür aufschlug. Stimmen erklangen. Drei junge Männer traten ein und begannen Essen und Getränke zusammen zu suchen.
"Muss man für den Idioten so ein Fest machen?"
"Der Idiot finanziert uns alles.."
"Na und? Seid wann sind wir Geschäftsmänner? Ich sage wir hängen ihn, zur Feier des Tages!"
"Das wird Avilox ohnehin am Ende. Weshalb sollte er ein Versprechen halten, wenn er erst ein Gott ist?"
"Eben... die Schwertwölfe werden sich uns auch noch unterwerfen. Avilox wird sie für ihre Bedingungen und ihre Habgier alle ausräuchern!"
Leises Gelächter.
"Nimm die da auch mit. Anders erträgt man es hier eh nicht. Alles schmeckt besser  mit Alkohol", rief einer der Männer und brach das verschwörerische Gemurmel.
Klimpern von Glas auf Glas erklang. Die Weinflaschen wurden mitgenommen. Dann schlug die Holztür zu und Suka und Ruby atmeten auf.

Langsam krochen sie wieder aus ihrem Versteck und Ruby schüttelte hysterisch die Spinne von ihrem Körper und drehte und schüttelte sich, um auch wirklich sicher zu sein, dass dort nichts mehr war.
Dann wurde sie von Suka gepackt.
"Los jetzt!", fauchte sie und die beiden traten aus der Tür. Dann verwandelten sie sich und rannten so schnell wie möglich in den Wald zurück, ungeachtet, ob sie gesehen wurden. Erst nach vielen Metern blieben sie stehen. Keiner verfolgte sie.
Vor Adrenalin freuten sie sich das erste Mal ungezwungen miteinander. Sie hatten es geschafft!
Nun war es nur noch eine Frage der Zeit, bis aufgetischt wurde....

Und solange verharrten Ruby und Suka. Zwar wurden sie schon wieder müde, aber sie durften jetzt auf gar keinen Fall schwächeln.
Dabei war es sogar nach einer Weile langweilig, das Lager zu beobachten. Es wurde erst wieder spannend, als der Besuch kam. Sie sahen Jax das erste Mal ohne die Wolfgestalt. Ein gepflegter Geschäftsmann im Anzug, mit gegeelten Haaren und gestutzten Bartstoppeln. Schwarz waren seine Haare. Der, der alles billigend hinnahm, solange er seine Versprechungen dafür bekam.


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Dabei war er davon sogar weit entfernt, wenn man den drei Verschwörern glauben durfte, die den Lagerraum ausgeräumt hatten, dachte Ruby und beobachtete wie alle in das größte Zelt von Avilox verschwanden. Sie hatten ein Mindestmaß an Wachen abgestellt, aber sie hatten nicht vor, frühzeitig los zu legen. Obwohl der Drang groß war. Die Hütte war schon ausgemacht, in der die Anderen untergebracht sein mussten. Die Holztür lag massiv in ihren Angeln. Am späten Nachmittag war das letzte Mal jemand dort hinaus gekommen und hatte sie verschlossen. Das sollte für sie allerdings kein größeres Problem darstellen. Sie hatten sich die Wache, welche die Schlüssel bei sich trug, gemerkt. Er trank zwar nichts, aber eine Person würden sie überwältigt bekommen. Dessen war sich Ruby sicher.
Stockduster war es, als der erste Mann aus dem Zelt taumelte. Ruby und Suka schreckten aus ihrer Starre auf. Er hielt sich die Hand vor den Mund und wirkte sichtlich benommen. Obgleich bis auf die drei Weinfalschen nichts an Alkohol floss. Aber es war wichtig, dass sie noch keinen Verdacht schöpften.
"Hab ich zu hoch dosiert?" flüsterte Suka, klang aber nicht so, als würde es ihr Leid tun.
"Ich glaube, normalerweise kommen ein paar Tropfen in ein Glas. Aber egal. Komm", drängte Ruby und die Zwei schlichen enger ans Lager. Der Mann war nicht der Einzige, der genug Lärm machte und die Aufmerksamkeit der umstehenden Wachen auf sich zog. Er gehörte zu Kenshins Rudel, aber es würde die Wilden genauso treffen. Wenn nicht schlimmer.

Ein paar Wachen gingen zu ihm und Suka und Ruby kamen an die Hütte. Ruby lehnte ihren Kopf an die Tür und lauschte. Es war fast nichts zu hören. Nicht einmal reden taten sie. Nur teils schwer atmen, aber sie waren am Leben. Das spürte sie. Sie mussten sie alle holen.
"Schnell, die Wache ist da hinten. Sie geht eine Patrouille. Das dürfen wir nicht verpassen", wisperte Suka und machte sich schon auf den Weg zwischen den einsamen Zelten hindurch. Es war eine gespenstische Stimmung, als sie begannen, den Jäger zum Gejagten zu machen.
"Hey, du da!" zischte Suka, als sie hinter ihm war und schlug die Wache nieder, als er sich gerade alarmiert umdrehte. Sie verzog nicht einmal eine Miene, dabei musste der Schlag ihrer Hand ziemlich wehgetan haben. Ruby warf ihr einen besorgten Blick zu, doch Suka begann schon nach dem Schlüssel zu suchen und fand ihn auch.
Allerdings wurde es jetzt kribbelig. Kenshin hatte ebenfalls von dem Wein abbekommen, aber das Meiste wieder ausgewürgt.
"Eine Falle, eine Falle! Los, durchsucht das Lager!" zischte er den Wachen zu und hielt sich an der Zeltwand fest, halb zusammenklappend. Nun brach erst recht das Getümmel los. Sie konnten keine Rücksicht mehr nehmen.
Schnell rannten die beiden Frauen zurück zu der Hütte und mussten sich erst einmal durch die Schlüssel testen.
"Los, los, los!" hetzte Suka die zittrige Ruby. Wolfgeheul ertönte.
"Jaja. Hoffentlich hat sich Avilox den größten Schluck genehmigt", knurrte Ruby, da fiel die Tür auch schon auf.
Sofort machten sie sich daran, die Fesseln zu lösen. Einfacher gesagt als getan.
"Was.. wer... Ruby.. Suka..", gab Shashi völlig verdutzt von sich. Sie sah furchtbar aus. Die fröhliche, toughe Wölfin wirkte förmlich gebrochen.
"Still. Wir holen euch hier raus", sagte Suka sanft.

"Ich bekomm nicht alle Fesseln auf", sagte Ruby panisch. Stimmen wurden laut. Schritte näherten sich und sie waren sowohl zwei- als auch vierbeinig.
"Hey! Die Geiseln!" rief einer der Männer, der die offene Tür bemerkt haben musste.
"Schnell jetzt!" fauchte Suka.
"Wir können nicht alle retten, dafür fehlt die Zeit..", gab Ruby fassungslos von sich. Das war also die Erkenntnis.
Die befreiten Wölfinnen rappelten sich sofort hoch. Doch an der Tür erschienen schon die Wachen.
Sie verwandelten sich, bis auf Ruby und Suka und stürzten mit aller Kraft aus der Tür heraus. Einige der Wölfe waren ebenfalls nicht ganz klar. So war das Glas wohl einmal in die Runde gereicht worden. Sie hatten die Chancen auf ihrer Seite!
Der Waldrand kam näher. Die Wachen blieben größtenteils zurück.
Nur noch zwei Hütten säumten den Ausgang des Lagers, als sie auf einmal ein Klicken hörten. Ein junger, brunetter Mann war aus einer ganz anderen Richtung gekommen. Er hatte sich den Feierlichkeiten nicht angeschlossen. Jetzt richtete er seine Pistole auf die Flüchtenden. Ruby erstarrte vor Angst und starrte den jungen Mann an, der einfach nur zurückstarrte. Unsicherheit spiegelte sich in seinen Augen und Ruby stellte sich wie mechanisiert vor die Wölfe. Das Getose der letzten, klaren Wachen wurde laut. Sie durchsuchten das Lager, Zelte, Verstecke. Und sie verschlossen die Tür der Hütte, aus der sie gekommen waren. Fünf Wölfe. Mehr hatten die beiden nicht retten können, während die Anderen in Verzweiflung zurückblieben, trotz allen Geschreis.
Jetzt stand nur einer zwischen ihnen, mit dem unmittelbaren Todesurteil in der Hand. Die Zeit schien wie eingefroren.
Die Wölfe schauten sich um. Chena wollte umdrehen und sich auf ihn stürzen, doch Ruby hielt sie auf, in dem sie nur ihre Hand senkte und den Kopf schüttelte. Ihr Blick war wie fest gefroren auf ihrem Gegenüber.

Auf einmal ließ er die Pistole sinken und trat zurück. Dann drehte er sich ruckartig um und verschwand. Die Starre löste sich und sie flohen mehr oder weniger erfolgreich. Schock und Aufregung, sowie die Lautstärke im Lager brachen über Ruby herein. Sie hatte alles nur wie durch eine dicke Wand wahrgenommen. Jetzt war es wieder präsent. Und der eine Gedanke: Er hatte sie entkommen lassen. Einfach so. Dabei gehörte er doch zu den Bösen.
Es gibt unter Wölfen kein gut und böse, schoss es ihr durch den Kopf. Sie schaute zu Shashi, die ihr diese Lehre beigebracht hatte. Ob sie in der letzten Zeit einmal daran gezweifelt hatte? Ruby hatte es. Und ausgerechnet dieser Einzelfall ließ sie gewahr werden, wie diese Aussage gemeint war.
Ruby und Suka verwandelten sich nun ebenfalls im Lauf und führten die fliehenden Wölfe in Sicherheit. Und die Beiden kannten gerade nur eine Sicherheit.


Ganz zu Gray's Verdruss. Dieser war ihnen einen Schritt voraus. Ein breiter, grauer Wolf stand ihnen im Weg. Genau dort, wo er das letzte Mal mit seiner Axt gestanden hatte, stand er nun muskulös und breitbeinig in Tiergestalt und grollte warnend.


Silberblut - Seite 3 Chena_abwehr


Suka spitzte die Ohren und fletschte die Zähne, aber Ruby senkte den Kopf.
"Bitte Gray, wir wissen nicht wohin... wir brauchen deine Hilfe", flüsterte Ruby und die Waldwölfinnen wichen ehrfürchtig zurück.
"Ich habe nie gesagt, dass ich euch die gewähre. Das hier ist keine Kriegsbasis!" knurrte er düster.
"Wir wollen hier gar nicht lange bleiben. Gewähr uns nur Regenerationszeit", flehte Ruby und Gray schüttelte den Kopf, war aber nicht mehr in so extremer Abwehrhaltung. Die Ehrfurcht von vier der geretteten Wölfe schien ihn zu besänftigen. Tatsächlich war Shashi die einzig gerettete Eisrudelwölfin. Vorerst.

"Ihr habt nicht mehr lange Zeit, eure Opfer zu sammeln. Eine Stunde, dann müsst ihr zurückkehren und es wird nur umso schwieriger", knurrte Gray und wandte sich ab. Von Ruby fiel etwas Last ab und sie trat sacht auf seine Lichtung. Dann verwandelte er sich langsam zurück.
"Und kein Wort. Zu niemandem", brummte Gray und Ruby neigte den Kopf, verwandelte sich dann ebenfalls.
"Ich nehme es mit ins Grab", flüsterte sie. Sie fürchtete, das Waldrudel könne seinen Respekt verlieren, wenn Ruby sie über seine Verbindung mit Desna aufklärte.
Sie hätte ihn gerne integriert, aber sie respektierte Gray's Wunsch. Sie konnte ihm nie wieder gut machen, was er für sie tat.
Nur zögerlich verwandelten sich die Anderen zurück. Suka stellte sich zu Ruby. Gerettet waren nun Shashi, Chena, Mahila, Drisana und Ahalya. Allesamt tough und das war jetzt essenziell.
"Hört zu. Ich kann euch die Langfassung nicht geben. Fakt ist ja wohl: Wir geben nicht auf. Ich habe Gray gefragt, wie er sich geschützt hat. Ein Schattenwolf hat mir vor dem Kampf gesagt, dass ihre stärkste Wache- Fenrir's Henker- sich dem Kampf nicht anschließen wird. Ich fragte warum", sagte Ruby und Shashi schaute sie entgeistert an.
"Weil er nicht kommt, wenn ihn keiner ruft", wiederholte sie denselben Wortlaut und Ruby hielt inne- nickte dann.
Suka schaltete sich ein, als sie die Blicke von Mahila, Chena und Ahalya sah. Die hatten für ihr Götterritual allesamt Blasphemiker gewonnen. Ruby seufzte über diese Ironie.
"Ihr glaubt er ist eine Legende. Diese Lichtung hier, ist immer von euch gefürchtet umrundet worden. Ihr habt euch nie gefragt, weshalb ihr euch an eine alte Holzhütte nicht rantraut? Fangt besser an zu glauben. Nun bleibt euch keine Wahl. Wir müssen diesen Krieg neu aufrollen und wir müssen gewinnen. Wir haben gesehen und gespürt, was sonst passiert!" sagte Suka fest und sie hatte entsprechende blaue Flecken und Schrammen, wie die Anderen, um ihre Worte zu unterstreichen. Ruby bewunderte ihre Standhaftigkeit. Ihre eigenen Lippen bebten, ohne einen Ton von sich zu geben.

"Wir haben einen gemeinsamen Feind. Und Fenrir's Henker ist unbesiegt. Um ihn zu rufen, bedarf es Opfer in menschlicher Gestalt. Ich denke aber... eure Peiniger umzubringen wird einigen von euch kein Kopfzerbrechen bereiten", meinte Suka und hob den Kopf. Damit hatte sie bei den Mädels einen Punkt getroffen. Nein, das hatten sie sicher nicht. Sie hatten ihre Erfahrungen im töten.
Bis auf Ruby.
"Sie müssen mit Inbrunst geopfert werden. Das wird euch ja keine Probleme machen. Wir müssen noch einmal zurück. Sie müssten bis hierher niedergestreckt sein. Jeder von euch muss sich seinen lediglich schnappen", flüsterte Suka hasserfüllt und Mahila und Chena standen als erste entschlossen auf. Drisana und Ahalya tauschten einen unsicheren Blick.
"Wir brauchen eine Kriegsbasis, wo wir unser gegnerisches Lager aufschlagen und das Ritual durchführen. Nicht zu nah hier. Das wäre nicht fair", sagte Ruby leise und musterte die entschlossenen Gesichter. Damit war das eine beschlossene Sache. Sie verwandelten sich und ließen die Waldrudelwölfe vorgehen. Sie kannten den Wald und eine abgesicherte, große Lichtung. Es dauerte noch einmal eine halbe Stunde bis sie dort waren.
"Gut. Ich hoffe ihr seid bereit für Operation Geiselnahme", sagte Suka zufrieden. Sie schien sich schon zu freuen.Ruby vermisste ihren Rachegedanken. Natürlich wollte sie ihren Peiniger erschlagen. Jedoch konnte sie sich nicht aufs töten freuen und hatte Angst, dass sie dem Ganzen nicht gewachsen war.

Wieder zurück.
Ruby konnte es nicht fassen. Auch nicht, als sie direkt vor dem Lager stand, wie festgewurzelt und alle anderen sich bereit machten. Aber Drisana war bei ihr. Auch ihr schien das Ganze wenig Freude zu bereiten. Sie hatte einst im Affekt ihren Peiniger umgebracht. Damals war sie selbst mit K.O Tropfen gefügig gemacht worden. Die Art und Weise hier gefiel ihr sichtlich nicht.
"Töten ist nichts, worauf man stolz sein sollte. Auch nicht, wenn es an so jemandem ist", flüsterte sie. Sie ließ die Gruppe nicht im Stich und das wollte Ruby auch nicht. Aber sie fühlte sich wenigstens ein wenig aufgehoben bei diesen Worten.
Fünf Opfer sollten es sein und so überließ sie den Jagdlustigen dieses Rennen. Sie wollte ihren Peiniger nicht wiedersehen oder gar anfassen.
"Nur für den Fall", Suka überreichte ihr den Dolch und ließ sie ihre Waffe tauschen. Die sperrige Axt war auch nichts für solche Schleichangriffe. Die Strohbänder hatten sie untereinander verteilt. Sie mussten notfalls auch als Knebel herhalten, aber das war eben das, wovon Gray unmengen besessen hatte. Und die Kabelbinder würden ihren Zweck auch erfüllen.
Dieses Mal waren die Karten merklich anders gemischt. Die meisten Wachen waren angeschlagen. Fast alle waren in ihren Zelten und die Patrouillen fielen gezwungenermaßen aus.
Ruby schlich los und wusste gar nicht, wo sie anfangen sollte. Sie machte einen Bogen um das große weiße und ein schwarzes Zelt. Das würden die beiden Anführer sein. Obwohl es natürlich eine Wahl wäre, sie zu überwältigen, spürte Ruby, dass sie von den einzig intakten Wachen bewacht wurden. Sie aufzuschrecken wäre fatal.

Stattdessen brach sie in ein Zelt ein, dass nahe ihres alten Gefangenenlagers war. Sie kannte jeden von ihnen und hatte sich ihre Gesichter gemerkt. Es fiel ihr also nicht schwer, den Richtigen zu treffen. Zumindest hatte der, der nun bewusstlos vor ihr lag, genug Übergriffe auf die Frauen gestartet.
Sie begann ihn zu fesseln und zu Knebeln und verwandelte sich dann, um ihn an den vereinbarten Treffpunkt außerhalb des Lagers zu zerren. Es herrschte eine unheimliche Stille. Keiner setzte sich für die Gefangenen ein. Der Mann begann sich ein wenig zu regen, aber sie waren bereits richtig und Ruby ließ ihn liegen, um zurück zum Lager zu traben und nach den anderen zu sehen. Tatsächlich war das Unterfangen durch die Ruhe im Lager vergleichsweise leicht.
Drisana und Ahalya kamen gerade an ihr vorbei. Der Rest kam schon verwandelt zurück.
"Drei sind tot", berichtete Chena. "Nicht schlecht", sie klopfte Ruby auf die Schulter und suchte dann nach Suka, die zu der Gefangenenhütte hatte gehen wollen.
Ruby wurde das Herz schwer und sie verzog das Gesicht zu einem unehrlichen Lächeln. Toll. Gratulation Ruby, dachte sie.
Schweren Schrittes ging sie Chena hinterher, doch Suka kam ihnen schon entgegen. An der Hand hatte sie einen weiteren Gefangenen. Ruby's Augen wurden groß. Der hatte nicht auf dem Plan gestanden.
"Sie sind weg!" zischte Suka wütend und schlug nach dem Jungen, der leise wimmerte. Anders konnte man ihn nicht bezeichnen. Er sah aus, als wäre er gerade achtzehn und war schon jetzt völlig aufgelöst. Ruby erinnerte sich an ihn. Er hatte als Mensch zwei verschiedenfarbige Augen, ein blaues und ein braunes. Er war der Wolf, mit dem großen weißen Fleck im Gesicht, wo die Pigmente fehlten.
Und er war definitiv nicht an den Übergriffen beteiligt gewesen. Selbst im Kampf war er einer derjenigen gewesen, den sie als erstes überwältigt hatten.
"Was soll das Suka? Er gehört nicht dazu", sagte Ruby mit zittriger Stimme und bekam einen düsteren Blick ab.

"Du machst jetzt schon Unterschiede? Er ist einer von Avilox' Bastarden, es ist ein Pack. Sie haben alle dasselbe verdient. Deiner!" fauchte sie und stieß ihn in ihre Arme. Sie fing ihn gerade noch auf und wusste nicht, was sie tun sollte. Er war merklich panisch und verwirrt. Wenn sie ihn jetzt befreite, konnte es sein, dass er Alarm schlug.
"Wenn wir aufhören Unterschiede zu machen, sind wir nicht besser", entgegnete Ruby bitter, aber nahm ihn mit.
Dann kam ihr das zweite Problem in den Sinn.
"Wann haben sie sie denn bitte weggebracht?"
"Deshalb ist es hier so still. Nur noch die Invaliden und Toten sind da. Die Anderen, die noch aufrecht gehen und denken konnten, müssen sie woanders hinverfrachtet haben", erklärte Suka und erntete verständnisloses Kopfschütteln.
"Was machen wir dann jetzt?" fragte Shashi und warf einen besorgten Blick zu dem Jungen. Ruby zog ihn instinktiv etwas näher zu sich.
"Na, das Ritual, was denn sonst", gab Mahila entnervt zurück.
"Das kann noch warten. Sie bleiben erst mal unsere Gefangenen. Ich hol noch etwas aus ihrem Drogenlager. Wir müssen uns zuerst um unsere Rudelmitglieder kümmern", meinte Ahalya fest und erntete die größte Zustimmung. Also kehrten sie zum Treffpunkt zurück und sammelten sowohl Bewusstlose, wie auch Erwachte auf und brachten die störrischen, wehrhaften Geiseln zu ihrem Lager. Ruby hatte immer noch den Jungen an der Hand, der kaum Widerstand leistete. Sie spürte seine Angst so stark, dass sie ihr selbst unter die Haut kroch und ihre Stimmung bis unter den Gefrierpunkt zog.

Eine gefühlte Ewigkeit später waren sie an ihrem kargen Lagerplatz. Gray hatte ihnen immerhin einen Unterschlupf zur Verfügung stellen können für sich selbst und ihre Vorräte, aber nicht mehr. Es reichte diese Nacht noch nicht für alle. Aber Ruby schätzte seine Hilfe in ihrer Abwesenheit. Niemand konnte ihn verpflichten. Sie würde ihn niemals zu den Unzivilisierten zählen.
'Ihren' Gefangenen band sie schließlich an einen Baum im Lager, während die Anderen ihre mehr oder minder auf einen Haufen warfen.
Aber doch, Ruby wollte Unterschiede machen. Selbst unter ihren Feinden. Dieser Junge hatte niemandem etwas getan, selbst, wenn er das hatte tun sollen. Er starrte sie panisch an, aber sie schüttelte nur den Kopf und ging dann zu dem Zelt, in dem Suka die Drogen lagerte.
"Wir müssen sie betäuben. Es nutzt uns nichts, wenn sie sich verwandeln. Dafür sind die Fesseln zu dünn. Da könnten sie sich rausverwandeln", meinte Suka und mischte gerade wieder an Betäubungsmitteln herum.
"Zwei oder drei müssen los und versuchen rauszufinden, was mit den anderen ist", fügte sie hinzu, dabei tröpfelte sie jetzt schon die Hälfte daneben vor lauter Müdigkeit.
"Erst mal ruhen wir uns aus", entgegnete Ruby und nahm ihr die Drogen weg.
"Und das mach ich. Du bringst sie nur um. Eine Überdosis können sie jetzt nicht gebrauchen und wir auch nicht."
Sie ließ sich dieses Mal nicht von dem bösen Blick einschüchtern und ging selbst zu den wachen Gefangenen und tropfte ihnen etwas auf den Knebel. Mehr als benommen mussten sie  nicht sein, befand sie.
Erst bei ihrem 'Schützling' war sie unschlüssig, was natürlich nicht unbemerkt blieb.
"Alle, Ruby", sagte Chena kühl. "Du hast genug Jungs. Wenn das hier vorbei ist, wirst du dich nicht mehr an den hier erinnern."
"Das bezweifel ich", gab Ruby zurück und schaute in die tränengefüllten, roten Augen des verschreckten Kindes. Sie würde sie niemals vergessen.

Bevor ihm aber etwas Schlimmeres passierte, ging sie dennoch zu ihm und tröpfelte zwei, drei Tröpfchen auf den Knebel. Etwas Benebelung schadete ihm jetzt sicher nicht. Er begann zu zittern, aber es dauerte keine halbe Stunde, da hatte das Mittel bei allen angeschlagen und sie aus ihrer Zurechnungsfähigkeit geholt.
"Und jetzt schlafen wir erst, sonst können die Anderen nicht mehr auf uns zählen", sagte sie leise und steckte sich das Mittel ein. Das durfte sie in der Öffentlichkeit bloß nicht vergessen abzulegen.
Sie verwandelten sich nun und verkrochen sich jeder für sich oder rollten sich draußen zusammen.
Auch Ruby fiel bald in einen unruhigen Schlaf, immer wieder durchzuckt von Erinnerungsfetzen und plötzlichem Erwachen.
Schließlich begann es zu regnen und sie versuchte, sich andere Gedanken zu machen. Wo wohl die Einzelgänger waren, die mitgekämpft hatten?


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Zuletzt von Autor am Mi Aug 16, 2017 5:33 pm bearbeitet; insgesamt 1-mal bearbeitet
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BeitragThema: Re: Silberblut   Silberblut - Seite 3 EmptyMo Aug 14, 2017 5:18 pm


Verräter und steinerne Bunker






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Die Frauen waren geschaffter, als vermutet. Sie hatten ihr Ruhebedürfnis reichlich unterschätzt. Lautes Getöse und Gepolter ließ sie aufschrecken. Drei Knochenwölfe hatten sich aus ihren Fesseln befreit und verwandelt. Da Ruby sie nur für ein paar Stunden betäubt hatte, aber fast jede von ihnen verschlafen hatte, war es ihnen gelungen, die Fesseln zu sprengen und sich teilweise heraus zu verwandeln.
Dem Anderen wollte die Verwandlung so nicht gelingen, sein Kollege war noch bewusstlos. Und der Junge klebte mit dem Rücken und weit aufgerissenen Augen am Baum, als die Wölfe begannen, Chaos zu veranstalten.
Sofort schossen alarmiert Ruby und die restlichen Wölfe teils noch völlig verschlafen oder von Schmerzen geplagt, die erst in der entspannenden Haltung und nach etwas Essen richtig zum Vorschein kamen, auf die Lichtung in Wolfgestalt. Obwohl es fünf gegen Drei war, hatten sie Mühe, die Ausreißer irgendwie wieder unter Kontrolle zu bekommen. Jetzt, da sie verwandelt waren.
Zum Glück hatte das Mittel durch den mehrmaligen Einsatz starke Nebenwirkungen und es gelang ihnen, sie in Schach zu halten. Wie sie sie aber wieder in die Fesseln bekommen sollten, war etwas anderes. Sie konnten den Wölfen nichts mehr einflößen.
Es sei denn..., dachte Ruby und warf einen Blick zum Zelt. Das war ihre einzige Möglichkeit, würde aber auch ihre restlichen Vorräte an K.O Tropfen aufbrauchen. Aber es musste sein. Andernfalls waren ihre 'Opfer' verloren. Jedenfalls für sie.
Die rote Wölfin stürmte in das kleine Zelt und nahm sich die Flaschen zwischen die Zähne, bevor sie ihr Fell aufstellte und die Flaschen zu Boden warf. Dann wälzte sie sich kräftig in der Flüssigkeit und dem Scherbenhaufen. Viel von dem Mittel wurde verschwendet und sie hoffte, dass es die Wölfe wenigstens zur Rückverwandlung zwang.

Sie begann nun, ähnlich wie Jame damals im Kampf, die Aufmerksamkeit der Silberblüter provokant auf sich zu ziehen und sprang vor ihnen herum. Dann, immer wenn sie zubeißen wollten, drehte ihnen Ruby dafür den Nacken und den Rücken hin. Die Wölfe ließen sich nicht beirren und durchschauten die List auch nicht. Sie gab Zweien mit ihrem getränkten Fell die Breitseite. Sie rannte auf der Lichtung los und sie hefteten sich alle an ihre Fersen. Doch als Ruby etwas die Puste ausging, begannen die zwei bissigen Wölfe bereits zu taumeln.
Rauch wehte von ihren Körpern herab. Ruby machte es anstrengender für sie um ihre Durchblutung noch etwas besser zu steigern.
Glücklicherweise wusste sie eines: Mochte ihr Panzer noch so hart sein. Über die Schleimhaut in ihrem empfindlichen Maul wurde das Gemisch sofort ins Blut umgelenkt.
Einer stolperte irgendwann endlich und fiel zu Boden, der Andere blieb an einem Baum hängen und verlor die Orientierung.
Nur der Dritte, der sich nicht hatte durchsetzen können, lief noch hinter ihr her. Doch die Wölfinnen, die das Schauspiel fasziniert beobachtet hatten, schalteten sich ein und umzingelten den wehrhaften Wolf. Einer hatte fünfen nichts mehr entgegenzusetzen.
"Das war genial", meinte Shashi begeistert zu Ruby und schnappte nach dem letzten Gefangenen. Der war zumindest nicht so dumm, sich freiwillig zurück zu verwandeln, auch wenn er nicht mehr entkommen konnte.
"Fragt sich nur was wir mit ihm machen", meinte Ruby und senkte den Kopf. Suka legte den Männern, kaum dass sie sich zwangsverwandelten, wieder die Fessel an und schaute dann zu ihnen.
"Wir sollten nicht mehr so lange Zeit verlieren. Das kann uns jederzeit wieder passieren, mit mehr Wölfen.."
Sie warf einen bitterbösen Blick zu dem Jungen, der ihr die Zähne zeigte und an seinen Fesseln zog.



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Obgleich er recht eingeschüchtert war, ließ er sich nicht denunzieren.
"Sei so wehrhaft wie du willst, du landest wie alle anderen auf dem Opferhaufen", sagte Suka bittersüß und ergötzte sich förmlich an der aufsteigenden Furcht in den Augen ihres Gegenübers.
Ruby verwandelte sich zurück.
"Große Leistung, einem Kind Angst zu machen", meinte sie kühl.
"Er konnte im Krieg mitkämpfen. Das macht aus jedem Jungen einen Mann. Der es Wert genug sein dürfte, als Seele zu Fenrir zurück zu kehren. Wenn er ihm so viel Wert ist, wird er ihn schon zurück schicken", gab Suka zurück und warf einen herablassenden Blick auf den Gefangenen.
"Mach dich nicht lächerlich. Besorg lieber etwas, damit wir den Letzten wieder in Schach bekommen", knurrte Ruby. Sie wusste sich mittlerweile recht gut gegen die zickigen Frauen durchzusetzen und sie wollte sich noch nicht damit abfinden, jemand im Grunde Unschuldiges umzubringen. Er war unter Schändern und Vergewaltigern. Es fühlte sich für sie nicht richtig an, ihn blind dazu zu zählen.
Suka verzog ihr Gesicht zu einem menschlichen Zähne blecken, aber verschwand. Gray hatte sich bereit erklärt, sich in der Öffentlichkeit zu zeigen. Keiner von ihnen war derzeit dazu in der Lage. Zudem konnte er ziemlich charismatisch sein. Ruby bedauerte Desna's Handlung.
Sie drehte sich weg, als die Wölfinnen begannen den Übriggebliebenen wie einen Omega-Wolf zu traktieren und sorgte dafür, dass die Zwei, die K.O gegangen waren, wieder an ihren Platz kamen.
"Was immer ihr tun wollt, ihr solltet es schnell tun. Der wird nicht mehr lange durchhalten", erklang auf einmal eine junge, abgenutzte Stimme. Ruby wandte überrascht den Kopf, während sie über dem Bewusstlosen hockte. Der Junge, den sie an den Baum gebunden hatte, hatte das erste Mal die Stimme erhoben und er klang bitter.
Ruby senkte den Blick.
"Das macht wohl auch keinen Unterschied mehr. Fenrir wird uns ohnehin erhören müssen, wenn er nicht will, dass dein Daddy seinen Platz einnimmt. Wenn das überhaupt möglich ist", entgegnete Ruby und erhob sich, ehe sie auf den Achtzehnjährigen zutrat.


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Der junge Mann rümpfte die Nase und schaute Ruby mutig entgegen, ob seiner derzeitigen Position. Vielleicht wurde er doch noch zur Gefahr.
"Ich bin nicht sein Kind", spuckte er aus. "Avilox hat keine Kinder."
"Welche Überraschung. Ich dachte eine Auserwählte zum vergewaltigen hat er schon gefunden", entgegnete Ruby scharf und hockte sich zu dem Jungen herunter. Er wandte seinen Blick von ihr ab, als sie das Wort aussprach, aber sie packte sein Kinn und zwang ihn, in ihre Richtung zu blicken.
"Ihr habt uns großes Leid beschert, jeder von euch. Wundert euch nicht, wenn euch jetzt das Echo trifft. Ihr wart euch eurer Sache etwas zu sicher", zischte Ruby und ignorierte den abweisenden Blick. Sie ließ ihn sich jetzt nicht aus ihrem Griff winden, also schaute er sie hasserfüllt an.
"Nicht jeder von euch ist so skrupellos in seiner Rache", entgegnete er und sie wusste, dass er sie meinte.
"Vielleicht. Aber das ändert nichts an dem, was ich tun werde, für uns. Ich kenne jeden dieser Wölfe und viele ihrer Geschichten. Ich werde mich überwinden, für sie. Und für uns. Damit wir uns wieder in Frieden unserem Leben widmen können und das, was von euch übrig bleibt, in ihre Löcher zurückkriecht. Wenn wir es nicht schaffen, wird Castor es sicher", flüsterte Ruby eisig und ließ ihn los. Sie wollte von ihm gar nichts wissen. Das würde es ihr am Ende  nur schwerer machen. Und sie wusste, wie es kommen würde. Wenn der Bewusstlose wirklich starb, ehe sie das Ritual ausführen konnten, brauchten sie den Jungen ohnehin. Fünf Opfer hatte Gray für ein niedrigeres Ziel gebraucht. Es wäre Glück, wenn sie mit ihren Gefangenen hinkamen.
Ihr Gegenüber bekam große Augen, als sie den Namen des Schattenwolfes erwähnte.
"Er kam nicht, dann wird er es jetzt auch nicht", erwiderte er, klang dabei aber eher verunsichert. Das hatten die Kriegswölfe also gefürchtet? Sie hatten ihren Sieg gewittert, als keiner mehr aus dem Reich kam, als die Gesichteten. Hoffentlich hatte Avilox Angst, dachte Ruby. Er war schon an Ivan nicht vorbei gekommen.

Sie erhob sich langsam.
"Er kommt auch nicht, wenn ihn keiner ruft, habe ich mir sagen lassen. Also rufen wir ihn und rollen den Kampf neu auf. Ihr werdet schon sehen. Oder.. sie. Dich wird es dann ja nicht mehr geben", meinte Ruby abfällig und wandte sich ab. Große Worte fielen ihr gerade leicht. Doch bei dem Gedanken, den Opferdolch zu nehmen und jemandem die Kehle durchzuschneiden wurde ihr ganz kalt.
Sie konnte bei ihm keine Verbrechen im Kopf durchgehen oder Beleidigungen. Sie hatten geredet und das nicht mal allzu schlecht. Aber noch hatte der Junge keinen Namen. Das würde ihr das Genick brechen, wenn sie den wüsste. Das gab einem Individuum irgendwie eine Persönlichkeit.
Es dauerte eine halbe Ewigkeit, bis Suka wieder da war und sie den letzten Wolf mit gemeinsamer Kraft ebenfalls wieder niederstrecken konnten.
"Okay, Konzentration. Wir können nicht ewig nur wir bleiben. Wir müssen nach den Männern sehen. Sie haben jeden von ihnen. Keiner wollte sich auf Desna's Ruf zurückziehen von ihnen", sagte Shashi schließlich, die sich dieses Mal an den Kopf der Runde gestellt hatte und damit Suka und Ruby ablöste.
"Zudem sind die Anderen wohl weg. Aber die Männer können nicht weit vom Lager sein, wenn Avilox Sam persönlich gefangen hält. Sie müssen ja beides bewachen", schloss sie.
"Ja und das letzte Mal war im Lager eine Totenstille. Sie werden sie nicht nur weggebracht haben, sondern auch nach den Männern gesehen haben. Die müssen aber gut weg sein. Es war im Lager keine Fährte", meldete sich Ahalya.
Shashi nickte langsam und fuhr sich durch die krausen Haare.
"Also... in der Nähe ist ein alter, verfallener Hof. Eventuell...?" sie schaute zu den Waldwölfen. Drisana schüttelte den Kopf.
"Da waren immer ein altes Pärchen und ihr Sohn. Er ist nicht verlassen. Gut, verfallen... wer sollte sich auch darum kümmern. Nein... nein", sagte sie leise, als sie Shashi's Blick sah.
"Woher willst du das wissen, du warst nicht da", meinte Chena kühl zu der Dunkelhaarigen.
"Dort war kein Lebenszeichen. Und es ist extrem nahe an Avilox' Lager", entgegnete Shashi. Drisana stiegen die Tränen in die Augen. Ob sie die Menschen gekannt hatte?, fragte sich Ruby.

"Sie kommt hier aus der Gegend. Sie kennt sie seit Generationen", beantwortete Ahalya ihre ungestellte Frage.
"Wir dürfen dennoch jetzt nicht schwächeln. Einer muss unser Lager bewachen und dann untersuchen wir den Hof", sagte Suka fest und schaute in die Gesichter der Frauen.
"Wir haben mehr als eine Geisel, warum befragen wir nicht die?" gab Mahila zurück und warf einen Blick zu dem Jungen, der gut zugehört hatte, aber nun nicht mehr so wirkte, als fühle er sich sonderlich wohl in seiner Haut.
Erst recht nicht, nachdem Mahila aufstand und zu ihm ging. Sie konnte auch verdammt bedrohlich wirken, das musste Ruby zugeben.
Ruby und die Anderen folgten ihr, als sie den Jungen am Kragen packte und auf die Beine zog. Was eher schlecht als recht funktionierte, so eng wie er die Arme rücklings um den Baum gebunden bekommen hatte.
Ruby hörte seinen Herzschlag in die Höhe schnellen.
"Wie heißt du?" fragte Mahila scharf und Ruby biss sich auf die Lippen. Nein, nicht diese Frage...
"Braco", antwortete der Jüngling mit zittriger Stimme und versuchte vor Mahila zurückzuweichen.
"Du bist sein Bastard?" fragte sie weiter und Braco schüttelte den Kopf. Seine zweifarbigen Augen funkelten.
"Sein Bruder", erwiderte er steif. Die Frauen tauschten einen Blick. Avilox war sicher Mitte, Ende 30. Allerdings konnte es gut sein, dass er seinen Bruder, sobald das Gen erwachte, zu dem Leben als reinen Wolf gebracht hatte. Dann hörten sie auf zu altern.
"Dann haben wir ja eine bequeme Geisel", schnurrte Mahila und strich ihm unter den Lippen entlang. Die Berührung verursachte ihm eine sichtbare Gänsehaut.
"Wo hat er die Männer versteckt?" fragte sie schließlich und war ihm mittlerweile unangenehm nahe gekommen. Ihre Körper berührten sich an manchen Stellen.

Mahila hatte ebenso viel Leid erfahren, aber das hatte sie schon in frühester Vergangenheit. Dennoch wusste sie ihren Körper noch immer gegen die Männer einzusetzen. Wer wusste schon, wie abstinent Avilox' Gefolge leben musste. Sie machte es ihm deutlich schwer, sich zu konzentrieren oder sich zu wehren. Sein Blick, der immer wieder gewechselt war, zwischen Mahila und dem Wald hinter ihr, war nur noch auf sie fixiert.
"Sie bringen mich um, wenn ich es sage", erwiderte Braco mit bebender Stimme. Vermutlich baute er darauf, dass er von den Frauen sowieso hingerichtet wurde oder eben gerade nicht, da sie ja herausgefunden hatten, dass er eventuell eine gute Geisel abgab.
"Und weißt du, was ich mit dir mache, wenn du es mir nicht verrätst? Es gibt Schlimmeres als den Tod. Ich kenne da eine ganze Palette", entgegnete Mahila düster und strich sanft knapp oberhalb seines Hosenbundes entlang. Er schauderte, schluckte und Ruby wandte sich ab. Würde das doch bloß schneller gehen, dachte sie.
Anscheinend schnallte Braco immerhin schnell. Er schien gar nichts mehr zu wissen oder zu sehen, außer Mahila. Was immer ihm Angst gemacht hatte, war aus seinen Gedanken verbannt.
"Un.. unter dem alten Gehöft, gibt es einen alten Bunker. Dort hat Avilox sie anketten lassen", murmelte er mit dünner Stimme und trat sofort weiter an seinen Baum, als Mahila ihn endlich losließ.
"Na also. Wer bleibt hier und bewacht das Lager?" fragte sie und schaute in die Runde. Natürlich wollte kaum jemand freiwillig hier bleiben.

Sie seufzte schwer.
"Na gut, ich bleibe. Aber beeilt euch. Sonst wird mir vielleicht langweilig", sie warf einen kecken Blick über die Schulter zu Braco, der langsam in sich zusammensank und ihr einen mehr als unwohlen Blick zuwarf.
"Dann lasst uns keine Zeit verlieren. Drisana, kannst du uns führen?" fragte Ruby leise und die Rothaarige nickte bedrückt. Dann verwandelten sie sich und verließen die sichere Lichtung.
Etwas stimmt hier nicht, durchzuckte es Ruby. Sie blieb stehen und sah sich um. Nichts. Vermutlich, wurde sie schon paranoid.
Der Weg war eine dreiviertel Stunde Lauf entfernt. Keiner von ihnen gab einen Ton von sich. Alle waren fokussiert auf ihr Ziel. Ruby hatte sich noch nicht mit dem Gedanken befasst, wie es den Wölfen da unten wohl erging. Vermutlich waren sie auch betäubt. Aber warum waren sie wohl in einem dunklen Bunker? Zudem wäre Sam nicht da. Den behielt Avilox persönlich bei sich und bedrohte ihn mit Nanuq. Wenn sie ihn befreiten, was war dann mit dem Alpha des Eisrudels? Brachten sie ihn damit nicht in Gefahr?
Diese und jene Fragen beschäftigten Ruby, während sie zwischen den Bäumen hindurch liefen und bald schon ein altes Gehöft vor ihnen auftauchte.


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Es stank hier nach Tod und Angst. Die Wölfinnen tauschten einen Blick, ehe sie oben alles absuchten. Doch nur der Tod erwartete sie, in jeder Ecke. In das Wohnhaus traute sich niemand zu gehen. Die Ställe waren blutbespritzt. Nun wussten sie, woher Avilox' Vorräte rührten, sowie die Unmengen an Fleisch die er besaß, um seine Rudel durchzufüttern.
Schwer schluckend ging Ruby zu der Scheune, unter der der Bunker gelegen sein sollte.
Die Tür war wie ein riesiger Tresor verschlossen. Sie mussten sich verwandeln und alle gemeinsam anpacken, um das alte Tor zu öffnen und aufzuziehen.
Dann traten sie in die absolute Dunkelheit und tasteten sich langsam einen Weg vor, die Treppen hinunter.
"Es wird keiner hier sein", flüsterte Ruby und tastete die Wand nach einem eventuellen Schalter ab.
"Jungs?" rief sie dennoch im Flüsterton. "Lebt ihr noch?"
Totenstille.
Die Frauen tauschten einen Blick und Ruby stieß am Fuße der Treppe auf eine nächste, schwere Tür. Ein Code hielt sie verschlossen.
"Na super", fluchte Chena.
"Ich geh doch ins Haus. Vielleicht finde ich da einen Hinweis", meinte Drisana, doch Ruby schüttelte den Kopf.
"Quatsch, nachher schnappen sie dich!"
"Eine andere Möglichkeit haben wir nicht", entgegnete sie und entfernte sich schon wieder nach oben.
Sie setzten sich also auf die Treppe und warteten. Nach zehn Minuten folgte Ahalya Drisana, um ihr zu helfen.
"Ich hoffe Mahila lässt ihn am Leben. Wir könnten eine Geisel genauso gut gebrauchen, wie ein zusätzliches Opfer, wenn die Anderen nicht reichen", meinte Chena und strich über den staubigen Boden.
"Sie wirkte eher, als wollte sie den Kleinen vergewaltigen. Ich fürchte schon, dass ich Männer keine 100 Meter mehr an mich heranlassen kann und sie?" erwiderte Shashi und schauderte.
"Das war nicht Mahila's erstes Mal auf diese Art und unter Drogen. Ich glaube, sie ist abgestumpft", entgegnete Chena bloß. Ob man irgendwann über so etwas stehen konnte? dachte Ruby. Aber Mahila war ohnehin von einem etwas anderen Schlag. Sie kam aus einer Zeit, wo sie vermutlich ohnehin nicht dazu erzogen worden war, dass ihr Körper ihr selbst gehörte.

"Hier hat jeder irgendeinen Schicksalsschlag, kann das sein?" fragte Ruby schüchtern. So viele Leidensgeschichten und sie? Sie hatte sich im Schlaf verwandelt.
"Naja, bei den Meisten wird das Gen halt ausgelöst durch starke Gefühlsregungen. Besser durch Wut, als durch Ekstase, glaub mir", Shashi grinste verschmitzt.
"Bei dir etwa...?" fragte Ruby fassungslos und entlockte der Dunkelhaarigen ein Lachen.
"Nein... bei noch keinem Mann hatte ich je so eine starke Gefühlsregung, aber... Janna schon. Das war sicher ein denkwürdiger Höhepunkt", meinte sie grinsend und brachte Ruby zum kichern.
"Der arme Mann", flüsterte sie leise. Dabei fiel ihr das Mal mit Clay ein. Leider war es auch nur in benommenem Zustand gewesen. Allerdings hatten sie ihre Differenzen gar nicht geklärt. So waren sie auseinander gegangen, so hatten sie gekämpft, gelitten. Im Streit.
Sie seufzte, als auf einmal Schritte an der Tür erklangen. Sofort sprangen sie auf, doch es waren nur Drisana und Ahalya.
"Wir hätten wirklich nicht da hochgehen sollen", sagte die Rothaarige und strich sich unwohlfühlend über die Arme. Dann gab sie Suka ein kleines Zettelchen.
"Gar nicht so leicht zu finden. Wäre es gewesen... aber die Knochenwölfe sind sehr selbstbewusst", flüsterte sie. Mehr sagte sie nicht und keiner fragte, um die Grausamkeiten zu erfahren, die sie dort oben gesehen hatten.
Suka gab währenddessen den Code ein und die Tür sprang tatsächlich auf. Es gab ein leises 'Klack' und sie ließ sich deutlich einfacher nach innen aufschieben.
Wieder raschelten Ketten, dieses Mal hörten sie knurren. Ein Wolf warf sich entkräftet in seine Leinen und andere verkrochen sich tiefer in die Dunkelheit. Ruby wollte gar nicht wissen, was sie mit den Armen hier unten veranstaltet hatten.


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"Jungs, wir sinds", rief Ruby leise in die Dunkelheit. Wieder ein Rascheln und ungläubiges Schweigen.
"Schweigt ruhig. Frauen sind schlimmer, als jeder folternde Mann", säuselte Shashi lächelnd. Leises Murren kam aus einer Zelle.
"Findet mal einer den Lichtschalter?" fragte Suka und wie auf Kommando ertastete Ahalya nebst zich Spinnenweben und ihren Bewohnern endlich einen großen Schalter. Mit einem weiteren Klacken und einem anschließenden Surren ging ein grelles, weißes Licht an, dass die Gefängnisstimmung unterstrich. Ketten hingen an der Wand und in manchen davon waren die Männer gefangen.
Jay fiel Ruby als Erster ins Auge und er sah furchtbar aus. Aber immerhin waren es 'nur' blaue Flecken. Sie lief zu ihm hin und strich ihm besorgt über die Wange. Er bekam kaum seine Augen auf, da sein Gesicht vor Schlägen geschwollen war.
"Ruby...", flüsterte er undeutlich und völlig neben sich stehend.
"Jay, hey.. hey, bleib bei mir", wisperte sie und küsste ihn sanft auf die Stirn. Dann begann sie an seinen Fesseln zu rütteln.
"Neues Problem, Leute", rief sie und bekam keine Antwort. "Leute?" fragte sie unsicher nach.
Sie hörte, wie sich jemand die Hände vor den Mund schlug und wandte sich ab.
"Ich bin gleich wieder da", flüsterte sie und ging den Frauen nach. Die waren ungläubig vor einem Raum versammelt, der eine Einzelzelle ersetzen sollte. Alle schauten Mitleidig, Drisana hatte die Hand vor den Mund geschlagen und Suka und Shashi schien etwas deutlich zuzusetzen. Sie hatte Suka selten so bestürzt gesehen, deshalb drängte sie sich nach vorn um zu sehen, was los war. Der bloße Anblick verschlug ihr die Sprache. Ruby hob die Hände vor den Mund, trat aber als Einzige furchtlos näher.
Der große Wolf Nanuq lag vor ihnen, mit so vielen schweren Ketten behängt, dass er sich unter ihnen kaum regen konnte. Sein großer Kopf wurde von einer gußeisernen Wolfsmaske bedeckt, die eng anlag und ihm jede Sicht verwehrte. Sein Atem ging nur flach.
Er lag im Sterben.

Plötzlich überkam Ruby ein seltsames Gefühl.
"Schnell! Wir haben keine Zeit. Sucht nach Zangen und allem, was uns hilft, diese Fesseln aufzubrechen!", zischte sie und sie begannen, den gesamten Bunker auf den Kopf zu stellen. Ruby sah aus dem Augenwinkel, wie sehr Suka bei der Suche zitterte. Damals noch hatte sie gedacht, dieser Wölfin wäre nichts heilig. Aber sie hing an ihrem Rudel, daran bestand kein Zweifel. Ruby hatte sich geirrt.
Diese fand nun eine Zange, eine Andere eine Axt und sie begannen, die Gefangenen an den Wänden zu befreien.
"Für die Maske muss es irgendeinen Schlüssel geben. Such den Bund ab, den wir der Wache abgenommen haben!", kommandierte Ruby und warf Suka den dicken Schlüsselbund zu.
Jay sank in sich zusammen wie ein Mehlsack, als sie ihn losschnitt. Er schaffte es kaum, sich abzustützen. Es war klar, dass sie ebenfalls unter Drogen gesetzt worden waren, aber in einem ganz anderen Maß, als die Frauen.
Clay fand Ruby etwas später. Sein muskulöser Oberkörper lag frei und war böse mit einem Messer traktiert worden. Malin sah nicht viel besser aus. Verheilte Einstiche von Messern und Größerem zeichneten sich bei beiden ab. Als hätten sie als Zielscheibe für etwas gedient.
Iluq und Vito waren noch am Besten in Form und halfen denen, die es nicht waren. Fabs war bewusstlos und wurde von Vito getragen, obwohl er selbst kaum stehen konnte und sich nur zittrig aufrecht hielt.
Suka schlug mit der Axt Nanuq frei. Und das war ein lautes, langes Unterfangen.
"Keiner der scheiß Schlüssel passt! Los, los!" fauchte sie und warf die Axt fort.
"Wir müssen zu Gray. Er wird es richten", sagte Ruby sofort und die Frauen halfen, Nanuq irgendwie auf die Beine zu bekommen, auf denen er selbst nicht stehen konnte.
"Komm, nimm mir Clay ab, Ruby. Ihr müsst schnell voran kommen. Eine starke Dame noch gefällig mir zu helfen?", er lächelte schwach, aber mit dem altgewohnten Charme und verwandelte sich. Shashi tat es ihm gleich und die beiden platzierten sich unter Nanuq, um ihn tragen zu können. Unheimlich leblos lag er über ihren Rücken.

Ruby schickte Stoßgebete los.
"Bete für uns, Blue", flüsterte Shashi und sie machten sich an den Aufstieg. Jeder verwandelte sich, außer Vito, der Fabs anders nicht würde bewegen können. Die anderen Männer waren zumindest in der Verfassung, sich festzuhalten.

Das Licht der Tagessonne blendete die Gruppe stark, als sie nach draußen traten. Erst nach mehreren Augenaufschlägen erkannten sie die Gefahr. Und da war es zu spät. Das Scheunentor war umzingelt von Knochenwölfen, die Zähnefletschend vor ihnen standen und sie schon erwartet hatten. Ein weiterer Verrat?
Ruby knurrte dunkel, doch mit den schwachen Gefangenen auf den Rücken war es ihnen unmöglich zu kämpfen. Und das wussten ihre Gegenüber genau.
"Ab hier ist Schluss mit dem Kindergarten. Aber wisst ihr was? Ihr dürft gleich hier bleiben. Dann sind wir euch für eine Weile los."
Der Führer der Gruppe klang gehässig und trat nun vor. Die anderen Wölfe bleckten angriffsbereit ihre Zähne. Es war soweit. Ruby ließ sanft Clay herunter und fletschte angriffsbereit die Zähne. Die Anderen mit den zurechnungsfähigen Männern taten es ihnen gleich. Lediglich Vito, Iluq und Shashi konnten ihnen nicht helfen. Sie würden Nanuq bei einer schnellen Flucht nicht rasch genug auf ihren Rücken hieven können.
So konnten sie nur hilflos zuschauen, wie Ruby und die Anderen versuchten, sie zu verteidigen und ihnen die Flucht zu ermöglichen. Und schnell kamen sie nicht voran. Zwei Wölfe folgten ihnen. Die anderen Drei überwältigten die noch Geschwächten. Wieder Gefangenschaft.
Ruby wurde zu Boden gestoßen. Sie konnte sich mit diesem Gedanken nicht abfinden. Der dunkle Bunker... die Männer die hereinkamen und alles wiederholten. Nicht alleine, sondern sicher vor den Anderen. Und dann der sterbende Nanuq, der nun von den anderen beiden Wölfen, die den Flüchtenden gefolgt waren, überwältigt wurde...
Sie jaulte auf, als der Wolf ihr in die Schnauze biss und sie an den Boden nagelte. Dann warf er den Kopf in den Nacken, öffnete das Maul, um nach Verstärkung zu heulen- und wurde von einem weißen Nebel von Ruby weggestoßen. Mehr sah sie nicht. Sie rappelte sich auf und sah nur noch, wie ein großer weißer Wolf und eine schwarz-braune Wölfin Klarschiff mit den Angreifern machten.

Sie schlugen sie tatsächlich in die Flucht, nachdem die Unbekannte sehr unfaire Kampfmittel einsetzte und der Weiße mit seinen taktischen Zügen den Wölfen immer einen Schritt voraus war. Es war wie ein Tanz ihm zuzusehen.
Wie angewurzelt blieben die Übriggebliebenen stehen und starrten argwöhnisch zu den Neuankömmlingen. Immerhin keine Freunde von Avilox, so wie das wirkte.
Die Wölfin ließ sich keine Zeit und rannte in den Wald. Alarmbereit schaute Ruby in Richtung Wald, doch der Weiße stellte sich ihnen vorher in den Weg.
Sie fletschte die Zähne und trat ihm entgegen. Suka stellte sich an ihre Seite, die Anderen stützten die Verwundeten.
"Wer zum Henker bist du?! Auf welcher Seite stehst du?" fragte Ruby drohend und legte die Ohren tief in den Nacken.
Der weiße Wolf entblößte die schneeweißen Zähne. Seine moosgrünen Augen fuhren über ihren Körper.
"Zu schade. Ich dachte du freust dich etwas mehr, wenn du mich wiedersiehst", erklang die Stimme ihres Gegenübers in ihrem Kopf. Ruby hielt inne und spitzte verunsichert ein Ohr. Suka blieb ebenfalls stehen und schaute fragend zu der Roten.
"Zerafin?" fragte Ruby überrascht und löste wieder etwas Ehrfurcht unter den Rudelmitgliedern aus.
"Was tust du hier? Und wer war die Andere?"
"Wonach siehts denn aus? Bist du eifersüchtig?" er grinste wölfisch und Ruby knurrte. Vielleicht sollte sie ihn doch attackieren, dachte sie frustriert. Man würde sie hier noch für ein Flittchen halten.
"Ich folgte Fenrir's Ruf. Und Zera und Tikaani ebenfalls. Sie haben eure Verfolger so eben ausgebremst. Ihr solltet einen Bogen machen. Tikaani hat einen ungewöhnlichen Verteidiger. Los. Lauft zurück zu eurem Scherbenhaufen", sagte er in einem leisen, doch intensiven Tonfall und nickte ihnen ungeduldig entgegen. Ruby nickte verunsichert. Scherbenhaufen?
Sie tauschte einen Blick mit Suka und sie liefen los. So schnell es eben ging. Aber Shashi und Iluq waren rasch eingeholt. Tatsächlich erkannte Ruby durch die Bäume Tikaani. Nicht nur Zera kämpfte unfair. Die kleine Wölfin, die fast Originalgröße besaß, hielt einen Wolf gut in Schach. Als der Zweite sie attackieren wollte, stürzte sich ein großer Grauer auf ihn und die Drei stoben auseinander.
Cato.
Er stellte sich schützend in die Richtung, in welche Tikaani verschwand und trieb die beiden Knochenwölfe zurück in ihr Lager.

Die Szene hing der verwirrten Ruby noch eine Weile nach. Bis sie in ihr eigenes Lager kamen. Iluq und Shashi wurden von Suka und Ahalya zu Gray eskortiert. Ebenso wie alle Verwundeten. Ruby, Chena und Drisana machten sich auf zum Lager, um nach dem Rechten zu sehen.
Als sie durch die Bäume traten, traf sie fast der Schlag.
Ruby blieb fassungslos stehen und allen klappte das Maul auf. Drisana war die Erste, die sich fasste und verwandelte.
Die grüne Lichtung war ein Schlachtfeld. Das Zelt war zerstört, die Gefangenen waren fort. Auch Braco war weg, doch war silbriges Blut in großen Teilen dort, wo er angebunden gewesen war, ebenso wie Stahlhaare.
Der Bewusstlose, der von Braco totgesagt worden war, war genau das. Seine Kehle war zerfetzt und er gab kein Lebenszeichen mehr von sich.
Mahila, die den Ort bewachen sollte, war an einem Baum aufgehängt. Eine Nachricht war in ihre Schulter gepinnt.
Drisana schrie und heulte und befreite zusammen mit Chena zunächst Mahila. Ruby trat wie gesteuert näher zu ihnen, verwandelte sich, aber begriff nichts.
"Sie atmet! Sie atmet!" rief Chena aufgelöst und legte ihr Ohr an Mahila's Brust.
"Bestimmt eine Überdosis", flüsterte Drisana mit zittriger Stimme und nahm ihr den Zettel ab. Blut tropfte aus der Hautstelle. Während Drisana sich liebevoll um Mahila kümmerte und sie mit allem zudeckte, was sie hatte, nahm Chena den Zettel.
"Ihr habt euch mit den Falschen angelegt", las sie bitter vor. Ein großer Pfotenabdruck war darauf.
Und die Täter hatten nicht versucht ihre Spuren zu verwischen. Alles roch nach ihnen.
"Cato", spuckte Chena abfällig aus.
"Und Leya", fügte Ruby hinzu und ging auf die Knie um Drisana zu helfen. Sie war schon mit einem unguten Gefühl aufgebrochen. Nun hatte sich geklärt, wo die Einzelgänger steckten. Sie hatten sie vergessen und diese Vergessenheit hatte die Beiden dazu bewogen, sie auszukundschaften und dann zu treffen, wo es am meisten wehtat. Der Scherbenhaufen.... das war nun wohl geklärt.

"Los. Wir müssen sie zu Gray bringen. Die Anderen sind sicher ebenfalls da und er weiß bestimmt was zu tun ist", sagte Ruby leise. Sie wusste nicht, warum sie sich auf die Weisheit dieses verbitterten Mannes verließ. Aber er gab ihr etwas, dass keine Person bisher in dieser Form geschafft hatte. Sicherheit und Zuversicht.
Ohne ihn zu kennen, hätte sie schon längst geschrien und aufgegeben. Doch er wusste, wie man alleine zurechtkam. Sie brauchte seine Weisheit jetzt.
Sie trugen gemeinsam Mahila zu seiner Hütte und der Weg dauerte nun doppelt so lange. Zu Ruby's Erleichterung hatte er die Hilfesuchenden nicht abgewiesen. In feiner Kleinstarbeit schnitt er die letzten Stücke der engen Maske um Nanuq's Kopf weg. Der große Wolf atmete nur noch in kurzen Stößen.
Er schaute nicht auf, dafür alle Anderen die da waren. Schockiert halfen sie, Mahila auf das Gras zu legen und eine Decke zu holen, damit sie nicht unterkühlte.
"Was ist passiert?!" fragte Suka alarmiert und die Drei erzählten zittrig was sie auf der Lichtung vorgefunden hatten.
Suka schlug sich die Hände vors Gesicht und atmete tief aus, alle Anderen schüttelten fassungslos den Kopf.
"Was machen wir denn nun? Unsere Opfer sind weg. Wir kommen kein weiteres Mal so an sie heran. Und... sie haben ihren eigenen Verbündeten ermordet?" fragte Shashi unsicher.
"Naja, es waren Cato und Leya. Die beißen jeden Tod, der ihnen nicht passt, aber... Braco sagte, dass er es nicht überleben würde", meinte Ruby unsicher und bekam gleich eine Hasswelle.
"Den hätten wir gleich beseitigen sollen! Verräter!" spuckte Chena aus.
"Quatsch, er war es nicht und wie sollte er bitte etwas verraten?" gab Ruby zurück und merkte selbst, wie dünn das Eis wurde, wenn sie ihn verteidigte.
"Er ist doch nicht mehr da oder?! Und er war bei vollem Bewusstsein", entgegnete Chena hart.
"Sie hat schon recht", meinte Drisana leise und musterte Ruby. Ja, Ruby musste zugeben, dass Braco offenbar gespürt hatte, das jemand oder etwas in der Nähe war. Aber er hatte Angst davor gehabt und selbst anscheinend ordentlich Blut und Haare gelassen. Doch sie senkte nur den Blick und schüttelte den Kopf.
"Sie sind ein Feind. Keine Individuen. Wenn du das begriffen hast, bist du bei uns", sagte Suka entschieden und ging ins Hüttchen, um Verpflegung zu holen.

Gray brachte seine Arbeit konzentriert zu Ende. Er hatte zugehört, doch sagte er nichts zu dem Ganzen. Die Handfesseln der Anderen waren dran.
Endlich lag Nanuq's Kopf frei und der Anblick war nicht schöner. Das Stahlfell war so  eng angepresst, dass es aussah, als trüge er eine zweite, angepasstere Metallmaske. Gray strich leicht über die Haare und Nanuq hustete, schaute aber wie blind geradeaus.
"Es wird eine Weile dauern, bis er wieder sehen kann. Massiert etwas seinen Kopf, damit die Haare sich lösen. Er hat Blut geschwitzt. Wenn er sich zurückverwandelt, können wir weitersehen", sagte Gray und Shashi nahm sanft Nanuq's Kopf auf ihren Schoß und übernahm die Arbeit für ihr Rudelmitglied.
Dann hockte sich Gray zu Mahila herunter und hob sie sanft vom Boden.
"Opium. Sie ist nur stark betäubt. Wir müssen sie aber auf jedenfall im Auge behalten. Wenn sie eine Überdosis bekommen hat, wird es gefährlich", sagte Gray und legte sie auf ein Gästebett.
"Das sind eure Vorräte. Bedient euch. Heute geht ihr nirgendwo mehr hin", sagte Gray und Ruby nahm sich ein paar Brote und Getränke. Die Sicherheit der Lichtung war Einzigartig. Fabs wachte langsam auf und wurde von Ahalya umsorgt, während alle anderen in einer Runde saßen und von Ruby zu Essen und zu Trinken bekamen. Das konnten vor allem die Männer gut gebrauchen.
Shashi lächelte sanft, als Nanuq begann in die Luft zu schnuppern, kaum das er richtig wach war.
"Du bist auch auf dem besten Wege was", flüsterte sie leise. Ruby setzte sich zu ihr.
"Was hat Gray gesagt?" fragte Ruby leise.
"Auch Betäubungsmittel. Die ganze Maske ist verseucht damit. Dazu hat sie ihm die Luft abgeschnürt. Er wäre langsam erstickt, wären wir nicht dazu gekommen", sagte Shashi leise und Ruby schüttelte den Kopf. Mit Drogen hatten die Gegner es offenbar. Aber wenn Jax sie eingedeckt hatte, war das wohl ihre tolle Geheimwaffe.

Und sie wirkte ja immerhin sogar in Wolfform.
"Wie habt ihr es bloß geschafft zu entkommen?" fragte Malin und schüttelte fassungslos den Kopf.
"Ich hätte mit vielem gerechnet, aber nicht mit euch. Tut mir Leid."
Ruby schaute zu Suka, die nichts dazu beitrug.
"Sie haben uns nicht gerade zimperlich behandelt", meinte sie vorsichtig.
"Sie haben uns missbraucht, eine nach der Anderen. Einige von ihnen jedenfalls. Drei der Schweine sind entkommen, einer tot. Aber... das sind nicht alle", meinte Shashi und sah fast schon auffordernd zu Ruby. Ihre Worte waren hart, aber wahr. Die Männer schwiegen betreten.
"Suka hat ihren Peiniger ermordet, als er... es nochmal tun wollte. Sie hat mich befreit und wir sind geflohen. Wir waren als Einzige übrig. Alle anderen waren an einen anderen Ort gebracht worden. Als wir sie befreien wollten, haben wir die Wölfe vorher mit eigenen K.O Tropfen ausgeknockt und dabei sind ungeschickterweise noch drei Knochenwölfe draufgegangen. Einer liegt tot auf der Lichtung..", Ruby zuckte die Schultern.
"Fünf wollen wir noch opfern, um Fenrir's Henker zu rufen. Das hat schon einmal geklappt, für Gray. Deshalb ist diese Lichtung so sicher. Sie ist gesegnet... sozusagen. Teuflisch gesegnet, aber gesegnet. Ohne ihn können wir nicht endgültig obsiegen. Wenn wir ihn rufen, verhindern wir, dass er ein Gott werden kann, denn er steht zwischen Avilox und dem Thron."
"Knochenwölfe?" fragte Vito. Sie schluckten die Info, vermutlich immer noch etwas betäubt.
"Knochenwolf nennt man Avilox und daraufhin nannte man seine Anhänger auch so. Ihm gehört also das Knochenrudel. Kenshin führt, so Gray, das Schwertrudel", fügte Ruby hinzu.
"Und was ist mit denen?" fragte Malin.
"Ich.... ich weiß nicht. Wir haben keinen von ihnen. Nur einer hat sich uns in den Weg gestellt. Aber dann hat er uns laufen lassen. Nach allem was wir wissen, sind ziemliche Spannungen zwischen beiden Rudeln. Kenshin's Wölfe sind bis an die Zähne bewaffnet, mit Pistolen, Dolchen und was weiß ich nicht alles. Aber sie haben sich bisher nicht auffällig gezeigt", antwortete Ruby sachte und zuckte die Schultern.

"Naja, unsere Geisel ist ja jetzt auch weg. Jetzt haben sie noch die anderen Frauen und Sam", sagte Shashi leise.
"Geisel?"
"Wir hatten Avilox Bruder gefangen.."
"Seinen BRUDER?!" fragte Clay fassungslos.
"Ja, seinen Bruder. Achtzehn und kein schwerer Gegner. Er wurde schwer von Cato verletzt und ist dann auch entkommen. Ich weiß aber nicht, warum er ihn angegriffen hat", sagte Ruby und versetzte damit alle in nachdenkliches Schweigen. Gray brachte währenddessen eine Salbe raus, für die Wunden von den beiden Brüdern. Vito war noch halbwegs gut davon gekommen. Etwas zum Kühlen für Jay gab es auch. Wenn sie sich die Verletzungen so anschaute, dann hatte sich Jay sicherlich öfter einmal geopfert, dachte Ruby und betrachtete ihr Rudelmitglied sanft. Fabs konnte ihnen noch nicht sagen, was ihn ausgeschaltet hatte. Er wurde eher langsam wach und von Gray ins Haus gebracht. Die Temperaturen gingen unter 10 Grad. Hier halfen die Decken nicht mehr viel.
"Kommt rein. Ich habe ein ungutes Gefühl", sagte Gray und brachte seinen Hengst in einen Schuppen. Ruby begleitete die Rudel in das kleine Hüttchen, in dem sie sich aber beachtlich gut verteilen konnten.
"Ich weiß gar nicht, wie wir dir danken sollen", sagte Ruby leise, doch der Mann schüttelte nur den Kopf.
Sie gingen rein wegen einem unguten Gefühl und Ruby erinnerte sich an ihres. Sie ignorierte sie meistens, obwohl es im nachhinein meistens stimmte. Sie sollte ebenfalls anfangen, auf ihr Gefühl zu hören, dachte sie.
"Und sie werden hier nicht angreifen? Oder uns erwarten?" fragte Vito unsicher und schaute nach draußen.
"Der Deal mit dem großen Wolf steht. Ich habe meinen Preis gezahlt und erwarte dafür etwas. Wenn die Wölfe da draußen es riskieren, gut für euch. Ich bezweifel das aber. Die Knochenwölfe sind Wilde, die keine Ausnahme machen. Ihre Gefühle, ihr Spürsinn und ihr Glaube ist fein geschliffen und wurde durch keine Menschlichkeit mehr betrogen. Nur Wenige von euch können das nachvollziehen", sagte Gray mit einem Blick auf Suka, die noch immer recht still war und nur kurz seinen Blick erwiderte.


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Obgleich sie eine harte Wölfin war, sie hatte das Ganze härter getroffen als sie zugab. Es war logisch, aber Ruby wurde es erst jetzt richtig bewusst. Obwohl sie immer noch die größte Stärke von allen bewiesen hatte, war sie die letzten Tage fast gebrochen worden. Die Rache hatte ihr alles gegeben. Der Gedanke das ihre Opfer verloren waren, wog schwer auf ihr.
"Wir müssen ohnehin zurück", sagte Ruby leise.
"Wir sind noch lange nicht vollständig."
"Das muss leider Zeit haben. Bis dahin könnten sich die Geflohenen mal wieder blicken lassen", stellte Clay fest und man hörte ihm an, dass ihm der Gedanke nicht gefiel. Ruby wünschte niemandem das Schicksal, doch es war auch keiner von ihnen das Risiko eingegangen, sie zu befreien. Sie hoffte schwer, dass sie bereits etwas Sinnvolles taten. Zwar wünschte sie jedem Wolf einer von ihnen zu sein. Aber nach allem was passiert war, war es wohl nur menschlich, solche Gedanken zu hegen.
Sie fuhr sich durchs Haar und schaute zu Shashi, die langsam das Fell gelöst bekam. Es klebte durch das silbrige Blut an Nanuq's Haut, der leise fiebte, als sie begann die Häärchen zu lösen.
"Jammer doch nicht. Ich glaube, du hast Schlimmeres hinter dir", neckte sie ihn leise und hob sanft seinen Kopf, den Nanuq gerade versuchte, in ihrem Schoß und unter ihrem Hemd zu verstecken. Ruby beobachtete die Zwei lächelnd. Wie er wohl auf seine kleinen Aktionen reagieren würde, wenn er wieder bei Sinnen war?

Ruby stand schließlich auf und entschied Fabs besuchen zu gehen, der gerade wieder aufgewacht war. Als er sie sah, versuchte er sich sogleich aufzurichten und kippte fast wieder weg.
"Hey, hey... alles gut. Ich bins nur. Vor mir musst du nicht so stolz sein", sagte Ruby lächelnd und setzte sich neben ihn. Dann nahm sie seine Hand und er lehnte sich seufzend zurück.
"Wo sind wir?" fragte er leise.
"In der Hütte eines bösen Einzelgängers. Naja, man hat ihn jedenfalls für Böse gehalten. Wie alles, was Menschen nicht einschätzen können. Aber er ist lieb. Verbittert, aber wirklich lieb", sagte Ruby leise und betrachtete Fabian besorgt.
"Alles okay soweit?" fragte sie leise.
"Außer Kopfschmerzen... ja. Wie habt ihr es bloß geschafft uns da rauszuholen? Was ist euch wiederfahren?" flüsterte Fabs leise und Ruby begann nun in einem leisen, ruhigen Ton ihm die Geschichte ausführlich zu erzählen.
Die Gefangenschaft, die Flucht, die Befreiung. Das Treffen mit Gray und der Plan, den sie ausgeheckt hatten und weshalb sie das tun mussten. Fabs drückte sanft Ruby's Hand.
"Wir sind bei euch. Ihr sollt jeden kriegen, der euch geschadet hat", flüsterte er leise. Müdigkeit überkam Ruby, doch sie hörte nicht auf zu reden.
Irgendwann senkte sie sich langsam auf das Bett neben ihn und schlief ein. Genauso wie Fabs und die Anderen. Auch wenn es sicherer war, war es eng und wenig gemütlich. Aber an diesem Tag störte es keinen der Wölfe.
Und keiner merkte, wie sich zwei verschiedenfarbige Augen auf die Holzhütte richteten und sie beobachtete, bis der Tag anbrach.



"RUBY! RUBY WACH AUF!" fauchte Suka und schmiss Ruby mit Gepolter aus dem Bett. Diese fiel direkt auf den Boden und schaute verschreckt und völlig verstrubbelt auf.
"Schnell, ein Eindringling!" fügte Suka hinzu und war schon weg. Ruby verwandelte sich sofort und rutschte über den glatten Holzboden. Dabei stieß sie sich ständig irgendetwas an, bevor sie überhaupt aus dem Raum rauskam. Fabs stand trotz Bettruhe ebenfalls auf und stolperte ihr hinterher. Sie war viel zu sehr in Alarmbereitschaft, um ihn wieder ins Bett zu bringen.
Die Tür stand auf und alle schossen nach draußen, die es konnten. Unweit der Hütte, in einer Senke im Wald wurde gerade ein brauner Wolf eingekesselt der unsicher zurückwich und sich unterwürfig klein machte.


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Als Ruby ankam, erkannte sie den Wolf. Er hatte einen großen weißen Fleck über dem Auge, bis zur Schnauze.
Braco.
Doch warum war er zurückgekehrt?
Die anderen Wölfinnen schnappten nach ihm und bedrängten ihn, bis Ruby vortrat und laut und autoritär aufgrollte. Alle wichen instinktiv zurück. Sie war die einzige Blutmondwölfin, die einzige Alpha, die anwesend war. Und diese Stellung spielte sie heute aus.
Braco senkte seinen Kopf fast bis zum Boden und zog die Rute zwischen die Beine.
Ruby hob den Kopf mit gefletschten Zähnen.
"Was willst du hier?" fragte sie dunkel.
"Ich habe eine Neuigkeit für euch, die euch interessieren wird. Bitte, hört mir zu. Ich bin kein Teil mehr von Avilox, nachdem ich gesehen habe, was er anrichtet. Er hat Kenshin verraten. Im Lager ist Krieg ausgebrochen", berichtete Braco schließlich und fixierte Ruby. Sie hörte sich alles still an und unterband die Unterbrechungen der Anderen. Diese tauschten Blicke.
"Eine Falle!" zischte Chena.
"Weshalb sollte er damit zu uns kommen", bestätigte Suka abfällig.
"Er ist abgehauen, wo soll er auch sonst gewesen sein..", fiel Ahalya mit ein.
Ruby schüttelte den Kopf.
"Ich wurde angegriffen, ich musste weg. Aber ich bin niemals beim Lager gewesen. Cato und Leya wollten einen Tötungsbefehl ausführen", verteidigte sich Braco und knurrte kurz.
"Was sollen wir mit der Info? Wenn wir da auftauchen, sind die Feinde kurz wieder Freunde, ehe sie sich weiter zerfleischen", meinte Ruby schließlich und spitzte ein Ohr.
"Eben, wir sollten sie sich gegenseitig dezimieren lassen", schlug Chena vor und sah zu Ruby.

Braco schüttelte unmerklich den Kopf und Drisana trat näher zu Ruby.
"Sie würden verlieren. Die Schwertwölfe sind in der Unterzahl", stellte sie fest und Braco nickte.
"Was juckt uns das?" beharrte Suka stur.
"Wenn wir Kenshin auf unsere Seite ziehen könnten, wäre der Sieg in der Tasche. Wir würden unsere Opferung durchführen und Castor rufen, um Avilox zu erledigen. Ich habe ihn kämpfen sehen. Er muss ausgeschaltet werden. Und wenn Kenshin erst auf unserer Seite ist, ist die Hälfte seiner Kampfkraft weg. Es wäre leichtes Spiel", stellte Ruby fest und schien damit für Braco den  Nagel auf den Kopf getroffen zu haben. Sie seufzte schwer und die Anderen fletschten missmutig die Zähne.
"Bevor wir so was festlegen, stimmen wir ab!" erwiderte Chena eisig und bekam einen überraschten Blick von den anwesenden Eiswölfen.
"Ruby ist die Alpha, sie entscheidet", widersprach- zu Ruby's Überraschung- Suka.
"Bei euch mag das so sein, bei uns nicht", entgegnete die Druidin kühl.
"Wir müssen jede Chance auf einen Sieg ausnutzen. Wir haben keine Wahl, Chena", erklang Malins Stimme von weiter hinten, der die Situation ruhig betrachtete. Dann wandte er sich ab. Ruby wusste, dass auch Clay hinter ihr stehen würde, ebenso wie ihr Rudel. Doch wollte sie sicher sein, dass niemand durch Braco Leid erfahren hatte, wenn sie mit seiner Anwesenheit schon klarkommen mussten.
Also verwandelte sie sich zurück und winkte den Wolf heran. Er verstand, warf aber dennoch unsichere Blicke zu den Wölfen. Eine Rückverwandlung und Chena konnte ihm direkt die Kehle durchbeißen.
"Verschwindet schon. Wenn du eine Abstimmung willst, machen wir sie drin!" sagte Ruby laut zu Chena und verwies in Richtung Hütte.
"Als Menschen", betonte sie.
Chena zog ihr eine Grimasse und lief missmutig schnaubend zum Haus. Die Anderen folgten zögerlich.
Ruby drehte sich um und hörte, wie Braco schließlich an sie herantrat.
"Danke, Ruby. Gewährst du mir Beitritt in dein Rudel?" flüsterte er leise. Sie spürte seinen Atem im Nacken und verspannte sich.
Beitritt eines Verräters?

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